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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Warnvorrichtung oder so was?«
    »Nein.« Dimal schüttelte den Kopf. »Es sind Brieftauben. Sie dienen zur Nachrichtenübermittlung. Sollte sich etwas Unvorhergesehenes ereignen, können wir eine Nachricht in den Palast schicken. Kennt ihr das nicht?«
    »Doch, schon«, sagte Oskar. »Aber ich hätte nicht gedacht, dass ihr in diesem Teil der Welt …«
    »… so fortschrittlich seid?« Dimal lachte. »Brieftauben gibt es bei uns schon seit über tausend Jahren. Vielleicht hinken wir mit den technischen Errungenschaften etwas hinterher, aber die Kunst der schnellen Nachrichtenübermittlung ist bei uns seit langer Zeit bekannt. Vermutlich funktioniert diese Methode schneller und störungsfreier als eure Telegraphen.«
    »Vielleicht«, sagte Oskar mit Blick auf die Tauben. Der Gedanke, dass sie eine Nachricht senden konnten, hatte etwas Beruhigendes.
    Mit jedem zurückgelegten Kilometer wurde die Landschaft schroffer. Im Uhrzeigersinn umrundeten sie den Arjuno und näherten sich seinen steilen, von zahlreichen Regenfällen ausgemergelten Flanken. Die Luft war gesättigt vom Geruch nach Feuer und Schwefel. An manchen Stellen quoll Dampf aus dem Boden. Dunkle Wolken hingen drohend über ihren Köpfen. Der Weg wand sich durch Täler und Schluchten, durch die während der Regenzeit gewaltige Wassermassen hindurchrauschen mussten. Ab und zu versperrten ihnen große Felsbrocken den Weg und zwangen sie, vom Rücken der Elefanten zu steigen und diese an einem Riemen zu führen. Der Weg war gesäumt von Schlackebrocken. Sie waren so porös, dass sie auseinanderfielen, sobald man mit dem Fuß dagegenstieß. Es war noch nicht allzu lange her, dass der Berg Feuer gespuckt hatte.
    »Wie lange noch bis Porong?«, fragte Oskar.
    Humboldt hatte Junghuhns Java-Karte auf dem Schoß liegen und übertrug mit Zirkel und Lineal Entfernungen und Höhenmeter. »Laut der Karte dürfte es nicht mehr allzu weit sein. Nur noch diese Bergflanke, dann treffen wir auf das Tal, das den Arjuno vom Bromo trennt. Dort liegt Porong. Schätzungsweise noch eine halbe Stunde.«
     

     
    Humboldts Einschätzung traf zu. Kaum hatten sie den Bergrücken umrundet, als sie in ein weites grünes Tal blickten. Ein schmaler Fluss wand sich zwischen Feldern und Weiden hindurch, die den Talboden wie ein grünes Schachbrettmuster bedeckten. Dahinter erhob sich drohend der Bromo.
    Das Dorf selbst war über eine kleine Brücke erreichbar. Oskar zählte vierzig Bambushäuser, die um einen runden Platz gruppiert waren, in dessen Mitte ein mächtiger alter Baum seine Äste ausstreckte.
    »Das ist Porong«, sagte Dimal. »Eine Tengger-Siedlung.«
    »Wer sind die Tengger?«, erkundigte sich Oskar.
    »Sie sind ein Bergvolk«, erläuterte Dimal. »Sie leben seit etwa vierhundert Jahren in dieser Gegend und sprechen einen sehr altertümlichen Dialekt. Es sind Hindus. Sie sind freundlich und zuvorkommend und werden sicher nichts dagegenhaben, wenn wir eine Rast einlegen. Die Elefanten brauchen Wasser und etwas zu essen. Auch uns wird eine Pause guttun.«
    »Wie weit ist es noch bis zu Ihrer Schlucht?«, wandte Humboldt sich an Lilienkron.
    »Schwer zu sagen«, entgegnete der Geologe. »Ich bin beim letzten Mal von Süden gekommen. Ich schätze, der Graben liegt kurz hinter dem schmalen Bergausläufer dort drüben.« Er deutete nach Südosten. »Diese spitze Felsformation ist ziemlich markant.«
    Humboldt blickte auf die Karte und nickte. »Das wären grob geschätzt fünfzehn Kilometer. Ich denke, es ist sinnvoll, hier unsere Zelte aufzuschlagen und die Tengger zu fragen, ob wir einige Nächte bei ihnen bleiben dürfen.«
    »Gute Idee«, sagte Lilienkron. »Wir könnten dann von hier aus den Graben untersuchen. Vorausgesetzt, die Dörfler sind uns wohlgesonnen.«
    Dimal lächelte entspannt. »Das dürfte kein Problem sein. Ich kenne die Tengger. Wenn ihr ihnen etwas Geld gebt, werden sie euch sicher helfen.«
    »Also versuchen wir unser Glück.« Humboldt faltete seine Karte zusammen und steckte sie zurück in seine Tasche.
     

     
    Der Ortsvorsteher war ein kleiner Mann mit grauen Haaren, faltigem Gesicht und lebhaften Augen. Seine Kleidung bestand aus farbig bedruckten Tüchern, die vor der Brust mit kreuzartig gebundenen Schärpen zusammengehalten wurden. Neben ihm stand ein Diener, der einen Sonnenschirm über seinen Kopf hielt. Wie in den meisten Ortschaften dieses Landes lief man auch hier barfuß. Der Ortsvorsteher legte die Hände zusammen und hieß sie

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