Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
glätteten, sie beruhigend streichelten, wohltuend und … vertraut. »Maia … ist ja gut …«
Maia hob den Kopf und presste ihre Lippen auf seine. Er hatte sich in so vielerlei Hinsicht verändert, doch das Gefühl beim Küssen war dasselbe geblieben und seine Lippen waren so sanft wie immer.
Jordan erstarrte einen Moment vor Überraschung, doch dann zog er sie fester an sich und ließ seine Hände in kleinen Kreisen über ihren nackten Rücken gleiten.
Plötzlich musste Maia an ihren ersten Kuss denken: Sie hatte ihm ihre Ohrringe gegeben, damit er sie ins Handschuhfach seines Autos legte, doch seine Hand hatte so sehr gezittert, dass er sie fallen ließ. Er hatte sich wieder und wieder entschuldigt, bis sie es irgendwann leid war und ihn küsste, damit er endlich Ruhe gab. Damals hatte sie ihn für den süßesten Jungen der Welt gehalten …
Und dann war er gebissen worden und alles hatte sich verändert.
Sie wandte den Kopf ab, schwindlig und schwer atmend. Jordan ließ sie sofort los und starrte sie nur an, völlig benommen und mit offenem Mund. Hinter ihm konnte sie durch die Glasscheiben auf die Stadt hinunterblicken. Sie hatte eigentlich erwartet, dass dort draußen alles in Trümmern lag, eine weiße Einöde, so weit das Auge reichte — doch alles schien genauso zu sein wie vorher. Nichts war anders. In den Gebäuden auf der anderen Straßenseite gingen Lichter an und aus und sie konnte das entfernte Rauschen des Verkehrs tief unter ihnen hören. »Wir sollten gehen«, sagte sie. »Wir müssen die anderen suchen.«
»Maia«, setzte Jordan an. »Warum hast du mich gerade geküsst?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie. »Glaubst du, wir sollten bei den Fahrstühlen beginnen?«
»Maia …«
»Ich weiß es nicht, Jordan«, stieß sie hervor. »Ich weiß nicht, warum ich dich geküsst habe, und ich weiß nicht, ob ich es jemals wieder tun werde, aber ich weiß genau, dass ich ziemlich durcheinander bin und mir Sorgen um meine Freunde mache und möglichst schnell hier rauswill. Okay?«
Jordan nickte. Er sah so aus, als hätte er am liebsten eine Million Dinge gesagt und sich dennoch entschlossen, sie nicht zu sagen — wofür Maia ihm sehr dankbar war. Stattdessen fuhr er sich mit der Hand durch die zerzausten Haare, die mit weißem Gipsstaub bepudert waren, und sagte: »Okay.«
Stille. Jace lehnte noch immer an der Tür, allerdings hatte er nun die Stirn gegen das Glas gestützt und die Augen geschlossen. Clary fragte sich, ob er ihre Anwesenheit überhaupt bemerkt hatte. Zögernd ging sie einen Schritt auf ihn zu, doch bevor sie irgendetwas sagen konnte, drückte er die Tür auf und trat hinaus auf die Dachterrasse.
Einen Moment lang stand Clary nur reglos da und schaute ihm nach. Natürlich konnte sie den Aufzug herbeirufen und unten in der Eingangshalle zusammen mit den anderen auf das Eintreffen der Division warten. Wenn Jace nicht reden wollte, dann wollte er nun mal nicht reden. Schließlich konnte sie ihn nicht dazu zwingen. Falls Alec recht hatte und Jace sich selbst bestrafte, musste sie eben so lange warten, bis er wieder mit sich im Reinen war.
Sie drehte sich zum Fahrstuhl um — und hielt dann abrupt inne. Ein kleiner Funken Wut loderte in ihr auf und ließ ihre Augen brennen. Nein, dachte sie. Sie brauchte nicht zuzulassen, dass er sich so verhielt. Vielleicht konnte er sich ja allen anderen gegenüber so benehmen, aber nicht ihr gegenüber! Das war er ihr schuldig. Das waren sie einander schuldig.
Clary wirbelte herum und marschierte auf die Glastür zu. Ihr Knöchel schmerzte zwar noch, aber die Heilrunen, die Alec aufgetragen hatte, entfalteten allmählich ihre Wirkung: Die Schmerzen pochten inzwischen nur noch dumpf. Als sie die Tür erreichte, stieß sie sie wütend auf und trat hinaus auf die Terrasse, wobei sie kurz zusammenzuckte, als ihre nackten Füße den kalten Steinboden berührten. Ihr Blick fiel sofort auf Jace: Er kniete in der Nähe der Steinstufen, auf Platten, die vor Blut, Dämonensekret und glitzernden Salzkristallen dunkel schimmerten.
Als er sie hörte, stand er auf und wandte sich ihr zu; irgendetwas Glänzendes baumelte von seiner Hand.
Der Morgenstern-Ring an der Kette.
Die vom Fluss kommende Brise hatte zugenommen und wehte Jace die dunkelgoldenen Haare ins Gesicht. Ungeduldig schob er sie beiseite und meinte: »Mir war gerade eingefallen, dass wir den vorhin hier draußen vergessen haben.« Seine Stimme klang erstaunlich normal.
»Ist das der
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