Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
seiner Stimme lag ein Unterton, der Jace im Kampf gegen seine Fesseln innehalten und aufschauen ließ. Sebastian hielt noch immer das schwarz glänzende Schwert in der Hand. Was für eine dunkle, wunderschöne Waffe, dachte Jace, selbst als Sebastian die Schwertspitze so weit absenkte, dass sie auf Jace’ Schlüsselbein ruhte, nur Millimeter von seinem Adamsapfel entfernt. »Und was jetzt?«, fragte er laut und bemühte sich, ein Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. »Willst du mich töten, während ich gefesselt bin? Hast du so viel Angst beim Gedanken an einen Kampf?«
Sebastians blasses Gesicht zeigte nicht einmal den Anflug einer Regung. »Du bist keine Bedrohung für mich«, sagte er. »Du bist nur ein Schädling. Eine Plage.«
»Also, warum bindest du dann nicht meine Hände los?«
Sebastian starrte ihn an, vollkommen reglos. Er sieht aus wie eine Statue, dachte Jace, wie das Standbild irgendeines längst verstorbenen Prinzen - jemand, der jung gestorben und zutiefst verdorben gewesen war. Und genau darin lag der Unterschied zwischen Sebastian und Valentin: Obwohl sich beide in ihrem kalten, skulpturenähnlichen Äußeren glichen, hatte Sebastian einen Hauch von Verfall an sich - wie etwas, das von innen heraus zerfressen wurde. »Ich bin kein Narr«, sagte Sebastian nun, »und du kannst mich nicht ködern. Ich habe dich nur solange am Leben gelassen, damit du die Dämonen sehen konntest. Wenn du jetzt stirbst und zu deinen Engel-Vorfahren zurückkehrst, kannst du ihnen sagen, dass es für sie in dieser Welt keinen Platz mehr gibt. Sie haben den Rat im Stich gelassen und der Rat braucht sie nicht länger. Wir haben jetzt Valentin.«
»Du bringst mich um, damit ich Gott eine Nachricht von dir überbringe?« Jace schüttelte den Kopf, wobei die Schwertspitze über seine Kehle kratzte. »Du bist ja noch verrückter, als ich dachte.«
Doch Sebastian lächelte nur und schob die Klinge etwas weiter vor. Als Jace schlucken musste, spürte er, wie die Spitze gegen seine Luftröhre drückte. »Wenn du tatsächlich ein Gebet sprechen willst, kleiner Bruder, dann wäre jetzt der richtige Moment dafür.«
»Ich will kein Gebet sprechen«, entgegnete Jace. »Aber ich habe eine Botschaft für unseren Vater. Wirst du sie ihm überbringen?«
»Natürlich«, sagte Sebastian leichthin, doch in seinem Tonfall lag etwas, der Hauch einer Unsicherheit, der Jace bestätigte, was er bereits geahnt hatte.
»Du lügst«, erwiderte er. »Du wirst ihm meine Botschaft nicht überbringen, weil du ihm gar nicht erzählen willst, was du getan hast. Er hat dich nie dazu aufgefordert, mich zu töten, und er wäre alles andere als erfreut, wenn er davon erfährt.«
»Unsinn. Du bedeutest ihm überhaupt nichts.«
»Du glaubst also, dass er nie herausfinden wird, was mit mir passiert ist, wenn du mich jetzt und hier tötest? Natürlichkannst du behaupten, dass ich im Kampf gefallen sei, oder vielleicht geht er ja auch einfach davon aus. Aber du täuschst dich, wenn du glaubst, dass er es nicht erfährt. Valentin erfährt immer alles.«
»Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest«, entgegnete Sebastian, aber seine Gesichtszüge wirkten angespannt.
»Trotzdem wirst du es nicht vor ihm verbergen können«, fuhr Jace fort und versuchte, seinen Vorteil auszunutzen. »Denn es gibt einen Zeugen.«
»Einen Zeugen?« Einen Moment wirkte Sebastian beinahe überrascht, was Jace als eine Art Sieg für sich verbuchte. »Was redest du da?«
»Der Rabe«, erklärte Jace. »Er beobachtet uns aus den Schatten heraus - und er wird Valentin alles berichten.«
»Hugin?« Ruckartig schaute Sebastian nach oben, und obwohl der Rabe nirgendwo zu sehen war, standen ihm die Zweifel deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Wenn Valentin erfährt, dass du mich ermordet hast, während ich gefesselt und hilflos war, wird er von dir angewidert sein«, fuhr Jace fort und bemerkte dabei, wie seine Stimme den Tonfall seines Vaters annahm - sanft und überzeugend, so wie Valentin sprach, wenn er etwas erreichen wollte. »Er wird dich einen Feigling nennen - und er wird dir niemals vergeben.«
Sebastian schwieg. Wütend starrte er Jace an, die Lippen zusammengekniffen, und in seinen Augen brodelte der Hass wie Gift.
»Bind mich los«, sagte Jace leise. »Bind mich los und kämpf gegen mich. Es ist der einzige Weg.«
Sebastians zusammengepresste Lippen zuckten unkontrolliert und Jace fürchtete, dass er
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