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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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die Türen und ließ sie aussteigen. Vor ihnen lag eine hölzerne Galerie, die sie zu den länglichen, stabförmigen Gebäuden hinüberführte. Oskar, der hinter den anderen herging, trat ans Geländer und riskierte einen Blick in die Tiefe. Die Aussicht raubte ihm den Atem. Wie es schien, hatten sie den höchsten Punkt der Stadt erreicht. Von hier oben waren die Felder und Plantagen nur noch winzige Schachbrettmuster, während die Brücken, Plätze und Tempel auf die Größe von Spielzeugen geschrumpft waren. Es gab so gut wie keine Menschen hier oben. Wahrscheinlich war es ein abgesperrter Bereich, den nur ausgewählte Personen betreten durften.
    »Was sind das für riesige Glasplatten?«, fragte Charlotte, die den Kopf in den Nacken gelegt hatte. Über ihren Köpfen erstreckte sich ein gewaltiger steinerner Überhang, der einen natürlichen Schutz vor Angriffen bot, gleichzeitig aber auch als Befestigungsmöglichkeit für die durchscheinenden blauen Flächen diente.
    »Sonnenkollektoren«, sagte Humboldt. »Platten reinsten Siliziums, mit denen man Sonnenlicht in Elektrizität umwandeln kann. Genau wie auf der Hurakan, nur um ein Tausendfaches vergrößert.«
    Yupan führte sie bis kurz vor das erste Gebäude, dann zog er an dem Seil, das seitlich neben dem Eingang herabhing. Ein feiner Glockenton erklang. Oskar spitzte die Ohren. Schnelle Schritte näherten sich der Tür, dann wurde sie aufgerissen. Ein kleiner Mann mit einer seltsamen Kappe, lederner Weste und ebensolchen Hosen stand im Eingang und musterte sie misstrauisch. Eine Wolke übel riechender Luft schlug ihnen entgegen. Ein Zischen und Gluckern wie von einer riesigen Dampfmaschine drang an ihre Ohren. Oskar sah, wie dunkle Schwaden aus der Tür drangen und in den Himmel stiegen. Den Mann schien das in keiner Weise zu stören. Als sein Blick auf den Priester fiel, neigte er sein Haupt und faltete die Hände. Die beiden Männer wechselten einige geflüsterte Worte, dann kam Yupan zu ihnen zurück. »Huascar, unser oberster Alchemist. Er ist Hüter unserer Wasserstoffproduktion«, sagte er. »Er ist ein sehr weiser Mann. Ich habe ihn gefragt, ob ihr seine Labors betreten dürft, und er hat sich bereit erklärt, einen von euch hineinzulassen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass seine Anweisungen genau befolgt werden.«
    »Nur einen?«, fragte Oskar. »Warum das?«
    »Aus Sicherheitsgründen. Wie ich schon sagte: Ein Unglück in dieser Anlage und ganz Xi’mal ist in Gefahr.«
    »Ich werde gehen.« Humboldt deutete eine Verbeugung an. »Sagen Sie ihm, dass er sich voll und ganz auf mich verlassen kann.«
    Yupan übersetzte die Worte und der kleine Mann nickte.
    »Allichu ama pitaychu.«
    »Was sagt er?«, fragte Eliza.
    »Er sagt, das Rauchen und jegliches offene Feuer seien in diesen Gebäuden streng verboten«, übersetzte Yupan. »Außerdem ist das Tragen von Schutzkleidung unerlässlich. Viele gefährliche Substanzen befinden sich hier. Ihr müsst euch vorher umziehen.«
    »Das versteht sich von selbst«, sagte Humboldt. »Lassen Sie uns gehen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Mit diesen Worten ging er an den beiden Inka vorbei in das düstere Gebäude.
    Der Forscher war kaum verschwunden, als Oskar sich zu den anderen umwandte. »Und was machen wir solange?«
    »Wir warten«, erwiderte Charlotte. »Da drüben sind ein paar Stufen. Ein wenig Sonne und die Beine ausstrecken täten uns jetzt gut.«
    »Ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte Oskar, »aber ich habe einen Riesenhunger. Ich habe seit gestern Abend nichts Richtiges mehr zwischen die Zähne bekommen. Und dann diese Aufregung vorhin. Ich könnte jetzt einen ganzen Laib Brot verspeisen.«
    Boswell nickte. »Eine großartige Idee. Die Frage ist nur: Wie machen wir uns verständlich?«
    »Ich könnte ja mal mein Glück versuchen«, sagte Charlotte mit Blick auf die Wachen. »Ich bin zwar nicht so gut wie das Linguaphon, aber für eine Essensbestellung reicht es vielleicht gerade noch.«
    »Und wenn du schon mal dabei bist, bestell auch etwas zu trinken«, sagte Eliza. »Ich bin kurz vorm Verdursten.«
    Charlotte winkte einen der Wachposten zu sich, einen kräftigen jungen Mann mit sonnenbrauner Haut, pechschwarzen Zöpfen und anthrazitfarbenen Augen. Misstrauisch näherte er sich. Charlotte suchte kurz nach den richtigen Worten, dann fragte sie mit langsamer Stimme: »Kanchu imallapas mikhunapaq?« Ein Leuchten ging über sein Gesicht. »Ari.« Sie lächelte zurück: »Allichu

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