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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Lampen erloschen und tauchten die Welt in dämmeriges Zwielicht. Oskar wurde aus seinem Sitz gehoben und wäre sicher quer durch die Kugel gesegelt, wäre er nicht angeschnallt gewesen. Doch auch so war die Erfahrung unangenehm genug. Nur am Hüftgurt hängend, versuchte er, irgendwo Halt zu finden. Der Raum drehte sich, taumelte, kippte von einer Seite zur anderen, nur um im nächsten Moment wieder in seine ursprüngliche Lage zurückzufallen. Immer mehr Wasser schoss durch die Öffnung an der Decke. Die eiskalten Fluten bedeckten den Boden und stiegen unaufhaltsam in die Höhe. Schon hatte das Wasser seine Füße erreicht. Draußen gurgelten und strudelten die schwarzen Fluten an ihnen vorbei.
    Rimbault, der sich an einer der Wandhalterungen festgeklammert hatte, ergriff die Einstiegsleiter und kletterte wie ein Eichhörnchen daran hoch.
    »Was tust du, Vater?« Océanne schrie mit Leibeskräften gegen das ohrenbetäubende Rauschen an, doch ihre Stimme klang dünn und schwach.
    »Wir stürzen ab. Ich muss das Ventil schließen oder wir ersaufen wie die Ratten.«
    »Warte, ich helfe dir.«
    »Bleib, wo du bist!«
    Ohne auf ihn zu achten, löste Océanne ihren Gurt. Sie ergriff die Leiter und kletterte hinter ihrem Vater her. »Allein wirst du es nicht schaffen. Das Ventil sitzt viel zu fest.« Sie hastete weiter, zog einen schweren Schraubschlüssel aus ihrem Werkzeuggürtel und verkeilte ihn in einem Eisenrad in der Decke. »Los, pack mit an! Wir benutzen den Schlüssel als Hebel. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir es schaffen.« Gemeinsam an der Stahlstange zerrend, gelang es den beiden, das Leck in der Dachkuppel zu schließen. Nach drei Umdrehungen begann der eiskalte Strahl kleiner zu werden, auf ein tröpfelndes Rinnsal zu schrumpfen und schließlich ganz zu versiegen. In der Kugel stand knöcheltief das Wasser. Oskar schnallte sich ab und half den beiden herunter. Allesamt waren sie nass bis auf die Knochen. Fröstelnd und zitternd reichte er Océanne die Hand. »Was ist denn bloß los? Wo kam denn auf einmal das Wasser her? Was war das für ein Leck?«
    »Die Versorgungskabel sind abgerissen«, erklärte ihm das Mädchen. »Luft, Elektrizität, alles, was wir zum Leben brauchen, kam durch diese Leitung.«
    »Und wieso haben wir dann immer noch Licht?«
    »Für Notfälle haben wir eine Batterie an Bord. Die wird aber nicht lange halten. Wir müssen schnellstens herausfinden, was geschehen ist, und es in Ordnung bringen!«
    Rimbault war bereits zu den Messinstrumenten geeilt. Das spärliche Haar klebte in dunklen Strähnen an seinem Kopf. Seine Brille war mit Wassertropfen übersät. »Grundgütiger, wir sinken!«, stellte er entsetzt fest. »Wir sind schon auf unter siebzig Meter und es geht immer noch hinab.«
    »Sinkrate?«, rief Humboldt.
    »Eins Komma sieben Meter pro Sekunde und wir werden nicht langsamer.«
    »Wie tief ist der Meeresgrund an dieser Stelle?« Humboldt hatte seinen Gurt gelöst.
    »Keine Ahnung. Zweihundert Meter, vielleicht dreihundert. Das Sonar war an dieser Stelle sehr ungenau.«
    »Verdammt!«
    Oskar blickte ängstlich zwischen den beiden Gelehrten hin und her. »Was soll das heißen? Wie können wir sinken? Ist das Kabel gerissen?«
    »Ausgeschlossen«, entgegnete Rimbault. »Das Stahlseil verfügt über eine Tragkraft von fünfzehn Tonnen.«
    »Aber was ist dann passiert?« Oskar geriet in Panik. Es war eiskalt hier unten und der Druck schien seine Ohren zu sprengen.
    »Wir haben keine Zeit, uns jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen«, schnappte Rimbault zurück. »Vielleicht ist versehentlich der Greifhaken gelöst worden, obwohl das eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist. Dazu müssen Knöpfe gedrückt und Hebel bedient werden.«
    »Vielleicht war es auch gar kein Unfall.« Der Mund des Forschers war kaum mehr als ein schmaler Strich. Das blasse Licht der Notlampe ließ seine Gesichtskonturen unnatürlich scharf hervortreten.
    »Kein Unfall? Was meinen Sie damit?«
    Humboldt warf dem Schiffsbaumeister einen scharfen Blick zu. »Erinnern Sie sich, was ich Ihnen über die Anschläge in Athen und Paris erzählt habe? Der Fremde mit dem Automobil?«
    »Ein Attentat?« Rimbaults Augen drückten Unglauben aus. »Das wäre ja … aber wie sollte er unerkannt an Bord gelangt sein?« Er schüttelte den Kopf. »Sie müssen sich irren.«
    »Ist doch jetzt auch völlig egal«, fuhr Océanne dazwischen. »Wir haben im Moment andere Probleme. Die Kugel sinkt und es gibt nichts, was wir

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