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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Schwesterntracht erschien. Als sie Oskar sah, verschwand sie wieder.
    Keine zwei Minuten später ging die Tür erneut auf. Humboldt, Charlotte und Eliza standen am Eingang. Charlotte trug Wilma auf dem Arm. »Dürfen wir hereinkommen?«
    Noch ehe Oskar antworten konnte, sprang der Vogel von Charlottes Arm, rannte durchs Zimmer und auf sein Bett. Oskar musste grinsen. »Da scheint aber jemand Sehnsucht zu haben«, sagte der Forscher.
    »Oskar aufgewacht«, quäkte es aus Wilmas Lautsprecher.
    »Ja, ich bin wieder aufgewacht.« Er kraulte seiner kleinen Freundin den Kopf. »Ich freue mich so, euch alle wiederzusehen.«
    »Raus aus dem Nest!« Wilma versuchte das Mückennetz mit dem Schnabel beiseitezuziehen.
    »Sachte, sachte.« Humboldts Mund war zu einem breiten Grinsen verzogen. »Noch sind wir nicht so weit. Ehe wir unseren Patienten aus dem Bett scheuchen, wollen wir erst mal feststellen, ob es ihm wieder gut geht.« Er setzte sich auf den Rand des Bettes. »Wie fühlst du dich, mein Junge?«
    »Gut. Etwas schwindelig, aber sonst ist alles bestens.«
    Humboldt zögerte einen Moment, dann kam er noch näher und nahm Oskar in den Arm. In seinen Augenwinkeln glitzerten Tränen. Es war das erste Mal, dass Oskar den Forscher so gerührt sah. Es war ihm fast schon ein bisschen peinlich.
    »Wir haben schon Sorgen gehabt, du würdest nie wieder aufwachen. Du warst völlig weggetreten.«
    Oskar hob die Brauen. »Wie lange habe ich denn geschlafen?«
    »Zwei Tage und zwei Nächte. Wir haben versucht, dich zu wecken, aber vergebens.«
    »Zwei Tage?« Oskar konnte es nicht fassen. So lange hatte er noch nie geschlafen. »Was ist geschehen? Ich weiß noch, wie ich von dem Berg runtergestiegen und dem Rauch gefolgt bin. Dann fangen die Dinge an zu verschwimmen.«
    »Kannst du dich an irgendwas erinnern?«, fragte Eliza.
    Oskar kramte in seinen Gedanken, aber es fiel ihm schwer. Es war, als wäre da eine Tür, die sich nicht öffnen ließ.
    »Ich glaube, ich bin irgendwelchen Hunden begegnet«, sagte er. »Aber beschwören kann ich das nicht. Außerdem meine ich eine Stimme gehört zu haben. Es war, als würde sie direkt in meinem Kopf entstehen. So wie die von Eliza, nur völlig anders.«
    »Ich glaube, du warst verwirrt«, sagte Humboldt. »Ich fand dich etwa eine Stunde von unserem Unterschlupf entfernt. Du warst völlig dehydriert. Nicht viel länger und du wärst verdurstet. Ich hatte zum Glück Wasser dabei. Ich habe dich huckepack genommen und zurückgetragen.«
    »Und dann den ganzen Weg bis hierher geschleppt«, ergänzte Eliza. »Mitten durch die Savanne. Achtzehn Stunden, und das während der größten Hitze.«
    »Du bist verdammt schwer, weißt du das?« Der Forscher grinste. »Ich spüre jeden Muskel. Elizas Essen scheint dir viel zu gut zu bekommen.«
    Oskar schaute auf seinen Vater und lächelte. Eine Woge von Zuneigung und Dankbarkeit durchströmte ihn. Dieser Mann hatte sein Leben aufs Spiel gesetzt, um ihn zu retten. Hätte er das getan, wenn ihm nichts an ihm liegen würde? Wohl kaum. Vielleicht hatte Oskar ihn doch falsch eingeschätzt. Vielleicht brauchten sie beide einfach nur Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen.
    »Wo sind wir denn?«, fragte Oskar. »Als ich all die Heiligen gesehen habe, dachte ich, ich sei im Himmel.«
    »Womit du gar nicht so falsch liegst«, lachte der Forscher. »Aber das solltest du selbst sehen. Wie sieht’s aus: Kannst du aufstehen?«
    Oskar nickte. »Ich fühle mich wie neugeboren und einen Riesenhunger habe ich auch.«
    »Na, dann solltest du tun, was Wilma dir geraten hat: Raus aus dem Nest und anziehen! Deine Sachen liegen bereit, wir warten draußen auf dich.«
    Als seine Freunde das Zimmer verlassen hatten, stand Oskar auf und zog sich an. Dann ging er zur Tür und öffnete sie.
    Vor ihm lag eine Ansammlung kleiner weißer Holzhäuser, die einen schön gepflegten Garten umrahmten. Der Duft von Rosen und Thymian umwehte seine Nase. Akazien mit schirmartigen Kronen spendeten sanften Schatten und luden dazu ein, auf den Holzbänken rechts und links des Kieswegs zu verweilen. Hinter den Häusern war eine weiße Kirchturmspitze zu sehen. Dahinter erhob sich die mächtige Felswand eines Tafelbergs.
    »Wo sind wir hier?«, murmelte er. »Das sieht ja aus wie ein Kloster.«
    Humboldt nickte. »Bellheim erwähnte diese Missionsstation in seinem Tagebuch. Sie liegt gut versteckt zu Füßen des Tafelbergs und ist viel größer, als ich je vermutet hätte. Ich war selbst überrascht,

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