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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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abgespielt?«
    Nikomedes winkte seinem Kapitän zu. Der Mann erhob sich schwerfällig und schlurfte zu ihnen herüber. Oskar konnte sehen, dass er Schwierigkeiten beim Gehen hatte. Ob als Folge des Unglücks oder weil er einfach alt war, konnte er nicht erkennen. Der Kapitän überflog die Karte, dann tippte er auf eine Insel im Süden.
    Humboldt hob den Kopf. »Santorin?«
    Der Mann nickte. Er fügte noch ein paar Sätze hinzu, doch Oskar verstand nur Bahnhof. Humboldt schien es ähnlich zu gehen. An Charlotte gewandt, sagte er: »Wärst du so gut, uns das Linguaphon zu holen? Du weißt ja, wo du es findest.«
    »In der Vitrine im Keller. Klar, ich hole es. Bin gleich wieder da.« Mit diesen Worten eilte sie davon.
    »Linguaphon?« Nikomedes sah den Forscher verwirrt an.
    »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gerne das leidige Sprachproblem lösen«, sagte Humboldt. »Mein Griechisch ist leider nicht gut genug, aber es gibt Dinge, die ich gern persönlich aus dem Mund Ihres Mannes hören würde. Ich besitze einen kleinen Apparat, der die Übersetzung für uns erledigt. Wenn Sie einen Moment Geduld haben, meine Nichte holt ihn gerade.«
    Während Eliza dem Kapitän noch ein Glas Branntwein einschenkte, deutete Oskar auf die Karte. »Die Insel hat eine seltsame Form«, sagte er, während er mit dem Finger an der Küstenlinie entlangfuhr. »Die zwei Inseln sehen aus, als hätten sie ursprünglich zusammengehört.«
    »Das stimmt«, erwiderte Nikomedes. »Santorin war ursprünglich eine einzige große Insel. Bei einem Vulkanausbruch um das Jahr 1600 vor Christus wurde sie buchstäblich in der Mitte auseinandergerissen. Es wird spekuliert, dass die Explosion eine Flutwelle ausgelöst hat, die im ganzen Mittelmeerraum spürbar war und im Norden Kretas für verheerende Verwüstungen gesorgt hat. Der Überlieferung zufolge soll sie der Grund für den Untergang der minoischen Kultur gewesen sein.«
    Oskar wurde hellhörig. »Minoische Kultur? Hat das etwas mit dem Palast des Minos zu tun?«
    »Ah, ein Freund alter Sagen.« Nikomedes lächelte. »Ganz recht, den Palast gab es wirklich. Eine prächtige Anlage von beeindruckenden Ausmaßen. Die Grundmauern sind heute noch erhalten.«
    »Und das Labyrinth? Theseus und der Faden der Ariadne? Der Minotaurus? Hat es den auch gegeben?«
    Nikomedes lächelte. »Ob es ein Wesen halb Mensch, halb Stier tatsächlich gegeben hat, wage ich zu bezweifeln, aber das Labyrinth ist Realität. Es liegt rund 30 Kilometer südwestlich des Palastes in den Bergen, nahe der Stadt Gortyn. Ein Höhlensystem, dessen zweieinhalb Kilometer lange, geschwungene Gänge in unregelmäßigen Winkeln aufeinanderstoßen und vielerorts in Sackgassen enden. Es ist stockdunkel darin und so unübersichtlich, dass man sich sehr leicht verirren kann.«
    Oskar ließ sich zurücksinken. Er hatte das alles immer als Märchen abgetan.
    »Woher weißt du denn von König Minos?« Humboldt warf ihm einen skeptischen Seitenblick zu.
    »Die Sagen des klassischen Altertums von Gustav Schwab«, murmelte Oskar. »Ich habe es in Ihrer Bibliothek gefunden. Das einzige Buch, in dem auch mal gekämpft wird. Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, dass ich es mir ausgeliehen habe.«
    Humboldt klopfte dem Jungen auf die Schulter. »Wenn das der Weg ist, dir ein wenig klassische Bildung angedeihen zu lassen, soll es mir recht sein. Lies es ruhig weiter. Aber bitte geh sorgsam damit um, es ist eine Erstausgabe.«
    »Versprochen.« Oskar senkte schuldbewusst den Kopf.
    In diesem Augenblick kam Charlotte zurück. In ihren Händen hielt sie einen kleinen mechanischen Kasten, an dessen Vorderseite ein Sprachrohr und eine Vielzahl leuchtender Knöpfe angebracht war. Das Linguaphon.
    Humboldt nahm ihr den Kasten ab und forderte den Kapitän auf, die Lederschlaufe um seinen Hals zu hängen. Er steckte zwei Knöpfe in die Ohren des Mannes und brachte seinen Mund an das Sprachrohr. Vogiatzis hob besorgt die Augenbrauen, doch nachdem Nikomedes ein paar Worte mit ihm gewechselt hatte, beruhigte er sich. Humboldt prüfte den Sitz des Gerätes, dann schaltete er es ein. Ein leises Pfeifen erklang. Der Kapitän zuckte zusammen. »Nur keine Sorge«, sagte Humboldt. »Ich muss den Apparat nur schnell kalibrieren. Wären Sie so freundlich, kurz von eins bis zehn zu zählen?«
    »Èna, dhio, tria …«
    Humboldt blickte auf die schmale Leuchtanzeige, dann nickte er. »Perfekt«, sagte er. »Jetzt müssten Sie mich eigentlich verstehen.«
    Die Augenbrauen des

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