Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
dünnem Eis, Lewis.« Und mit dieser Äußerung stolzierte sie davon, den Saum ihres Kleides mit beiden Händen gerafft.
Simon musste innerlich grinsen, als er sah, dass sie darunter grüne Sneakers trug.
»Offensichtlich geht hier irgendwas vor sich, von dem ich nichts weiß«, bemerkte Luke.
Simon warf ihm einen resignierten Blick zu. »Manchmal habe ich den Eindruck, das ist das Motto meines Lebens.«
Fragend hob Luke die Augenbrauen. »Ist irgendetwas passiert?«
Simon zögerte. Er konnte ihm unmöglich von seinem Liebesleben erzählen: Luke und Maia gehörten demselben Rudel an und Werwolfrudel waren untereinander noch loyaler als Straßengangs. Das Ganze würde Luke in eine sehr unangenehme Situation bringen. Andererseits war Luke natürlich auch eine wichtige Informationsquelle. Als Anführer des Manhattaner Werwolfrudels hatte er Zugang zu allen möglichen Arten von Daten und außerdem war er sehr versiert im diplomatischen Umgang mit Schattenwesen. »Hast du schon mal von einer Vampirin namens Camille gehört?«, fragte Simon ihn schließlich.
Luke pfiff leise durch die Zähne. »Ich weiß, wer sie ist. Aber es überrascht mich, dass du ihren Namen kennst.«
»Na ja, sie ist das Oberhaupt des New Yorker Vampirclans. Ein paar Dinge weiß selbst ich«, erwiderte Simon, ein wenig eingeschnappt.
»Das war mir nicht bewusst. Ich dachte immer, du wolltest ein möglichst normales Leben führen.« Aus Lukes Stimme sprach nicht der geringste Vorwurf, nur reines Interesse. »Also, als ich das Manhattaner Rudel von meinem Vorgänger übernommen habe, hatte Camille Raphael bereits als ihren Vertreter eingesetzt. Ich glaube nicht, dass irgendjemand weiß, wohin genau sie gegangen ist. Aber sie ist so etwas wie eine Legende in Schattenweltler-Kreisen. Eine außergewöhnlich alte Vampirin, nach allem, was ich gehört habe. Berüchtigt für ihre Grausamkeit und Gerissenheit. Im Vergleich zu ihr sind Feenwesen die reinsten Unschuldsengel.«
»Hast du sie je kennengelernt?«
Luke schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Warum interessierst du dich für sie?«
»Raphael hat sie mal erwähnt«, erwiderte Simon vage.
Luke runzelte die Stirn. »Hast du Raphael in letzter Zeit gesehen?«
Doch bevor Simon darauf antworten konnte, bimmelte die Türglocke erneut und zu Simons Überraschung betrat Jace das Geschäft. Clary hatte überhaupt nicht erwähnt, dass er auch kommen würde. Genau genommen hatte sie Jace in letzter Zeit so gut wie gar nicht erwähnt, wurde Simon plötzlich bewusst.
Jace schaute von Luke zu Simon. Er wirkte, als wäre er über die Anwesenheit der beiden ebenfalls leicht überrascht, allerdings ließ sich das nur schwer sagen. Obwohl Simon davon ausging, dass Jace in Clarys Gegenwart durchaus die gesamte Palette an Gesichtsausdrücken nutzte, setzte er anderen gegenüber generell eine abweisend-ausdruckslose Miene auf. »Er sieht aus, als würde er über etwas Tiefsinniges und Bedeutungsvolles grübeln«, hatte Simon einmal gegenüber Isabelle geäußert, »aber wenn man ihn dann fragt, worüber er nachdenkt, schlägt er einem mitten ins Gesicht.«
»Na, dann frag ihn doch einfach nicht«, hatte Isabelle entgegnet, als hätte Simon einen lächerlichen Vorschlag gemacht. »Niemand hat behauptet, dass ihr Freunde werden müsst.«
»Ist Clary hier?«, fragte Jace nun und schloss die Tür hinter sich. Er wirkte erschöpft: Dunkle Schatten zeichneten sich unter seinen Augen ab und trotz des frischen Herbstwindes hatte er sich offensichtlich nicht dazu überwinden können, eine Jacke überzustreifen. Obwohl Simon die Kälte nichts mehr anhaben konnte, fröstelte ihn, als er sah, dass Jace nur eine Jeans und ein Thermo-Shirt trug.
»Sie hilft gerade Jocelyn«, erklärte Luke. »Aber du kannst gern hier mit uns warten, bis sie wieder nach vorne kommt.«
Unbehaglich warf Jace einen Blick auf die Wände, die mit Schleiern, Fächern, Diademen und perlenbesetzten Schleppen verziert waren. »Hier ist alles so … so weiß«, murmelte er.
»Natürlich ist hier alles weiß«, erwiderte Simon. »Das ist ein Brautmodengeschäft.«
»Weiß ist für Schattenjäger die Farbe der Trauer«, erklärte Luke. »Aber den Irdischen gilt Weiß als Inbegriff für alles, was mit einer Hochzeit zu tun hat, Jace. Die Braut trägt Weiß als Symbol ihrer Jungfräulichkeit.«
»Ich dachte, Jocelyn hätte gesagt, ihr Kleid wäre nicht weiß«, warf Simon ein.
»Na ja, der Zug dürfte vermutlich abgefahren sein«,
Weitere Kostenlose Bücher