Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
Camilles Worte: In dem Moment, in dem seine Anhänger sehen, dass du an meiner Seite stehst, werden sie ihm den Rücken kehren und zu mir kommen. Ich bin davon überzeugt, dass sie mir ergeben sind … trotz ihrer Furcht vor Raphael. Wenn sie uns erst einmal gemeinsam sehen, wird diese Furcht verfliegen und sie werden sich uns anschließen. »Weißt du«, setzte er an, »Ich hab auch noch andere Angebote erhalten.«
Raphael musterte ihn, als wäre er vollkommen verrückt geworden. »Was für Angebote?«
»Na ja … Angebote halt«, sagte Simon wenig überzeugend.
»Du bist furchtbar schlecht im Taktieren, Simon Lewis. Ich schlage vor, du lässt in Zukunft lieber die Finger davon.«
»Na schön«, murrte Simon. »Eigentlich wollte ich dir ja was mitteilen, aber jetzt verzichte ich darauf.«
»Und vermutlich wirst du auch das Geburtstagsgeschenk wegwerfen, das du extra für mich gekauft hast«, höhnte Raphael. »Wirklich sehr, sehr tragisch.« Er richtete das Motorrad auf und schwang ein Bein über die Sitzbank, worauf die Maschine röhrend zum Leben erwachte. Rote Funken flogen aus dem Auspuff. »Wenn du mich noch mal belästigen willst, Tageslichtler, dann solltest du besser einen triftigen Grund haben. Anderenfalls werde ich nicht so nachsichtig sein wie jetzt.« Und mit diesen Worten machte das Motorrad einen Satz nach vorn und dann in die Luft.
Simon legte den Kopf in den Nacken und schaute Raphael nach, der wie der Engel, nach dem er benannt war, in den Nachthimmel hinaufstieg, eine Spur rot glühender Funken hinter sich herziehend.
Clary balancierte ihren Skizzenblock auf den Knien und kaute nachdenklich auf dem Ende ihres Bleistifts herum. Sie hatte Jace Dutzende Male gezeichnet — vermutlich war das ihre Version der Tagebucheinträge, in denen die meisten Mädchen Gedanken über ihren festen Freund festhielten —, aber sie schien einfach nicht in der Lage, ihn exakt porträtieren zu können. Zum einen war es fast unmöglich, ihn dazu zu bringen, mal einen Moment ruhig zu sitzen. Deshalb hatte sie gedacht, es wäre einfacher, ihn zu malen, während er schlief — aber das Ergebnis war noch immer nicht so, wie sie es sich wünschte. Die Zeichnung sah einfach nicht aus wie Jace.
Frustriert warf sie den Skizzenblock auf die Picknickdecke, zog seufzend die Knie hoch und betrachtete ihn. Irgendwie hatte sie nicht damit gerechnet, dass er einschlafen würde. Sie waren in den Central Park gekommen, um zu picknicken und im Freien zu trainieren, solange das Wetter noch mitspielte. Und eines davon hatten sie auch tatsächlich getan: Diverse Plastikschälchen und Styroporschachteln von Taki’s lagen neben der Decke im Gras verstreut. Jace hatte nicht viel gegessen, sondern nur lustlos in seinen Sesamnudeln herumgestochert, dann die Box beiseitegestellt und sich auf die Decke fallen lassen, den Blick starr zum Himmel gerichtet. Clary hatte dagesessen und auf ihn hinabgeschaut, hatte die Spiegelung der Wolken in seinen klaren Augen beobachtet, die Konturen seiner muskulösen Arme, die er hinter dem Kopf verschränkt hatte, den Streifen perfekt glatter Haut, der zwischen dem Saum seines T-Shirts und dem Gürtel seiner Jeans zum Vorschein gekommen war. Und Clary hatte sich nichts sehnlicher gewünscht, als die Hand auszustrecken und über seinen flachen, festen Bauch zu streicheln. Stattdessen hatte sie den Blick abgewandt und nach ihrem Skizzenblock gesucht. Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, den Bleistift in der Hand, waren ihm bereits die Augen zugefallen und seine Atmung ging ruhig und gleichmäßig.
Inzwischen war sie bei ihrer dritten Skizze, aber immer noch meilenweit von einer Zeichnung entfernt, die ihren Ansprüchen genügte. Während sie Jace so betrachtete, fragte sie sich, warum sie ihn einfach nicht porträtieren konnte. Dabei waren die Lichtverhältnisse perfekt: Die sanfte Oktobersonne übergoss sein ohnehin schon goldbraunes Haar und die hell schimmernde Haut mit ihrem warmen goldenen Schein. Seine geschlossenen Lider wurden von goldenen Wimpern gesäumt, die einen Hauch dunkler schienen als seine Haare. Eine Hand lag locker auf der Brust, die andere leicht geöffnet neben der Hüfte. Im Schlaf wirkte sein Gesicht entspannter und verwundbarer, weicher und weniger kantig als im Wachzustand. Vielleicht war ja genau das das Problem: Jace war so selten entspannt und verwundbar, dass es ihr schwerfiel, seine Konturen in diesem Zustand auch festzuhalten, jetzt, da er schlafend vor ihr lag. Irgendwie
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