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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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q’uni unuta munani.« »Ari, ari.« Der Krieger verbeugte sich, dann rannte er zum Aufzug und richtete dem Führer die Botschaft aus. »Scheint geklappt zu haben«, sagte Oskar. »Sieht ganz so aus.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Boswell. »Wo hast du das gelernt?« »Eine Freundin in der Schule hat’s mir beigebracht.« »Du scheinst ein echtes Sprachtalent zu sein. So jemanden wie dich könnte ich auf einer meiner nächsten Reisen gut gebrauchen.« Er zwinkerte ihr zu. »Was hast du uns bestellt?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Einfach irgendetwas zu essen. Vielleicht ist es eklig, vielleicht aber auch nicht. Lassen wir uns doch einfach überraschen.«
    Keine zehn Minuten später kam ein Diener herbeigeeilt, über dessen Schultern zwei hölzerne Tragevorrichtungen hingen. Schnell verteilte er Decken und kleine hölzerne Schemel auf den Stufen und platzierte einige Töpfe und Karaffen darauf. Ein verlockender Duft stieg den Abenteurern in die Nase, als sie die Abdeckung anhoben. In einem Topf befanden sich geröstete Brotfladen, im anderen ein Eintopf aus Fleisch, Karotten und roten Chilischoten. Dazu gab es gebratene Paprika und Kartoffeln.
    »Das sieht ja köstlich aus! Was ist das?«, fragte Oskar und schöpfte sich etwas von dem dicken Eintopf in eine der Tonschalen.
    »Imayuqmi chay mikhuna?«, fragte Charlotte den Diener.
    »Haka chaski«, lautete die Antwort. »Sumaq mikhuna.«
    »Er sagt, dies sei eines ihrer Nationalgerichte. Wir sollen es einfach probieren.«
    Oskar suchte nach Löffel oder Gabel. Als er keine fand, beschloss er, die Sache nicht unnötig kompliziert zu machen, und tunkte das Brot einfach hinein. Der Diener lächelte ihm freundlich zu. Offenbar hatte er alles richtig gemacht.
    »Mmh, lecker«, sagte er. »Schmeckt fast wie Kaninchen.«
    »Es ist Meerschweinchen«, sagte Charlotte. »Quwi.«
    »Nie gehört«, sagte Oskar, während er sich ein weiteres Fleischstück mit dem Brot in den Mund bugsierte. »Viel Ähnlichkeit mit Schwein hat es allerdings nicht. Echt zart. Sollte man bei uns auch einführen.« Genüsslich aß er weiter.
    Sie waren gerade bei der zweiten Portion angelangt, als unerwartet die Pforte zum Labor des Alchemisten aufflog. Eine riesenhafte Gestalt erschien im Türrahmen. Bis auf eine schmale Stelle am Kopf, die nur die Augen freiließ, war sein ganzer Körper von einer dunkelbraunen Ledermontur bedeckt. Offenbar war das auch gut so, denn die gelben Flecken auf seiner Oberseite entpuppten sich beim näheren Hinsehen als tiefe Verätzungen. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn das, was immer ihn da getroffen hatte, auf die bloße Haut getropft wäre. Hässliche gelbe Spritzer bedeckten Arme und Brust.
    Der Mann taumelte ein paar Schritte vorwärts, dann blieb er stehen.
    Oskar erkannte seinen Herrn erst beim zweiten Hinsehen. Er wollte schon aufspringen, um ihm zu Hilfe zu eilen, als dieser warnend seine Hand hob. »Nicht näher kommen«, erklang seine gedämpfte Stimme. »Bleibt alle, wo ihr seid.« Erst jetzt erkannte Oskar, dass er etwas in seiner Linken trug. Es war eine kleine Flasche. Das Ding war so groß wie ein Reagenzglas und von stumpf-grauem Aussehen. Unter dem Deckel quoll grüner Dampf heraus. Oskar spürte ein Stechen in der Nase. Ein grauenhafter Geruch breitete sich aus. Entsetzt sprangen alle von ihrem Essen auf und hielten sich die Ärmel vor die Nase. Selbst die Wachen, deren Unerschrockenheit Oskar im Kampf gegen das Insekt mit eigenen Augen gesehen hatte, wichen voller Abscheu zurück.
    In diesem Augenblick erschienen auch Yupan und Huascar in der Tür. Auf ihren Lederanzügen waren ebenfalls Verätzungen zu sehen. Ihre Gesichter waren nicht weniger erschrocken, aber es lag auch noch etwas anderes in ihnen. Triumph.
    »Schnell jetzt«, sagte Humboldt. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Bringt mich zu dem Unterirdischen.«

45
     
     
    Die Steinerne Festung lag an einem Felsvorsprung, weitab vom eigentlichen Stadtzentrum. Genau genommen gab es gar keine Festung. Der Name bezog sich auf den Felsvorsprung selbst, der vor Urzeiten von den Inka ausgehöhlt und zu einer uneinnehmbaren Burg umfunktioniert worden war. Gerade noch zu erkennen an einigen schlanken Schießscharten und einer gewaltigen zweiflügligen Eisentür, die, von Rost überzogen, wie das Tor in ein fremdes Reich aussah. Das Volk der Hanaq Pacha hatte dieses Areal offensichtlich schon vor langer Zeit verlassen, denn außer einer alten, baufällig aussehenden

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