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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Augen lag er auf seiner Pritsche und starrte an die Decke seines Gefängnisses.
    Es fühlte sich an, als wäre gerade jemand in seinem Kopf gewesen. Als hätte jemand versucht, seine Gedanken zu lesen.
     
    ***
     
    Eliza tauchte wie aus weiter Ferne auf. Das Erste, was sie sah, waren die Gesichter der beiden Jugendlichen. Oskar stand vor ihr und tupfte ihr mit einem Taschentuch die Stirn. Charlotte hielt ihre Hand und streichelte sanft darüber.
    »Der Eingang …«, flüsterte Eliza. »Ich weiß, wo der Eingang ist.«
    »Was sagst du da?« Oskar hob verwundert die Brauen.
    Die dunkelhäutige Frau war ganz außer Atem. »Boswell ist noch am Leben«, sagte sie. »Er …« Weiter kam sie nicht, denn plötzlich ertönte ein Ruf. Alle Gesichter drehten sich in Humboldts Richtung. Der Forscher stand auf seinem Aussichtsfelsen, wild mit den Armen wedelnd.
    »Sie kommen!«, rief er. »Packt alles zusammen, wir müssen hier weg!«

24
     
     
    Valkrys Stone konnte ihre Erregung nur mit Mühe zügeln. Das Fernglas an die Augen gepresst, blickte sie von ihrem Aussichtsposten in Richtung Osten. Da war er: Humboldt. Seine hochgewachsene kräftige Gestalt und seine scharf geschnittene Nase waren unverkennbar. Er hatte sich kaum verändert in all den Jahren. Sein Haar war lichter und an den Schläfen etwas grauer geworden, aber das ließ ihn nur noch arroganter erscheinen.
    Er blickte mit seinem Fernglas genau in ihre Richtung. Sie wusste, dass er sie sah und dass er sie auch erkannte. So schwer war das nicht. Sie hatte sich in den zwanzig Jahren kaum verändert. Was würde sie in seinen Augen lesen, wenn er das Glas herunternahm? Furcht, Entschuldigung oder gar Wiedersehensfreude?
    Es dauerte eine ganze Weile, ehe er das Glas tatsächlich senkte. Sein Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. Der harte Zug um den Mund war noch ein wenig härter geworden und in seinen Augen funkelte Stolz. Unnachgiebiger Stolz. Kein entschuldigendes Lächeln, kein Gruß. Nein, dieser Mann würde sie nicht um Verzeihung bitten. Nicht mal, wenn er sich seines Unrechts bewusst war. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, was er ihr damals angetan hatte.
    Langsam drehte er sich um, stieg hinunter von seinem Aussichtsfelsen und ging zurück zu seinen Leuten.
    Valkrys kochte vor Zorn.
    Nun, mit seinem Hochmut würde es bald vorbei sein. Sie hatte vor, ihn auf seinem ureigensten Territorium zu schlagen. Nichts konnte ihn mehr verletzen, als wenn sie ihn in seiner Arbeit übertrumpfte. Und genau das würde sie tun. Sie würde an ihm vorbeiziehen und ihm seinen Fund abspenstig machen. Und dann würde sie ihn mit leeren Händen nach Hause schicken – erfolglos, gedemütigt und verlacht von seinen Kollegen.
    Sie steckte das Fernglas zurück in ihre Tasche, wendete ihr Pferd und ritt zurück zu Pepper.
    Der Angsthase wartete unten mit seinem Gewehr in der Hand. Seit sie auf das Lager von Humboldt und den Kadaver des erlegten Rieseninsekts gestoßen waren, klammerte er sich daran wie an einen rettenden Ast. Er hatte nicht mal gewagt, ihr mit seinem Pferd die steile Böschung hinauf zu folgen. Der Redakteur war wie ein Klotz an ihrem Bein. Ohne ihn hätte sie Humboldt vermutlich schon längst eingeholt.
    »Rasch, Pepper. Humboldt ist genau vor uns. Ich habe ihn gesehen. Wenn wir uns beeilen, können wir ihn noch vor Anbruch der Nacht erreichen.«
    »Halt, halt.« Der Redakteur schwang sich auf sein Pferd. »Hat er Sie gesehen?«
    »Ich glaube schon, ja.«
    »Dann sollten wir auf keinen Fall etwas Unüberlegtes unternehmen. Wir wissen, dass sie zu viert sind. Was haben Sie vor? Wollen Sie sie etwa überholen und dabei eine offene Konfrontation riskieren?«
    »Darauf wird es wohl hinauslaufen. Ungesehen kommen wir in diesem schmalen Tal wohl kaum an ihnen vorbei.«
    »Ich weiß nicht …« Pepper blickte unschlüssig. »Das erscheint mir viel zu riskant. Nach dem, was ich über Humboldt gehört habe, ist er ein Mann, der sich nur ungern die Butter vom Brot nehmen lässt. Was, wenn es zum Kampf kommt?«
    Valkrys klopfte auf die Satteltasche, in der ihre Waffen waren. »Seien Sie unbesorgt. Das wird er nicht wagen. Er kennt mich, er weiß, dass er keine Chance gegen mich hat.«
    »Ich weiß nicht, ich weiß nicht …«
    »Pepper, Sie verdammter Angsthase. Wegen Ihnen droht unser Auftrag zu scheitern. Wenn wir Erfolg haben wollen, werden wir um eine Auseinandersetzung nicht herumkommen. Reiten wir jetzt hinterher oder nicht?« Sie spürte, dass sie langsam die Geduld

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