Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels
Öl mit einem Lappen entfernt werden. Doch die Pachacútec schien das letzte Jahr gut überstanden zu haben und schnurrte wie eine Katze.
Oskar war froh, die frische Luft zu atmen und den Wind in seinem Gesicht zu spüren. Endlich waren sie wieder unterwegs.
In den letzten Tagen war er sich vorgekommen wie in einem Hundezwinger. Vor allem wegen Lena, die es geradezu als Sport zu betrachten schien, ihm an allen möglichen und unmöglichen Orten aufzulauern. Ein paar Tage zuvor war sie sogar rein zufällig ins Badezimmer gekommen, während er gerade in der Wanne saß. Und dann war sie, anstatt zu gehen, einfach in der Tür stehen geblieben und hatte ihn in ein Gespräch verwickelt. Als ob die peinliche Begegnung neulich mit Charlotte nicht schon gereicht hätte.
Irgendwann war er dazu übergegangen, sein Zimmer nur noch zu verlassen, wenn er sicher sein konnte, dass sie nicht im Haus war. Wie gut, dass er sie nun für eine Weile los war. Das Abenteuer hatte begonnen und das bedeutete, dass er den Kopf freihatte für wichtigere Dinge. Doch es war seltsam: Jetzt, wo endlich Ruhe eingekehrt war, tat es ihm schon fast wieder ein bisschen leid.
Lena hatte sich nicht blicken lassen, nicht mal, um ihnen beim Abflug Lebewohl zu sagen. Hoffentlich war sie nicht allzu beleidigt. Er wusste, wie nachtragend sie sein konnte. Aber ihre Verliebtheit war nur eine fixe Idee, nichts weiter. Eine jugendliche Schwärmerei. Bis sie heimkamen, hatte sie bestimmt schon ein neues Opfer gefunden.
Hoffte er wenigstens.
Professor Lilienkron verfolgte den Start der Pachacútec vom sicheren Achterdeck aus. Der seltsame Gelehrte hatte sich während der vergangenen Tage sehr rar gemacht. Er war nur erschienen, um seine Sachen an Bord des Schiffes zu laden, und hatte kaum ein Wort mit ihnen geredet.
Nun stand er da, verfolgte das Startmanöver mit skeptischem Blick und machte dabei ein Gesicht, als würde er damit rechnen, dass das Luftschiff jeden Moment in Flammen aufging.
Überraschenderweise war er in Begleitung von Wilma. Der kleine Vogel schien den Gelehrten ins Herz geschlossen zu haben, auch wenn Oskar nicht verstand, wieso. Der Kerl war spröde, muffelig und gereizt. Niemand, mit dem man länger zusammen sein wollte.
Charlotte war unauffällig zu ihm gekommen und blickte nun ebenfalls zu den beiden hinüber. »Eigenartig, nicht wahr? Ich habe das Gefühl, Wilma mag ihn.«
Oskar wischte seine Hände an dem öligen Lappen ab. »Ich kann nur nicht verstehen, wieso.«
»Wenn du mich fragst, es ist Liebe.«
»Liebe? Ich bitte dich …«
»Ich bin mir ziemlich sicher«, sagte Charlotte. »Und zwar unerwiderte Liebe. Tragisch so was. Aber davon hört man in letzter Zeit ja öfters.«
Oskar sah Charlotte von der Seite an. »Wenn das eine Anspielung auf die Sache mit Lena sein soll«, sagte er. »Es war nur eine dumme Verwechslung. Es ist nicht das Geringste passiert, das schwöre ich.«
»Du musst doch nicht schwören«, sagte sie mit einem amüsierten Augenaufschlag. »Außerdem geht es mich nichts an, was zwischen dir und Lena ist.«
»Aber da ist nichts, das sage ich doch die ganze Zeit. Und dass sie mit aufs Schiff wollte, dafür kann ich nun wirklich nichts. Aber ich finde, ich habe die Sache gut abgebogen, oder?«
»Sie ist jetzt bestimmt stinkwütend auf dich.«
»Vermutlich«, sagte Oskar. »Aber das ist mir egal. Sie muss lernen, damit zu leben, dass es Dinge gibt, die sie nicht haben kann.« Ist das so, meldete sich eine kleine Stimme in seinem Kopf. Du hast ihre Aufmerksamkeit doch genossen. Sei wenigstens so ehrlich zu dir selbst, wenn du Charlotte schon belügst.
Charlotte schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Lena ist eine junge, hübsche Frau geworden. Und sie mag dich. Würde mich nicht wundern, wenn sie dir ebenfalls gefiele.«
Oskar ergriff ihre Hand. Sie war immer noch voller Öl, aber das schien Charlotte nichts auszumachen. »Ich will Lena aber nicht. Ich möchte mit dir zusammen sein.«
»Ehrlich?«
»Ganz ehrlich. Das schwöre ich.«
An deiner Stelle wäre ich vorsichtig mit solchen Schwüren. Könnte leicht sein, dass du dich um Kopf und Kragen redest.
»Sei still«, zischte Oskar.
»Was hast du gesagt?«
»Hm?« Oskar spürte, wie er rot anlief. »Ach nichts. Ich habe bloß geflucht, weil ich dich ganz dreckig gemacht habe.«
»Ach so.« Sie versank eine Weile ins Grübeln, dann sagte sie: »Ist doch komisch. Manchmal habe ich das Gefühl, als habe sich alles gegen uns verschworen. Immer wenn man
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