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Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels

Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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verschwand kurz hinter dem Drumset und kam eine Sekunde später wieder hoch, einen rasselnden Schlüsselbund triumphierend in der Hand. Seit dem Vortag hatte er sich nicht sonderlich verändert; allerdings trug er dieses Mal ein blaues T-Shirt unter seiner Lederjacke und um seinen Hals glitzerte eine Goldkette mit einem Heiligen-Medaillon. Aber seine dunklen Haare wirkten noch verwuschelter als zuvor. »Sag mal«, setzte er nun an und lehnte sich gegen einen der Lautsprecher, »hast du gerade geschlafen? Hier auf dem Boden?«
    Simon nickte. »Bin zu Hause rausgeflogen.« Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber mehr wollte er im Moment nicht preisgeben.
    Kyle nickte verständnisvoll. »Deine Mom hat deinen Stoff gefunden, was? Echt übel.«
    »Nein. Keinen … Stoff.« Simon zuckte die Achseln. »Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit über meinen Lebensstil.«
    »Dann hat sie also von deinen beiden Freundinnen erfahren?«, fragte Kyle grinsend.
    Er sah wirklich gut aus — das musste Simon ihm lassen. Aber im Gegensatz zu Jace, der um seine Attraktivität genau zu wissen schien, wirkte Kyle wie jemand, der sich wahrscheinlich seit Wochen nicht gekämmt hatte. Allerdings strahlte er eine welpenhafte Offenheit und Freundlichkeit aus.
    »Kirk hat mir davon erzählt. Echt cool, Mann«, grinste Kyle.
    Simon schüttelte den Kopf. »Nein, darum ging’s auch nicht.«
    Einen Moment lang herrschte Stille, dann verkündete Kyle: »Ich … lebe auch nicht mehr zu Hause. Bin schon vor ein paar Jahren ausgezogen.« Er schlang die Arme um seinen Oberkörper, ließ den Kopf hängen und fügte dann mit leiser Stimme hinzu: »Seitdem habe ich nicht mehr mit meinen Eltern geredet. Ich meine, ich komme allein ganz gut klar, aber … ich verstehe, wie das ist.«
    »Deine Tattoos …«, wechselte Simon abrupt das Thema und berührte kurz seine eigene Haut, »was bedeuten die?«
    Kyle streckte seine Arme. »Shaantih shaantih shaantih«, erläuterte er. »Das sind Mantras aus den Upanishaden. Sanskrit. Gebete für Frieden.«
    Normalerweise hätte Simon eine Tätowierung in Sanskrit für ziemlich angeberisch gehalten, nicht jedoch in dieser Situation. »Shalom«, sagte er.
    Verwundert schaute Kyle ihn an. »Was?«
    »Shalom bedeutet Frieden«, erklärte Simon. »Ist Hebräisch. Ich musste nur gerade daran denken, dass die Worte irgendwie ähnlich klingen.«
    Kyle warf ihm einen langen Blick zu; er schien über etwas nachzudenken. Schließlich meinte er: »Das mag jetzt ein wenig verrückt erscheinen, aber …«
    »Ach, keine Sorge. Meine Definition von ›verrückt‹ ist in den vergangenen Monaten ziemlich dehnbar geworden.«
    »… aber ich habe eine Wohnung. In Alphabet City. Und mein Mitbewohner ist gerade ausgezogen. Ist eine Zweizimmerwohnung, daher könntest du in seinem ehemaligen Zimmer pennen. Es hat ein Bett und alles, was man so braucht.«
    Simon zögerte. Einerseits kannte er Kyle überhaupt nicht und der Gedanke, in die Wohnung eines völlig Fremden zu ziehen, klang nach einem kapitalen Fehler. Möglicherweise entpuppte Kyle sich ja als Serienkiller, trotz seiner FriedensTattoos. Andererseits kannte er Kyle überhaupt nicht, was bedeutete, dass dort niemand nach ihm suchen würde. Und welche Rolle spielte es schon, falls Kyle tatsächlich ein Massenmörder war?, überlegte Simon bitter. Das würde dem Jungen schlechter bekommen als ihm selbst, genau wie bei dem Straßenräuber am Abend zuvor.
    »Weißt du, was?«, sagte er schließlich. »Ich denke, ich werde dein Angebot annehmen, wenn das okay ist.«
    Kyle nickte. »Mein Pick-up steht draußen, falls du mit mir zusammen in die Stadt willst.«
    Simon bückte sich nach seiner Reisetasche, richtete sich wieder auf und schob sich die Griffe über die Schulter. Dann steckte er sein Handy ein und spreizte die Arme. »Okay — dann mal los.«

5
    ABYSSUS ABYSSUM INVOCAT
    Kyles Wohnung im Stadtteil Alphabet City entpuppte sich als angenehme Überraschung.
    Simon hatte eine dreckige Bude in einer Mietskaserne an der Avenue D erwartet, mit Kakerlaken an den Wänden und einem zusammengebastelten Bett aus leeren Getränkekisten und löchrigem Matratzenschaum. Stattdessen handelte es sich um eine saubere Zweizimmerwohnung an der Avenue B, mit einem kleinen Wohnzimmerbereich, etlichen Bücherregalen und zahlreichen Fotos von berühmten Surferstränden an den Wänden. Zugegeben: Kyle schien auf der Feuertreppe Hanf zu züchten, aber man konnte schließlich nicht alles

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