Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
sich nur einen Spaß mit ihm? Wenn dem so war, dann war es kein guter.
    Kopfschüttelnd und mit glühenden Ohren marschierte er davon. Wie es schien, hatte sie wieder zu alter Form zurückgefunden.
    Er öffnete die Tür und schlüpfte ins Bad.
    Das Licht brannte. Ein Plätschern war zu hören. Es war also doch jemand da. Sei’s drum, er hatte eh nicht vor, sich hier lange aufzuhalten.
    Er umrundete die Toiletten und wollte gerade zu den Duschen gehen, als er bemerkte, dass das hinterste Waschbecken besetzt war.
    Clement stand da und rasierte sich vor dem Spiegel. »Willkommen, mein junger Freund.« Der Elsässer spülte seine Klinge unter dem Wasserhahn ab. »Zurück von deinem Ausflug?«
    Oskar lächelte. Er wollte gerade zu seinem Freund hinübergehen, als sein Blick von einem winzigen Detail angezogen wurde. Der Maschinist hatte seinen linken Handschuh abgelegt. Schwarz wie die Haut einer Mamba lag er auf dem Rand des Waschbeckens. Quer über Clements Handrücken leuchtete unverkennbar eine halbmondförmige Narbe.
    Oskar erstarrte. Er kannte diese Narbe.
    Seine Augen verengten sich. »Hattest du nicht gesagt, du hättest als Heizer eine Brandverletzung davongetragen? Das sieht nicht aus wie eine Brandverletzung.«
    »Tatsächlich?« Clement griff nach seinem Handschuh und streifte ihn über. »Dann muss ich mich wohl vertan haben.«
    Oskar hob den Kopf. Als ihre Blicke sich trafen, leuchtete für einen Moment so etwas wie Bedauern in Clements Augen auf.
    »Hatte mich schon gefragt, wann du es wohl herausbekommen würdest«, sagte er mit seltsam veränderter Stimme. »Bist schließlich ein kluges Kerlchen.«
    Oskar fiel es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.
    »Der Besuch gestern Nacht …«
    »Oh, dann hast du uns also belauscht? Ich wusste, dass es riskant ist, aber es ging nicht anders.«
    »Aber … wieso?«
    Clement zuckte mit den Achseln.
    Oskars Gedanken rasten zeitgleich in verschiedene Richtungen. »Ich dachte, du bist mein Freund.«
    Clement nickte zustimmend. »Ich mag dich. Hätte ich sonst versucht, dich vor den anderen Seeleuten zu schützen?«
    »Aber du hast auch versucht, uns zu töten. In Paris, erinnerst du dich?«
    »Nicht zu vergessen in der Tauchkugel.« Clement wischte sein Rasiermesser ab und steckte es zurück in sein Lederfutteral. »Es ist mein Beruf, verstehst du? Nichts Persönliches.« Der Elsässer griff nach seinem Unterhemd und zog es über.
    Oskar war wie versteinert. »Ihr Name ist gar nicht Clement, stimmt’s? Und Sie stammen auch nicht aus dem Elsass.«
    Der Mann zog sein Oberhemd an und knöpfte es in aller Seelenruhe zu. Er schien überhaupt keine Angst zu haben.
    »In Fachkreisen nennt man mich nur den Norweger. Mein wirklicher Name tut nichts zur Sache. Wenn du magst, kannst du mich weiter Clement nennen, das macht es einfacher. Ich bin so etwas wie ein Auftragsmörder, ein Assassine. Ich töte Menschen für Geld. Mich interessiert nicht, was sie getan haben, oder warum. Ich bekomme einen Auftrag und erledige ihn, so einfach ist das.« Er schloss die Manschettenknöpfe. »Falls es dich tröstet, noch nie habe ich so viel Respekt vor einem Gegner gehabt wie vor euch. Ihr habt euch all meinen Bemühungen widersetzt, euch einen möglichst amüsanten Tod zu bereiten. Und jetzt sieh uns an. Wir sind alle noch am Leben. Gefangene eines wahnsinnigen Herrschers und seiner Armee von Maschinenwesen. Eine sehr unangenehme Situation, für jeden von uns. Falls es dich interessiert: Ich glaube mittlerweile nicht mehr, dass das nur ein Zufall ist. Ich glaube, es war Schicksal, das uns zusammengeführt hat.« Er nahm einen Kamm aus seiner Tasche und zog seinen Scheitel nach.
    »Aber Ihr Aussehen … und Ihr Dialekt.« Oskars Verstand weigerte sich noch immer, die Tatsachen zu akzeptieren.
    »Schauspielkunst, mein Junge. Jahrelanges Training. Du könntest mich in jeder Rolle und auf allen Bühnen der Welt auftreten lassen. Es gehört so wenig dazu, die Leute zu täuschen. Ein bisschen Gummi, ein wenig Schminke, ein paar Barthaare – nichts, was ich dir nicht in kürzester Zeit beibringen könnte. Aber vermutlich reizt dich das gar nicht, habe ich recht?« Er warf Oskar einen schwer zu deutenden Blick zu. »Also?«, fragte er. »Was wirst du jetzt tun?«
    Oskar sagte nichts. Stattdessen drehte er sich um und rannte aus dem Bad.
    Er rannte quer durch die Schlafquartiere der Matrosen, vorbei an der Sitzgruppe mit den Bücherregalen, hin zum Speisezimmer.
    Humboldt und die anderen saßen

Weitere Kostenlose Bücher