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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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jeder Handgriff sitzen musste.
    Oskar stand mit Charlotte vorne an der Winde und wartete auf das Signal, den Anker runterzulassen. Unzählige Menschen hatten sich versammelt, um dem spektakulären Schauspiel beizuwohnen. Oskar war sicher, dass keiner von ihnen je zuvor ein Luftschiff gesehen hatte.
    »Vorsichtig«, rief Humboldt. »Nur noch ein paar Meter.« Die Motoren brummten laut auf, als der Forscher die Gondeln in die entgegengesetzte Richtung schwenkte und die Fahrt der Pachacútec bremste. Geschickt steuerte er das Schiff, bis es punktgenau über der Anlegestelle war. Dann hob er die Hand. »Alles in Ordnung. Ihr könnt den Anker jetzt runterlassen. Aber langsam, wenn ich bitten darf.«
    Oskar entriegelte die Winde und Charlotte betätigte den Schalter, der den Motor für die Trommel in Gang setzte. Mit klirrendem Geräusch rutschte der Anker aus seiner Halterung und sank an einem starken Seil zu Boden.
    »Ganz langsam. Noch etwa fünf Meter.«
    Oskar verfolgte das Anlegemanöver mit zusammengezogenen Brauen.
    »Sieht gut aus«, rief der Forscher. »Noch ein bisschen, noch ein bisschen. Und stopp!«
    Die Männer am Boden hatten den Anker gepackt und zerrten ihn zu einem der Ringe hinüber, an denen sonst Schiffe vertäut wurden. Sie klemmten das eine Ende in die Öse und schlangen das Seil dann ein paar Mal um einen der Poller. Lena und Eliza warfen ein zweites Seil hinunter, das ebenfalls befestigt wurde.
    Die Pachacútec schaukelte gut verzurrt in der leichten Brise, die landwärts zu ihnen herüberwehte. Humboldt schaltete die Motoren ab. »Fallreep abwerfen!«
    Oskar und Charlotte lösten die Strickleiter aus ihrer Halterung und ließen sie außenbords in die Tiefe. Zwei Männer packten sie und hielten sie fest. »Alle recht«, riefen sie zu den Luftreisenden empor.
    »U kunt naar beneden komen!«
    »Ich denke, das heißt, dass wir runterkommen sollen«, sagte Humboldt. »Fangt schon mal an, ich mache hier noch ein paar letzte Handgriffe.«
    »Vielleicht wäre es ganz geschickt, wenn ich vorgehe«, sagte Lilienkron. »Der Gouverneur kennt mich. Ich bin ihm auf meiner letzten Reise begegnet.«
    »In Ordnung«, sagte Humboldt. »Dann legen Sie mal ein gutes Wort für uns ein. Ich bin sicher, unsere Ankunft hat für einige Aufregung gesorgt.«
    »Mache ich.« Lilienkron prüfte den Sitz seiner Mütze und zog sein Hemd gerade. »Wie sehe ich aus?«
    »Perfekt«, sagte Eliza.
     

     
    Als Oskar eintraf, schüttelten sich Poortvliet und Lilienkron bereits freudig die Hände. »Na das ist ja eine Überraschung«, hörte er den Gouverneur in perfektem Deutsch sagen. »Ich hätte nicht damit gerechnet, Sie so bald wiederzutreffen, Herr Lilienkron. Nach Ihrer Rückfahrt war ich im Zweifel, ob ich Sie überhaupt jemals wiedersehen werde. Wie geht es ihrem Arm?«
    »So gut wie neu«, sagte Lilienkron. »Sie wissen doch: Eine verlorene Schlacht ist noch kein verlorener Krieg. Einen echten Wissenschaftler kann so etwas auf Dauer nicht abschrecken. Darf ich vorstellen: Madam Molina, Fräulein Riethmüller und Fräulein Polischinski. Und hier drüben Oskar Wegener und sein Vater Carl Friedrich Donhauser.«
    Poortvliet hob die Brauen. »Ich bin überrascht, dass Sie in so charmanter Begleitung kommen. Die Damen in Deutschland scheinen wohl etwas abenteuerlustiger zu sein als die hiesigen Frauen. Herzlich willkommen, meine Damen. Und herzlich willkommen, Herr von Humboldt. Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen. Ihr Ruf ist Ihnen vorausgeeilt.«
    »Wie das?«, fragte Humboldt, sichtlich angetan von der Begrüßung.
    »Dies mag zwar das Ende der Welt sein, aber wir leben hier nicht hinterm Mond. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, jemanden von Ihrem Format bei uns begrüßen zu dürfen. Ich bin sicher, mit Ihrem Luftschiff werden Sie für die nächsten Wochen das Gesprächsthema Nummer eins sein.«
    Humboldt war anzusehen, dass der Gouverneur den richtigen Ton getroffen hatte. Poortvliet hatte das Herz des Forschers mit nur wenigen Worten erobert.
    »Das lag nicht in meiner Absicht«, sagte Humboldt bescheiden. »Es ist nur einfach die bequemste und schnellste Art zu reisen. Abgesehen davon, ist es auch die sicherste. Vorausgesetzt, man beherrscht die Technik.«
    »Wobei ich bei Ihnen nicht den geringsten Zweifel habe. Ich muss gestehen, es ist ein himmelweiter Unterschied, über die neue Technologie nur zu lesen oder ihr von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.«
    »Seien Sie mein Gast.«

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