Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
heranlassen.«
»Sie meinte, dass hübsche Knaben schon immer deine große Schwäche gewesen sind«, sagte Alec. »Und das klingt in meinen Ohren so, als ob ich für dich nur einer in einer langen Reihe dieser Knaben bin. Wenn einer stirbt oder dich verlässt, holst du dir einfach den nächsten. Ich bin ein Nichts. Ich bin … bedeutungslos.«
»Alexander …«
»Und das …«, fuhr Alec fort und starrte dabei wieder auf den Tisch, »Ist umso unfairer, weil du für mich alles andere als bedeutungslos bist. Ich habe mein ganzes Leben für dich auf den Kopf gestellt. Aber für dich verändert sich nie etwas, oder? Ich schätze, das ist der wahre Sinn des ewigen Lebens — dass nie etwas wirklich von Bedeutung sein muss.«
»Aber das stimmt nicht. Du bedeutest mir sogar sehr viel …«
»Das Weiße Buch«, sagte Alec plötzlich. »Warum wolltest du es unbedingt haben?«
Magnus schaute ihn verblüfft an. »Aber das weißt du doch — es ist ein sehr mächtiges Zauberbuch.«
»Aber du hast es aus einem besonderen Grund haben wollen, oder? Es ging um einen bestimmten Zauber, richtig?«, hakte Alec mit rauer Stimme nach. »Du brauchst mir nicht zu antworten; ich kann an deiner Miene ablesen, dass ich recht habe. War es … ging es um einen Zauber, der mich unsterblich machen sollte?«
Magnus war bis ins Mark erschüttert. »Nein, Alec«, flüsterte er. »Nein — so etwas würde ich nie tun.«
Alec fixierte ihn aus stechend blauen Augen. »Warum nicht? Warum hast du in all den Jahren und bei all deinen Beziehungen nie versucht, jemanden unsterblich zu machen wie dich? Würdest du denn nicht wollen, dass wir für immer zusammenbleiben?«
»Natürlich will ich das!«, sagte Magnus so laut, dass er sich zwingen musste, seine Stimme vor dem Weitersprechen zu senken. »Aber du verstehst das nicht: Das ist kein Geschenk, für das man nichts aufzugeben braucht. Der Preis des ewigen Lebens …«
»Magnus!« Isabelle kam eilig auf sie zu, ihr Handy in der Hand. »Magnus, ich muss mit dir reden.«
»Hallo, Isabelle.« Normalerweise konnte Magnus Alecs Schwester gut leiden, doch nicht in diesem Augenblick. »Schöne, liebenswerte Isabelle. Könntest du uns bitte noch eine Minute allein lassen? Der Zeitpunkt ist gerade äußerst ungünstig.«
Isabelle schaute von Magnus zu ihrem Bruder und dann wieder zu Magnus zurück. »Also soll ich dir nicht erzählen, dass Camille gerade aus dem Sanktuarium ausgebrochen ist und dass meine Mutter dich auffordert, so schnell wie möglich ins Institut zu kommen, um uns bei der Suche nach ihr zu helfen?«
»Ganz genau«, sagte Magnus. »Ich will nicht, dass du mir das erzählst.«
»Tja, Pech«, entgegnete Isabelle. »Denn es stimmt. Natürlich kann niemand dich zwingen, jetzt mitzukommen, aber …«
Sie ließ den Rest des Satzes offen, doch Magnus wusste nur zu gut, was Isabelle hier andeutete: Wenn er den Rat nicht bei der Suche unterstützte, würde man davon ausgehen, dass er Camille zur Flucht verholfen hatte — und das war das Letzte, was er im Augenblick brauchen konnte. Maryse würde toben, und das würde seine Beziehung zu Alec zusätzlich verkomplizieren. Und trotzdem …
»Sie ist ausgebrochen?«, fragte Alec. »Niemand ist jemals aus dem Sanktuarium ausgebrochen.«
»Tja«, sagte Isabelle, »jetzt schon.«
Alec sackte noch tiefer auf seinem Stuhl zusammen und murmelte in Magnus’ Richtung: »Geh. Das ist ein Notfall. Geh einfach. Wir reden später.«
»Magnus …« Isabelle mochte zwar entschuldigend klingen, doch ihr Ton ließ keinen Zweifel an der Dringlichkeit ihrer Aufforderung.
»Also gut.« Magnus erhob sich, beugte sich dann noch einmal zu Alec hinunter und sagte: »Aber eines merke dir: Du bist nicht bedeutungslos.«
Alec errötete. »Wenn du das sagst.«
»Ja und ich meine das auch so«, erwiderte Magnus. Dann wandte er sich ab und folgte Isabelle aus dem Saal.
Auf der menschenleeren Straße vor dem lronworks lehnte Simon an einer der efeubewachsenen Ziegelmauern und blickte hinauf in den Himmel. Die Lichter der Brücke überstrahlten die Sterne, sodass er da oben nichts erkennen konnte außer einer samtigen Schwärze. Er schloss die Augen und wünschte sich mit plötzlicher Heftigkeit, die eisige Luft einatmen zu können, um seinen Kopf wieder freizubekommen und die Kälte auf seinem Gesicht, seiner Haut spüren zu können. Er trug zwar nur ein dünnes Hemd, doch das machte keinen Unterschied.
Er konnte nicht mehr zittern und selbst die Erinnerung
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