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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Bestimmungsbuch zu lesen.«
    »Was nützt eine Entdeckung, wenn man nicht von ihr berichten kann? Ich für meinen Teil bleibe lieber am Leben. Aber zum Glück haben wir ja Wilma. Sie wird uns schon warnen.« Oskar schaute hinüber zu dem kleinen Kiwi, der neben ihnen das Unterholz durchforstete.
    Es mochte so um zehn Uhr herum sein, als sie die erste Rast einlegten. Sie breiteten eine Decke auf dem Boden aus und stellten ein einfaches Frühstück darauf. Oskar bemerkte mit Sorge, dass ihre Vorräte merklich zusammengeschmolzen waren. Siedlungen hatten sie keine gesehen und außer Wasser gab es hier nichts, womit sie ihren Proviant aufstocken konnten. Weder Beeren noch Obst noch irgendwelche Knollen. Hin und wieder gab es Blüten oder Schoten, die einigermaßen genießbar aussahen, doch ihnen blieb keine Zeit herauszufinden, ob sie das auch wirklich waren.
    »Wie lange müssen wir denn noch dieses öde Tal emporkraxeln«, murmelte Oskar vor sich hin, während er versuchte, mit dem Messer durch das trockene Brot zu schneiden.
    »So lange, bis wir den geheimen Pfad gefunden haben«, gab Humboldt unwirsch zurück. »Hast du schon die Lust verloren?«
    »Nein, es ist nur …«
    Der Forscher schnaubte ungehalten, schnappte sich Brot und Käse und erklomm einen hoch gelegenen Aussichtsposten. Dort ließ er sich nieder und sondierte die Lage. Wilma war ebenfalls hochgeklettert und ihrem Herrn auf den Schoß gehüpft.
    »Mach dir nichts draus«, flüsterte Eliza ihm zu. »Seit Valkrys uns auf der Fährte ist, ist er nicht mehr er selbst. Als ich ihm dann auch noch gesagt habe, dass ich es für falsch halte, wie er sich damals verhalten hat, war es aus. Er hat seitdem kaum noch ein Wort mit mir geredet.« Sie lächelte traurig. »Carl Friedrich ist einfach ein sehr verschlossener Mann. Es fällt ihm nicht leicht, über seine Gefühle zu reden.«
    »Welcher Mann kann das schon?«, sagte Charlotte und warf Oskar einen Blick zu, der ihn so irritierte, dass er mit dem Messer abrutschte und sich in den Finger schnitt. Die Verletzung war nicht tief, blutete aber trotzdem ziemlich stark.
    »Mist!«, murmelte er und steckte den Finger in den Mund.
    »Warte, ich helfe dir.« Charlotte nahm ein Tuch, wickelte es ein paarmal um die Wunde und zog dann den Knoten fest. »So, fertig«, sagte sie. »Du hast ein Händchen dafür, dir wehzutun, weißt du das? Eigentlich brauchtest du eine Krankenschwester an deiner Seite. Komm, gib mir mal das Messer. Ich mache weiter.« Sie nahm ihm das Holzbrett und den zähen Brotlaib aus den Händen und begann, dicke Scheiben davon abzuschneiden. »Welches ist eigentlich dein Lieblingsbuch?«, wechselte sie ganz unvermittelt das Thema.
    »Mein Lieblingsbuch?« Oskar blickte sie verwirrt an. »Schwer zu sagen.«
    »Na, irgendeines muss es doch geben. Ich könnte mir vorstellen, dass dir ›01iver Twist‹ ganz gut gefällt. Immerhin handelt es ja auch von einem Jungen, der in einem Waisenhaus aufgewachsen ist.«
    »Ja, Dickens ist ganz gut«, sagte Oskar verwundert. Wie es schien, war bei Charlotte doch noch nicht Hopfen und Malz verloren. »Ich stehe aber mehr auf Abenteuerschmöker«, sagte er. »Schon mal etwas von Henry Rider Haggard gehört?«
    Charlotte schüttelte den Kopf.
    »Britischer Schriftsteller, der in Südafrika aufgewachsen ist. Sein Roman ›König Salomons Schatzkammer ist sauspannend. Kann ich dir gerne mal leihen, wenn wir wieder zu Hause sind.«
    »Von mir aus. Hier, schau mal, ich habe auch etwas zu lesen dabei.« Sie griff in eine der Satteltaschen und zog ein abgewetztes Bändchen heraus, auf dem in goldenen Prägelettern der Titel Baedeker Südamerika prangte.
    Oskar blickte skeptisch. »Ein Reiseführer?«
    »Der Reiseführer«, sagte Charlotte mit leicht vorwurfsvollem Blick. »Es gibt nichts Besseres. Lies mal in Kapitel zwölf. Da geht es um die Inka. Du hast bestimmt schon von ihnen gehört: eine mächtige Hochkultur, die vor vielen Hundert Jahren in dieser Gegend existiert hat.«
    Oskar griff widerwillig nach dem Buch und blätterte darin herum. »Da sind ja nicht mal Bilder drin.«
    »Na los doch«, drängelte Charlotte. »212 oben. Das Kapitel über Pizarro und den Einmarsch der Konquistadoren.«
    Oskar seufzte. Hoffentlich beschränkten sich die Beschreibungen nicht nur auf die Aufzählung nüchterner Fakten. Ein paar blutrünstige Details durften es schon sein. Er wollte gerade anfangen, laut vorzulesen, als sein Blick auf Humboldts Gefährtin fiel. Sie war schon seit

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