Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
die Wahrheitimmer gefallen wird, aber es ist zumindest die Wahrheit.«
Das Gesetz ist hart, aber es ist das Gesetz. Clary war es Jace schuldig, die Wahrheit herauszufinden - mindestens so sehr, wie sie es sich selbst schuldete. Clary umklammerte die Stele in ihrer Hand, bis ihre Knöchel weiß hervortraten. »Ich will alles hören.«
»Alles…« Jocelyn holte tief Luft. »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Wie war’s, wenn du mir erzählst, wie du Valentin heiraten konntest? Wie konntest du einen solchen Mann heiraten, ihn zu meinem Vater machen? Er ist ein Monster.«
»Nein. Er ist ein Mensch. Zugegeben, kein guter Mensch. Aber wenn du wissen willst, warum ich ihn geheiratet habe … Ich habe ihn geliebt.«
»Das kann nicht sein«, entgegnete Clary. »Niemand kann Valentin lieben.«
»Ich war etwa in deinem Alter, als ich mich in ihn verliebt habe«, erklärte Jocelyn. »Ich dachte, er sei perfekt: brillant, clever, wundervoll, witzig, charmant. Ich weiß, ich weiß - du denkst jetzt wahrscheinlich, ich hätte den Verstand verloren. Aber du kennst nur den Valentin von heute und kannst dir nicht vorstellen, wie er damals gewesen ist. Als wir zusammen zur Schule gingen, war er bei allen total beliebt. Jeder mochte ihn. Irgendwie schien er eine Art Licht auszustrahlen, als gäbe es einen besonderen, hell erleuchteten Teil des Universums, zu dem nur er Zugang hatte - und wenn wir anderen Glück hatten, würde er uns daran teilhaben lassen, zumindest einwenig. Alle Mädchen waren verrückt nach ihm und ich dachte, ich selbst hätte nicht die geringste Chance. An mir war nichts Außergewöhnliches. Ich war nicht einmal besonders beliebt; Luke war einer meiner besten Freunde und ich verbrachte die meiste Zeit mit ihm. Aber irgendwie, aus irgendeinem Grund, hatte Valentin sich doch für mich entschieden.«
Igitt!, wäre Clary fast herausgeplatzt. Doch sie hielt sich zurück. Vielleicht lag es an der Mischung aus Wehmut und Bedauern in Jocelyns Stimme oder vielleicht daran, was sie über Valentin gesagt hatte - dass er irgendwie Licht ausgestrahlt hätte. Clary hatte das Gleiche schon einmal von Jace gedacht; damals war sie sich bei dem Gedanken dumm vorgekommen. Aber vielleicht empfand ja jeder Frischverliebte so. »Okay«, räumte sie ein, »ich verstehe, was du meinst. Aber damals warst du sechzehn. Das bedeutet doch nicht, dass du ihn gleich heiraten musstest.«
»Ich war achtzehn, als wir geheiratet haben. Und er war neunzehn«, erläuterte Jocelyn sachlich.
»Ach, du lieber Himmel«, stieß Clary entsetzt hervor. »Du würdest mich umbringen, wenn ich mit achtzehn heiraten wollte.«
»Stimmt«, bestätigte Jocelyn. »Aber Schattenjäger heiraten nun mal früher als Irdische. Ihre - unsere - Lebenserwartung ist kürzer; viele von uns sterben eines gewaltsamen Todes. Das führt dazu, dass wir mit fast allen Dingen früher beginnen. Doch selbst für damalige Verhältnisse war ich ziemlich jung, als wir den Bund der Ehe schlossen. Andererseits haben sich alle für mich gefreut: meine Familie, meine Freunde, sogar Luke. Alle hielten Valentin für einen wunderbaren Jungen.Und das war er ja auch … damals … denn er war nur ein Junge. Die Einzige, die mir dringend davon abgeraten hat, ihn zu heiraten, war Madeleine. Wir waren in der Schule befreundet gewesen, aber als ich ihr von meiner Verlobung erzählte, meinte sie, Valentin sei egoistisch und abscheulich und hinter seinem Charme verberge sich eine schreckliche Amoralität. Damals habe ich gedacht, sie wäre eifersüchtig.«
»Und, war sie das?«
»Nein«, seufzte Jocelyn, »sie hat nur die Wahrheit gesagt. Aber die wollte ich nicht hören.« Wehmütig schaute sie auf ihre Hände.
»Aber dann hast du es bereut«, sagte Clary. »Nachdem du ihn geheiratet hattest, hast du es bereut, stimmt’s?«
»Clary«, setzte Jocelyn an. Sie klang sehr müde. »Valentin und ich, wir waren glücklich miteinander. Zumindest während der ersten Jahre. Wir haben im Haus meiner Eltern gewohnt, dort, wo ich aufgewachsen war. Valentin wollte nicht in der Stadt leben und er wollte, dass sich auch der Rest des Kreises von Alicante und den neugierigen Blicken des Rats fernhielt. Damals lebten die Waylands in einem Landhaus nur wenige Kilometer von unserem entfernt und auch viele andere Mitglieder des Kreises wohnten in der Nähe - die Lightwoods, die Penhallows. Es kam mir vor, als befänden wir uns im Zentrum unserer Welt,
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