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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ergriff und zurück in den Sattel kletterte. Mit einem Schnalzen setzte sie den Tross in Bewegung.

25
     
     
    »Wir müssen weg hier, und zwar schnell. Habt ihr alles zusammengepackt? Los, los.« Humboldt warf alles, was ihm in die Finger geriet, ungeordnet in die Satteltaschen. Die Fotoplatte steckte er in die Innentasche seiner Jacke.
    Dann öffnete er seinen Waffenkoffer und ein ganzes Arsenal todbringender Mordwerkzeuge funkelte Oskar entgegen. Humboldt zog seine bewährte, mehrschüssige Armbrust heraus und kontrollierte sorgfältig den Sitz der Pfeile.
    »Was hast du gesehen?« In Charlottes Augen glomm Furcht auf.
    »Valkrys«, erwiderte der Forscher. »Keine zwei Kilometer entfernt. Sie hat mich ebenfalls bemerkt. Sie weiß, dass wir in dieser Schlucht in der Falle sitzen. Fliehen können wir nicht, also bleibt uns nur die Möglichkeit, uns zur Wehr zu setzen …«
    »Eliza weiß, wo es zu dem verborgenen Pfad geht«, stieß Oskar hervor. »Sie hatte wieder eine Vision.«
    Humboldts Hand verharrte einen Moment in der Luft. »Im Ernst?«
    »Er muss hier sein, ganz in der Nähe.«
    »Wo?«
    »Ich werde es erkennen, wenn wir dort sind«, sagte Eliza. »Ich habe Boswells Gedanken gelesen und weiß, dass es nicht mehr weit sein kann.«
    Humboldt schien einen Moment lang mit einer Entscheidung zu ringen, dann sagte er: »In Ordnung. Versuchen wir’s. Nichts wie los.«
    Eliza ritt voraus. Sie war die Einzige, die die versteckten Zeichen deuten und den Eingang finden konnte. Wilma rannte die ganze Zeit an ihrer Seite und sondierte das Gelände. Charlotte und Oskar ritten in der Mitte und Humboldt gab ihnen Rückendeckung.
    Der Weg schlängelte sich weiter das Tal hinauf, in eine Gegend, die immer unwegsamer wurde. Der Pfad war als solcher kaum noch zu erkennen. Überall lagen scharfkantige Steine herum, denen sie ausweichen mussten, wenn sie nicht riskieren wollten, dass sich die Maultiere verletzten.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als sie auf ein unüberwindlich scheinendes Hindernis stießen. Ein gewaltiger Felsbrocken blockierte den Weg. Er war so unvorstellbar groß, dass man glauben konnte, der halbe Berg sei hier zum Einsturz gekommen. Als sie näher ritten, entdeckten sie an seinem Fuß eine schmale Öffnung, durch die rasend schnell der Fluss hindurchschoss. Ein schmaler Steig führte seitlich daran vorbei. Sie mussten absteigen und ihre Maultiere einzeln hindurchführen.
    Im Gang selbst war es ohrenbetäubend laut. Moospolster hingen von der Decke. Das schnell dahinschießende Wasser des Colca erfüllte die Höhle mit feinsten Wassertröpfchen und ließ die Steine rutschig werden. Nach einer Zitterpartie von dreißig Metern war der Spuk vorbei. Das Tal öffnete sich zu einem weiten Kessel, der einen Durchmesser von schätzungsweise einem halben Kilometer hatte. Bäume gab es hier fast keine. Stattdessen breitete sich eine weite, mit Gras und trockenen Büschen bestandene Ebene vor ihnen aus, die in der Mitte von dem rasch dahinströmenden Colca durchkreuzt wurde. Der gesamte Talkessel war mit Gesteinsbrocken unterschiedlichster Größe gefüllt. Viele von ihnen sahen aus, als wären sie künstlich aufgerichtet worden. Die vier Reisenden setzten sich wieder in ihre Sättel und ritten weiter. Etwa in der Mitte des Kessels hob Eliza plötzlich die Hand. »Hier ist es«, sagte sie und deutete auf das Rund. »Das ist die Stelle, die ich in Boswells Gedanken gesehen habe.«
    »Und hier soll ein Pfad in die Berge führen?« Humboldt beschattete die Augen mit seiner Hand.
    Der Kessel war auf allen Seiten von beinahe senkrecht aufragenden Felsen umstellt. Es gab keine Einschnitte, keine Treppen, keine Leitern. Nichts, was irgendwie aussah, als könne man daran hochsteigen. Bliebe nur, die glatten Steinwände emporzuklettern, aber das wäre angesichts der beinahe senkrechten Flanken reiner Selbstmord gewesen.
    »Es war dort drüben«, sagte Eliza und deutete nach links. »Kommt mit.«
    Sie stieg ab, verließ den Pfad und eilte querfeldein über das Gras. Die anderen folgten ihr. Nach etwa fünfzig Metern blieben sie stehen. Eine lange Spalte zerschnitt den Boden. Davor stand ein Stein, der merkwürdige Kratzspuren aufwies. »Seht ihr das?«, flüsterte Charlotte aufgeregt. »Das sind die gleichen Zeichen, die Boswell auf der Rückseite seiner Fotoplatte eingeritzt hat. Das ist Quipu. Die geschriebenen Worte für Pfad und Regen.« Sie strahlte. »Irgendwo hier muss der Weg sein.«
    »Ja, aber wo?« Humboldt

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