Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser
Klinge heraus. Die Waffe wog angenehm schwer in seiner Hand.
Kurze Zeit später betraten sie den Tunnel. Zwei Frauen und etwa zwanzig Männer. Außer Wilma, die in ihrer Holzbox auf dem Schiff wartete, war niemand zurückgeblieben, nicht mal Boswell und Pepper. Sie betrachteten es als Pflicht, das Mädchen zu befreien. Ihre Gesichter wirkten wie versteinert, als sie den Sitz ihrer Waffen prüften. Humboldt hatte ein paar Gaskartuschen eingesteckt. Für alle Fälle, hatte er gesagt. Zum Schutz gegen die giftigen Dämpfe hatten sie mit Wasser getränkte Tücher mitgenommen, die einer der Indianer in einem Beutel bei sich trug.
Sie mussten jetzt sehr vorsichtig sein. Der kleinste Fehler konnte zum Verhängnis werden. Sie entzündeten einige Fackeln und drangen dann mit bangem Herzen ins Reich der Rieseninsekten ein.
In kurzen Worten informierte Humboldt Valkrys über die Hintergründe der Prophezeiung und machte sie mit der Handhabung der Chlorgaspatronen vertraut. Doch die Söldnerin weigerte sich, zu solchen Mitteln zu greifen. Sie wollte die Gegner von Angesicht zu Angesicht und in fairem Zweikampf töten, so, wie sie es immer getan hatte.
Die Gelegenheit dazu bekam sie gleich hinter der ersten Biegung. Sie hatten den langen, schräg nach unten verlaufenden Tunnel verlassen und den Weg ins Herz des Baus eingeschlagen, als sie dem ersten Insekt in die Arme liefen. Es war ein Einzelgänger, kaum größer als das Insekt, das sie in der Nacht unten im Tal zur Strecke gebracht hatten. Valkrys durchbohrte es mit wenigen Stichen.
Das zweite Insekt war schon wesentlich schwerer zu erledigen. Es war eine Kampfdrohne mit mächtiger Panzerung und scharfen Beißwerkzeugen. Ein übermächtiger Gegner, doch die Elitekrieger des Priesters waren gut ausgebildet und hatten das Tier in kürzester Zeit zur Strecke gebracht. Was sie jedoch nicht mehr verhindern konnten, war, dass die Kreatur einen schrillen Schrei ausstieß. Der Klang verhallte in den Tiefen des Höhlensystems.
Yupan wurde blass. »Das war ein Warnruf«, stieß er hervor. »Jetzt werden sie zu Dutzenden kommen und nach dem Rechten sehen. Gnade uns Gott, wenn sie uns hier erwischen!«
»Das hat uns gerade noch gefehlt.« Humboldt presste seine Lippen aufeinander. »Und was machen wir jetzt?«
Oskar blickte sich gehetzt um. Er hatte auf einmal das Gefühl, von allen Seiten umzingelt zu sein.
Valkrys war die Einzige, die die Ruhe behielt. »Ich würde vorschlagen, dass wir erst mal weitergehen. Noch ist ja nichts geschehen. Es hat keinen Sinn, sich verrückt zu machen. Vielleicht wurde der Ruf von niemandem gehört. Wenn wir tatsächlich angegriffen werden, kämpfen wir uns unseren Weg eben durch sie hindurch.«
»Du hast keine Ahnung«, sagte Humboldt. »Du warst nicht dabei, als die Stadt angegriffen wurde.«
»Und ob!«, sagte Valkrys. »Wir haben alles von oben aus beobachtet.«
»Dann weißt du ja, dass in diesem Bau vermutlich Hunderte, vielleicht Tausende von diesen Tieren leben. Wenn ihr Verhaltensmuster dem von Ameisen oder Termiten ähnelt, dann werden sie uns von verschiedenen Seiten angreifen, uns umzingeln und anschließend töten. Ihre schiere Übermacht wird uns vernichten.«
»Was schlägst du stattdessen vor?«
»Wie wär’s, wenn wir versuchten, durch die Seitengänge zu entkommen?«, schlug Pepper vor. »Die scheinen nicht ganz so belebt zu sein.«
»Und uns am Ende darin verirren?« Die Söldnerin schüttelte den Kopf. »Dieser Weg hier ist genau richtig. Weil er so breit ist, wird er uns ins Herz des Baus führen.«
»Was ist mit dem Gas?«, schlug Oskar vor. »Wir könnten ein paar von den Kartuschen werfen, abwarten bis der Gestank sich verzogen hat, und dann weitermarschieren.«
»Nein«, widersprach Humboldt. »Charlotte ist irgendwo da unten. Ich kann nicht riskieren, sie dabei zu vergiften.«
»Dann war’s das also?« Valkrys’ Augen wurden zu Schlitzen. »Rückzug, noch ehe es richtig angefangen hat? Was für eine Rettungsaktion soll das denn sein? Du enttäuschst mich, Carl Friedrich.«
Doch Humboldt ließ sich nicht beirren. »Es gibt vielleicht noch einen anderen Weg.«
»Wovon redest du?« Valkrys warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Entweder wir kämpfen oder aber wir ziehen uns zurück, eine andere Möglichkeit bleibt uns nicht.«
»Es gibt immer einen Weg, man muss nur seinen Kopf gebrauchen.«
»Was immer du tun willst, tu es schnell«, sagte Eliza. Sie stand etwas seitlich und lauschte in den Tunnel. »Ich
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