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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Das grünliche Licht beleuchtete einen Schwarm Fische, der die Calypso umschwärmte. Schäumend und gluckernd versank die Nautilus in der Tiefe. Nur wenige Augenblicke später war von dem Licht nichts mehr zu sehen.
    »Bon«, sagte der Kranführer zum Norweger. »Das Päckchen ist unterwegs. Von jetzt an wird zwar alles automatisch gesteuert, aber ich muss trotzdem hierbleiben und alles überwachen.«
    »Wenn du nichts dagegen hast, leiste ich dir ein wenig Gesellschaft.« Der Norweger zog eine Schachtel Zigaretten heraus und bot dem Kranführer eine an. Dann steckte er sich selbst eine in den Mund, ließ sein Feuerzeug aufflammen und blies den Rauch in die Luft.
    Zehn Minuten später verließen die schwarze Frau und das Mädchen das Deck. Für einen kurzen Moment hatte der Norweger das Gefühl, die dunkelhäutige Frau würde ihm einen misstrauischen Blick zuwerfen. Er lächelte freundlich und lupfte seine Mütze, doch sie ging nur schweigend an ihm vorbei und verschwand mit dem Mädchen unter Deck.
    »Unfreundliche Bande«, grummelte der Kranführer.
    »Ach, lass gut sein«, sagte der Norweger. »Vermutlich ist sie in Sorge. Ich kann’s ihr nachfühlen. Tauchen, in so einer rabenschwarzen Nacht, das wäre auch nicht meins.«
    »Solange ich an den Kontrollen sitze, kann nichts passieren.« Der Kranführer zog an seiner Zigarette. »Ob tags oder nachts, François sorgt dafür, dass alle wieder heil an die Wasseroberfläche gelangen.«
    »Dein Wort in Gottes Gehörgang«, sagte der Norweger. Er vergewisserte sich, dass niemand ihn beobachtete, dann zog er einen der Giftpfeile aus seinem Holster und stieß ihn dem Provenzalen in die Seite. Der dicke Mann gab ein Grunzen von sich, dann blickte er ungläubig an sich herunter. »Was zum …?«
    »Nur die Ruhe«, zischte der Norweger. »Ich habe dir nur ein kleines Muskelrelaxans gespritzt. Du dürftest kaum etwas spüren.«
    Der Mund des Kranführers klappte auf und zu, es kam aber kein Ton heraus.
    »Bemüh dich nicht«, sagte der Norweger. »Die Stimmbänder sind immer zuerst betroffen. Du wirst jetzt sehr schnell müde werden und Mühe haben, deine Augen aufzuhalten. In etwa einer halben Stunde wirst du in einen langen – um nicht zu sagen ewigen – Schlaf fallen. Du wirst nach vorne sacken und gegen den Auslöser der Halteklammer kippen. Die Klammer wird sich öffnen und die Kugel wird ihren langen Weg zum Meeresgrund antreten. Alles verstanden?« Der Provenzale zuckte mit den Augenlidern. Man sah ihm an, dass er mit aller Mühe versuchte aufzustehen. Doch das Gift hatte sämtliche Muskeln in seinem Körper lahmgelegt.
    Versonnen blickte der Norweger in den sternenübersäten Himmel, dann gab er dem Kranführer einen Klaps und begab sich zu den anderen Seeleuten auf einen Ouzo und ein Kartenspiel.

 
28
     
     
    Eine halbe Stunde später – sie waren gerade auf fünfundfünfzig Meter Tiefe angelangt – hallte ein metallischer Schlag durch die Kugel. Oskar spürte einen Ruck, dicht gefolgt von einem zweiten. »Was war denn das?«, fragte er besorgt. »Fühlte sich an, als wären wir von etwas gerammt worden.«
    Humboldt wandte sich an den Schiffsbaumeister. »Schwierigkeiten, Hippolyte?«
    »Ich weiß nicht.« Auf der Stirn des Konstrukteurs hatten sich zwei tiefe Falten gebildet. Er zog an verschiedenen Hebeln, doch das Ruckeln hörte nicht auf. »Die Kontrollen sprechen nicht mehr an. Ich habe keine Ahnung, was da oben los ist.« Er aktivierte den Fernsprecher. »François, qu’est-ce qui s’est passé?«
    Aus dem Lautsprecher kam nur ein Rauschen.
    »François!«
    Statt einer Antwort rumpelte es erneut, diesmal heftiger. Die Kugel bockte wie ein junges Pferd. Rimbault presste die Lippen aufeinander. »Da stimmt etwas nicht. Océanne, setz dich auf deinen Platz und schnall dich an!«
    »Aber Papa …«
    »Tu, was ich dir sage!«
    Brummelnd setzte sich das Mädchen hin. Sie hatte gerade den Gurt festgezogen, als ein weiterer Schlag die Kugel erschütterte. Mächtiger als alle zuvor. Der Innenraum kippte. Bücher, Messinstrumente und andere Gegenstände flogen aus den Wandhalterungen und landeten scheppernd auf dem Gitterrost.
    »Mon dieu!« Rimbault gelang es gerade noch, sich an einem Haltegriff festzuhalten, als um sie herum die Hölle losbrach. Eiskaltes Wasser schoss aus der Decke und zerstob über ihren Köpfen. Oskar schmeckte Salz auf den Lippen. Ein ohrenbetäubendes Zischen erklang, während ein Druck wie von tausend Stahlpressen auf seinen Ohren lag.

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