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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Körper des Kranführers. Seine Augen waren weit aufgerissen und seine Haut wies eine ungesunde Färbung auf.
    An seiner Seite stand der Schiffsarzt und fühlte seinen Puls. Nach einer Weile nahm er sein Stethoskop ab und zuckte die Schultern.
    »Il est mort«, sagte er. »Infarctus du myocarde.«
    Charlotte hielt den Atem an. Der Mann war tot. Herzinfarkt.
    Eliza wechselte ein paar Worte mit dem Kapitän, doch dieser schüttelte nur betroffen den Kopf.
    Eliza presste ihre Hand auf die Brust.
    »Was ist denn los?«, fragte Charlotte. »Wo ist die Nautilus?«
    »Die Halteklammer hat sich geöffnet.« Die Stimme der Haushälterin war kaum mehr als ein Schluchzen.
    »Was heißt das? Wo ist sie?« Charlotte blickte nach oben. Das Stahlseil, an dem die Tauchkugel gehangen hatte, baumelte wie ein nasses Tau vom Ausleger herab. Luft- und Stromkabel waren abgerissen. Die eiserne Klammer, unter der das pechschwarze Meer gluckerte, wirkte wie der weit geöffnete Rachen eines Krokodils. Charlotte brauchte eine Weile, um zu begreifen, was geschehen war.
    Das Entsetzen umschloss ihr Herz wie eine kalte Faust. »Das kann nicht sein«, flüsterte sie. »Das ist unmöglich.«
    »Leider nicht, meine Liebe.«
    »Aber so einfach geht das nicht. Es müssen doch Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden sein.«
    »Ja«, sagte Eliza schwach. »Hebel, Knöpfe, Schalter. Der Kapitän sagt, es ist ein Rätsel, wie das geschehen konnte. Er sagt, es muss vor etwa einer halben Stunde passiert sein. Niemand hat etwas gesehen oder gehört. Es gab einen gewaltigen Schlag und dann hat die Alarmglocke geläutet. Die Männer, die Dienst hatten, liefen nach oben und fanden François vornübergebeugt an den Konsolen. Zuerst dachten sie, er würde schlafen, bis sie feststellten, dass er nicht mehr atmete. Das Seil war aufgewickelt und die Nautilus nicht mehr da.«
    »Kann es sein, dass sie hier irgendwo herumschwimmt? Ich meine, es ist doch immerhin ein Hohlkörper.«
    »Die Nautilus wiegt mehrere Tonnen. Laut Aussage des Kapitäns ist sie sofort gesunken. Oh, mein liebes Kind.« Eliza legte ihre Arme um sie und presste den Kopf des Mädchens an ihre Schulter.
    Doch so schnell wollte Charlotte sich nicht geschlagen geben. Sie drückte Eliza weg. »Wir müssen sie irgendwie wieder heraufholen«, sagte sie mit Bestimmtheit. »Wenn die Ventile standgehalten haben, besteht eine gute Chance, dass sie mehrere Stunden überleben. Wie lange reicht ihr Sauerstoffvorrat? Wie tief liegen sie?«
    Eliza zuckte die Schultern.
    »Dann frag ihn.« Sie deutete auf den Kapitän.
    »Das habe ich schon längst getan«, sagte Eliza. »Er meint, es gibt keine Möglichkeit, die Nautilus wieder heraufzuholen. Sie ist verloren.«
    Charlottes Kopf fuhr herum. »Was? Aber das kann doch nicht sein. Wie tief ist das Wasser hier? Hat er auf dem Sonar nachgesehen?«
    »Selbst wenn wir wüssten, wo sie liegt – das Tau ist zu kurz!«, erwiderte Eliza. »Es ist nur etwa hundert Meter lang, die Tauchkugel liegt aber viel tiefer. Wie tief genau, das wissen wir nicht. Der Messfühler des Sonars war ebenfalls an Bord der Nautilus und wurde mit abgerissen. Wir können uns nur auf die Messungen berufen, die gestern hier gemacht wurden. Demnach beträgt die Durchschnittstiefe zwei- bis dreihundert Meter. Kein Mensch kann das überleben.« Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge.
    Charlotte schüttelte den Kopf. »Aber wir müssen irgendetwas tun! Wir können unsere Freunde doch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen!«
    »Der Kapitän hat entschieden, die Calypso zu wenden und Richtung Athen zu fahren«, sagte Eliza. »Er sagt, er muss der griechischen Küstenwache Bescheid geben und sie von dem Vorfall in Kenntnis setzen.« Sie legte Charlotte die Hand auf die Schulter. »Alles, was wir jetzt noch tun können, ist beten.«
     

     
    Die Lecks waren abgedichtet und der Wassereinbruch gestoppt. Alle Dichtungen waren abgetastet und jeder Quadratzentimeter untersucht worden. Wie es schien, hatten sich keine weiteren Risse oder Einbrüche gebildet. Die Kugel hielt. Vorerst.
    Oskar zitterte wie Espenlaub. Die Arme um sich geschlungen, versuchte er, seine Haut warm zu rubbeln, doch es funktionierte nicht. Die Temperatur hier unten betrug nur wenige Grad über null und ihre Kleidung war klatschnass. Das Metall schwitzte Kälte aus. Jede Fuge, jede Pore, jede Naht war mit Kondenswasser überzogen. Abgeschnitten von der Welt, einhundertdreißig Meter unter dem Meeresspiegel und in stockfinsterer

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