Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
Angriffs überrumpelte ihn: Er taumelte zurück und stieß hart gegen die Kante der Küchenanrichte. Überrascht hielt er die Luft an, als Clary blind ausholte …
Doch sie hatte vergessen, wie schnell er war. Ihre Faust traf nicht auf sein Gesicht, sondern in seine erhobene Handfläche. Resolut schloss er seine Finger um ihre und zwang ihren Arm nach unten.
Plötzlich wurde Clary sich bewusst, wie dicht sie beieinanderstanden: Sie lehnte gegen Jace und drückte ihn mit der ganzen Kraft ihres kleinen Körpers gegen die Anrichte. »Lass meine Hand los«, murmelte sie.
»Wenn ich das tue, wirst du dann nicht mehr versuchen, mich zu schlagen?« Seine Stimme klang rau und sanft zugleich und seine Augen funkelten.
»Meinst du nicht, dass du es verdient hättest?«
Clary spürte, wie sich seine Brust hob und senkte, als Jace freudlos lachte. »Glaubst du ernsthaft, ich hätte das alles geplant? Denkst du wirklich, dass ich so etwas tun würde?«
»Na ja, du magst Simon doch nicht besonders, oder? Vielleicht hast du ihn ja noch nie leiden können.«
Jace stieß ein raues, ungläubiges Geräusch aus und gab ihre Hand frei. Als Clary einen Schritt zurücktrat, hielt er ihr den rechten Arm entgegen, mit der Handfläche nach oben. Clary benötigte einen Moment, bis sie erkannte, was er ihr zeigte: eine zerklüftete Narbe an seinem Handgelenk. »Das hier«, sagte er mit fast zum Reißen angespannter Stimme, »ist die Stelle, an der ich meine Pulsader aufgeschlitzt habe, um deinen Vampirfreund von meinem Blut trinken zu lassen. Fast wäre ich dabei draufgegangen. Und jetzt glaubst du, dass ich ihn einfach im Stich gelassen habe?«
Sprachlos starrte Clary auf die Narbe an Jace’ Handgelenk - eine von vielen, die seinen ganzen Körper bedeckten. Narben jeder Größe und Gestalt. »Sebastian hat mir erzählt, dass du Simon hierhergebracht hast und dass Alec ihn zur Garnison geschleppt hat. Ihn dem Rat überlassen hat. Das musst du doch gewusst haben …«
»Ich habe Simon nicht absichtlich nach Alicante gebracht. Ich hatte ihn gebeten, sich mit mir am Institut zu treffen, um zu reden. Über dich, wenn du es genau wissen willst. Ich hatte gehofft, er könnte dich vielleicht davon überzeugen, nicht nach Idris zu reisen. Aber falls dir das irgendein Trost ist: Er wollte nicht einmal darüber nachdenken. Während er dort war, wurden wir von Forsaken angegriffen. Ich musste ihn mit mir durch das Portal schleppen. Entweder das oder er wäre gestorben.«
»Aber warum hast du ihn dem Rat übergeben? Dir muss doch klar gewesen sein, was der mit ihm macht…«
»Wir haben Simon nur aus einem Grund in die Garnison gebracht: Dort befindet sich das einzige Portal in ganz Idris. Uns wurde versichert, man würde ihn direkt nach New York zurückschicken.«
»Und das hast du geglaubt? Nach allem, was die Inquisitorin getan hat?«
»Clary, die Inquisitorin war eine Ausnahme. Möglicherweise war das deine erste Begegnung mit dem Rat, aber nicht meine - der Rat sind wir. Die Nephilim. Sie befolgen das Gesetz.«
»Was sie aber nicht getan haben!«
»Nein«, bestätigte Jace. »Das haben sie nicht.« Plötzlich klang er sehr müde. »Und das Schlimmste daran ist die Tatsache, dass ich noch genau weiß, wie Valentin gegen den Rat gewettert hat… wie korrupt er sei … dass er unbedingt geläutert werden müsse. Und beim Erzengel Raziel - ich kann nicht anders, als ihm beizupflichten.«
Clary war still geworden - zum einen, weil sie nicht wusste, was sie darauf antworten sollte, und zum anderen, weil Jace, zu ihrer großen Verblüffung, die Arme nach ihr ausstreckte und sie fast geistesabwesend an sich zog. Und zu ihrer eigenen Überraschung ließ sie ihn gewähren. Durch den weißen Stoff seines Hemdes konnte sie die Konturen seiner Runenmale erkennen, die sich schwarz und züngelnd wie Flammen über seine Haut ausbreiteten. Sie sehnte sich danach, den Kopf an seine Brust zu lehnen, seine Arme um sich zu spüren … Sie sehnte sich so sehr danach, wie ihr Körper nach Sauerstoff verlangt hatte, als sie im Lyn-See zu ertrinken drohte.
»Vielleicht hat Valentin recht, dass sich einige Dinge ändern müssen«, sagte sie nach einer Weile. »Aber mit der Art und Weise, wie er diese Dinge ändern will, liegt er falsch. Das siehst du doch genauso, oder?«
Jace senkte die Lider. Unter seinen halb geschlossenen Augen entdeckte Clary graue Schatten - Zeugnis vieler schlafloser Nächte. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt noch
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