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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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blieb haften. »Das ist wirklich bemerkenswert«, sagte Lilienkron.
    »Nicht wahr? Und deswegen denke ich, dass ich es schaffen könnte.«
    »Bist du wirklich sicher, dass du das tun willst?«, fragte Humboldt. »Selbst mit dieser Ausrüstung dürfte es nicht einfach werden. Ganz zu schweigen von der Frage, was du zu tun gedenkst, wenn du Lena gefunden hast.«
    »Das werde ich entscheiden, wenn es so weit ist«, sagte Oskar. »Je nachdem, wie schwierig der Aufstieg ist, müssen wir eine andere Route nehmen. Ich werde ein Seil und eine Lampe mitnehmen. Vielleicht noch etwas zu trinken. Das passt alles gut in meinen Rucksack. Und keine Sorge. Ich bin mein halbes Leben auf irgendwelchen Häusern herumgeklettert. Wenn ihr solange etwas Sinnvolles tun wollt, überlegt euch schon mal einen Fluchtplan. Könnte sein, dass wir in ziemlicher Eile sind, wenn wir zurückkommen.«
    Humboldt und Lilienkron verabschiedeten Oskar mit einem Handschlag, Eliza nahm ihn in den Arm und Charlotte hauchte ihm sogar einen Kuss auf die Wange. »Bring sie wohlbehalten zu uns zurück, in Ordnung? Und pass auch gut auf dich auf.« Sie zögerte kurz, dann sagte sie: »Ich liebe dich.«
    »Ich weiß.«
    Mit diesen Worten wandte er sich um und lief los.
     

     
    Oskar wollte nicht, dass die anderen merkten, wie aufgeregt er war. Er hatte ein ziemlich mulmiges Gefühl bei der Sache. Der Chamäleonanzug hatte ihm bis jetzt gute Dienste geleistet, aber würde er damit klettern können, so wie der greise Inkafürst ihm versprochen hatte? Doch für Umkehr war es jetzt zu spät. Er rannte in geduckter Haltung die Felswand entlang und auf die Festung zu.
    Nach etwa dreihundert Metern blieb er stehen. Hier war eine gute Stelle für den Aufstieg. Er nahm noch einen letzten Schluck Wasser, dann prüfte er, ob alles gut verzurrt war. Der Augenblick der Wahrheit war gekommen.
    Die Handschuhe waren unerhört griffig und schienen sich wie von selbst in dem rauen Gestein zu verkeilen. Mit den Füßen suchte er einen festen Tritt, ehe er mit den Armen weiter nach oben griff. Zwischen den schlecht verfugten Mauersteinen klafften zentimeterbreite Fugen, in die man problemlos hineingreifen konnte. Aus seiner Erfahrung als Dieb über den Dächern Berlins wusste er, wie wichtig es war, einen guten Halt zu haben. Niemals durften weniger als drei Gliedmaßen die Wand berühren. Also entweder hatte man mit zwei Füßen und einer Hand Kontakt oder mit zwei Händen plus einem Fuß.
    Wie ein Gecko kletterte Oskar die steile Mauer hinauf. Es gab etliche Vorsprünge und Überhänge, die das Klettern erschwerten, aber im Großen und Ganzen war die Fassade gut zu bewältigen. An einigen Stellen war das Gestein alt und bröckelig. Hier ging er besonders langsam und vorsichtig zu Werke.
    Ein paar Minuten später hatte er das Dach des ersten Turmes erreicht.
    Ein Blick nach unten sagte ihm, dass er etwa zwanzig Meter über dem Erdboden war. Nicht weit entfernt bewachten einige Soldaten mit ihren Riesenechsen den Turm. Sie schenkten ihm keinerlei Beachtung. Weiter drüben bei den Felsvorsprüngen glaubte er seine Freunde zu erkennen, auch wenn er sich das bei den schlechten Lichtverhältnissen nur einbilden konnte.
    Er konzentrierte sich wieder auf die vor ihm liegende Aufgabe, denn jetzt kam der schwierige Teil.
    Der Abstand vom Dach des Turms bis zum Sims betrug etwa zehn Meter. Von dem bisher zurückgelegten Teil unterschied er sich dadurch, dass es deutlich weniger Ritzen und Vorsprünge gab. Die Steine waren enger verfugt und der Fels glatter. Dank seiner Handschuhe hatte er zwar immer noch Halt, aber er spürte, dass das Material an seine Grenzen gelangte.
    Nur nicht nach unten schauen, ermahnte er sich. Die Tiefe war schwindelerregend. Ein falscher Griff, ein einziger Fehltritt und er würde stürzen. Also Augen nach oben und jeden Griff zweimal überdenken.
    Langsam wie ein Faultier zog er sich Stück für Stück hinauf. Er keuchte und schnaufte. Seine Hände fingen an feucht zu werden. Zum Glück waren die Lederschlaufen der Handschuhe eng um seine Handgelenke gewickelt, sonst wäre er herausgerutscht.
    Verbissen kämpfte er weiter. Der Sims war nur noch drei Meter entfernt. Er musste ihn erreichen, koste es, was es wolle.
    Er spürte, wie seine Muskeln schlaff wurden. Jegliche Energie war aus seinen Armen gewichen. Seine Fingerspitzen waren taub, seine Arme und Beine nicht länger Teil seines Körpers.
    Als er schon davon überzeugt war, dass er sich nicht länger würde

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