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Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass

Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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er noch ein kleines Kind und könne mühelos gehalten werden. Er zog ihn an sich und wiegte ihn in seinen Armen, dann senkte er sein Gesicht und drückte es gegen Jace’ Schulter; und einen Moment lang dachte Clary, er würde vielleicht sogar weinen. Doch als Valentin den Kopf wieder hob, schimmerte keine einzige Träne in seinen Augen. »Mein Sohn«, flüsterte er. »Mein Junge.«  
    Die schreckliche Dehnung der Zeit wickelte sich um Clary wie ein erdrosselndes Seil, während Valentin Jace im Arm hielt und ihm die blutigen Haare aus der Stirn strich. Er hielt Jace fest, während er starb und das Licht in seinen Augen erlosch. Dann legte Valentin seinen toten Stiefsohn behutsam auf den Boden und verschränkte ihm die Arme vor der Brust, als wollte er die klaffende, blutende Wunde verdecken. »Ave …«, setzte er an, um Jace mit dem traditionellen Totengruß der Schattenjäger zu verabschieden, doch dann brach seine Stimme und er wandte sich abrupt ab und marschierte zum Altar zurück.  
    Clary konnte sich nicht bewegen. Konnte kaum atmen. Sie hörte ihren eigenen Herzschlag, das Kratzen ihres Atems in ihrer trockenen Kehle. Aus dem Augenwinkel sah sie ihren Vater, der am Seeufer stand. Blut strömte von der Klinge des Engelsschwerts und tropfte in den Engelskelch.Valentin psalmodierte Worte, die Clary nicht verstand. Aber es war ihr auch egal. Schon bald würde sowieso alles vorüber sein und der Gedanke stimmte sie fast froh. Sie fragte sich, ob sie wohl noch genügend Kraft besaß, um sich zu Jace hinüberzuschleppen, sich neben ihn zu legen und an seiner Seite das Ende abzuwarten. Mühsam starrte sie zu ihm hinüber, zu seiner reglosen Gestalt im aufgewühlten, blutigen Sand. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht wirkte ruhig; wenn nicht die klaffende Wunde in seiner Brust gewesen wäre, hätte Clary sich einreden können, dass er nur schlief.  
    Doch er schlief nicht. Er war ein Schattenjäger - gestorben im Kampf. Er verdiente den letzten Segen. Ave atque vale. Clarys Lippen formten die Worte, auch wenn nur warme Luft aus ihrer Kehle drang. Doch nach der Hälfte des Abschiedsgrußes hielt sie abrupt inne. Was sollte sie sagen? Sei gegrüßt und leb wohl, Jace Wayland? Aber das war nicht sein richtiger Name. Er hatte nie einen eigenen Namen erhalten, dachte Clary gequält, lediglich den eines toten Kindes, weil das Valentins Zwecken damals gedient hatte. Dabei steckte so viel Macht in einem Namen …  
    Ruckartig hob Clary den Kopf und schaute in Richtung des Altars. Die Runen, die ihn umgaben, hatten zu glühen begonnen. Jetzt erkannte sie auch ihre Bedeutung: Es handelte sich um Beschwörungsrunen, Benennungsrunen und Fesselungsrunen - den Runen nicht unähnlich, die Ithuriel im Keller unter dem Wayland-Herrensitz gefangen gehalten hatten. Regelrecht gegen ihren Willen musste Clary an Jace denken, an die Art und Weise, wie er sie damals mit funkelnden Augen angesehen hatte, voller Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Jace hatte sie immer für stark gehalten. Das hatte er ihr wieder und wieder bewiesen, mit jedem Blick und jeder Berührung. Sicher, auch Simon glaubte an sie, aber wenn er sie gehalten hatte, dann wie etwas leicht Zerbrechliches, etwas aus dünnem Glas. Dagegen hatte Jace sie immer mit all seiner Kraft in die Arme genommen, sich nie gefragt, ob sie ihm gewachsen war - er hatte gewusst, dass sie genauso stark war wie er.  
    Inzwischen tauchte Valentin das blutige Schwert wieder und wieder in den See, während er leise und schnell psalmodierte. Die Oberfläche des Sees begann, sich zu kräuseln, als würden die Finger einer riesigen Hand sanft darüberstreichen.  
    Clary schloss die Augen. Sie musste an Jace’ Blick denken, als sie Ithuriel befreit hatte - und daran, wie er sie jetzt wohl ansehen würde, während sie versuchte, sich neben ihn in den Sand zu legen und zu sterben. Er würde ihr Verhalten nicht für eine noble Geste halten - er wäre wütend auf sie, weil sie einfach aufgab. Er wäre furchtbar enttäuscht.  
    Clary ließ sich auf den Boden sinken, bis sie bäuchlings auf dem Strand lag, die tauben Beine hinter sich. Dann robbte sie langsam auf Knien und gefesselten Händen durch den Sand vorwärts. Das glühende Lichtband um ihre Handgelenkebrannte und schmerzte; ihr T-Shirt riss, während sie sich über den Boden hievte, und der Sand schürfte die nackte Haut ihres Bauchs blutig. Doch Clary bemerkte es kaum. Es kostete sie enorme Kraft, sich auf diese Weise

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