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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Feldern getragen wurde. Der Kristall war mit nichts zu vergleichen, was Charlotte früher schon einmal gesehen hatte.
    »Dies ist natürlich nur ein Splitter des ursprünglichen Kristalls«, erläuterte Livanos. »Der Originalstein muss ungleich größer gewesen sein, doch wurde das meiste von ihm während der verheerenden Explosion zerstört. Seit wir vor zehn Jahren unsere Stadt gründeten, suchen wir nach weiteren Bruchstücken, bisher vergebens.«
    »Ein faszinierendes Material«, sagte Humboldt, der mit seiner Nase beinahe an der Scheibe klebte. »Haben Sie ihn schon auf seine Beschaffenheit untersucht?«
    Livanos schüttelte den Kopf. »Wir haben es natürlich probiert, aber das Material ist in höchstem Maße gefährlich. Es ist hart wie Diamant, spröde wie Stahl und schwer wie Blei. Wer immer versuchen sollte, es mit bloßen Händen zu berühren, würde im Bruchteil einer Sekunde zu einer Wolke aus Asche verbrannt.«
    »Böses Licht«, meldete sich eine quäkende Stimme. »Böses fremdes Licht. Wilma will gehen.«
    Livanos blickte auf den Kiwi in Oskars Tasche und hob amüsiert die Brauen. »Das erste Wort, das ich von dir höre. Sehr bemerkenswert, meine Kleine.« Er kraulte ihr über den Kopf. »Scheinbar hat Ihr kleiner Vogel doch noch seine Sprache wiedergefunden. Ich denke, wir werden seinem Wunsch Folge leisten und uns zurückziehen. Daron mag es nicht so gerne, wenn Fremde in ihr Allerheiligstes kommen. Ich will ihre Geduld nicht strapazieren. Wenn Sie erlauben, würde ich mich auf dem Rückweg gerne etwas näher über den kleinen Apparat auf dem Rücken Ihres Vogels unterhalten. Was für eine erstaunliche Erfindung!«

 
49
     
     
    Als sie drei Stunden später in ihren Quartieren eintrafen, fühlte Oskar sich wie gerädert. Er wollte nur noch schnell duschen, dann zu Abend essen und ab ins Bett. Seine Muskeln waren verspannt und sein Nacken schmerzte. Ihm schwirrte der Kopf von den vielen Eindrücken. Wenn er die Augen schloss, sah er Schiffe, Kugeln und Kristalle, die einander umschwärmten wie Wespen ein Wurstbrot.
    Eine schnelle Dusche würde ihm helfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Um diese Zeit gab es auch noch kein Gedränge in den Waschräumen.
    Er schnappte sein Waschzeug und marschierte los. Kurz vor den Duschen lief er Océanne über den Weg.
    Sie hob ihre fein geschwungenen Brauen. »Es gibt gleich etwas zu essen. Wo willst du hin?«
    »Nur eben den Schmutz abwaschen. Ich habe das Gefühl, eine zentimeterdicke Schicht von Salz und Schmierfett mit mir herumzutragen.«
    »Möchtest du, dass ich dich begleite? Ich könnte dir den Rücken abschrubben.« Sie kam bis auf eine Armlänge an ihn heran. Wie immer roch sie leicht nach Rosen. Wie es ihr gelang, unter diesen Umständen immer noch so gut zu riechen, war ihm ein Rätsel. Oskar wurde es schon wieder warm in seinem Pullover und Schweißperlen traten ihm auf die Stirn.
    »Nettes Angebot, aber lieber nicht.« Er versuchte, nach hinten auszuweichen, doch da war die Wand.
    »Warum denn nicht?«
    »Du weißt ja, die Waschräume sind streng nach Geschlechtern getrennt. Wir wollen doch unseren Cagliostro nicht in Alarmbereitschaft versetzen.« Obwohl sein Herz ihm bis zum Hals schlug, versuchte er, möglichst locker zu klingen.
    »Ich bin sicher, unser Gefängniswärter wird mal ein Auge zudrücken«, erwiderte Océanne. »Abgesehen davon braucht er es ja nicht zu erfahren. Ich kann meinen Mund halten.« Sie kam näher. Ihre Lippen waren nur noch wenige Zentimeter von den seinen entfernt. Oskar spürte die Wand in seinem Rücken. Er war fest davon überzeugt, dass sie ihn jetzt küssen würde, doch plötzlich hielt sie inne. Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. »Oskar, Oskar, du bist ja kreidebleich!«
    »Ich … was?«
    »Du wirst doch keine Angst vor mir haben?«
    »Angst, ich?« Mehr brachte er nicht heraus.
    »Du siehst aus wie eine Maus, die gleich von einer Schlange verspeist wird.« Sie lachte. »Keine Angst, ich werde dich nicht zwingen. Es macht doch nur Spaß, wenn beide es wollen, oder?«
    »Wollen? Was denn?«
    »Stell dich nicht dümmer, als du bist. Also, das Angebot steht. Vielleicht änderst du ja irgendwann deine Meinung. Brauchst nur zu fragen.« Sie gab ihm einen Klaps auf den Hintern, dann verschwand sie um die Ecke.
    Oskar stand mit dem Rücken zur Wand, den Kopf erhoben. Er seufzte. Das war knapp gewesen. Großer Gott, dieses Mädchen machte wirklich vor nichts halt. Hatte sie das eben ernst gemeint oder erlaubte sie

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