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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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willkommen.
    Inzwischen strömten immer mehr Menschen zusammen. Neugierige Blicke verfolgten sie, als der Treiber die Elefanten zur Tränke führte. Hauptsächlich alte Leute und Kinder, wie Oskar feststellte. Die Erwachsenen waren vermutlich um diese Zeit noch auf den Feldern.
    Der Ortsvorsteher blickte die Neuankömmlinge der Reihe nach an. Am längsten ruhte sein Blick auf Humboldt. Was nicht weiter verwunderlich war: Der Forscher bot mit seinen knapp zwei Metern, seinen breiten Schultern und dem schwarzen Mantel einen außergewöhnlichen Anblick.
    »Mein Name ist Sudah Baik«, sagte er. »Im Namen des gesamten Dorfes heiße ich euch willkommen. Darf ich fragen, was euch zu uns führt?«
    »Wir sind Reisende von der anderen Seite der Erde«, sagte Humboldt und sprach dabei betont langsam und deutlich. Das Linguaphon hatte ein paar Probleme mit dem altertümlichen Dialekt und benötigte Zeit, um sich zu kalibrieren.
    »Wir sind zu euch gekommen, um uns die feurigen Berge anzusehen.«
    Der Dorfvorsteher machte einen Gesichtsausdruck, als wäre diese Erklärung völlig ausreichend.
    »Ist es nicht eine furchtbare Gefahr, im Schatten zweier so mächtiger Vulkane zu leben?«, fragte Humboldt.
    Sudah blickte überrascht. »Wir begegnen den Feuerbergen mit Ehrerbietung und Respekt. Es sind Götter und wie alle Götter sind sie launisch. Wenn wir demütig sind, schenken sie uns fruchtbaren Boden und reiche Ernten. Meist schlafen sie. An manchen Tagen spüren wir jedoch, wie sie erwachen. Dann bebt die Erde und dumpfes Dröhnen erfüllt die Luft. Es gibt Tage, an denen sie vor Wut schäumen. Sie spucken Feuer und schleudern Felsbrocken nach uns. Bisher haben unsere Gebete sie jedoch immer wieder beruhigt.« Er schwieg.
    Humboldt sah sich um, dann fragte er mit gesenkter Stimme. »Habt ihr von der Plage gehört?«
    »Welche Plage?«
    Humboldt zog seine Brauen zusammen. »Ich spreche von den Steinernen.«
    Einen kurzen Moment lang rang der Ortsvorsteher mit seiner Fassung. »Woher wisst ihr …?«
    Der Forscher räusperte sich, dann trat er einen Schritt auf Sudah zu. »Ich muss euch etwas gestehen. Als ich sagte, wir wären wegen der feurigen Berge hier, entsprach das nicht ganz der Wahrheit. In Wirklichkeit ist es die Legende von den Steinernen, der wir auf den Grund gehen. Wir kommen von weit her, weil uns ein Hilferuf erreicht hat, dass diese Insel unter einem großen Fluch steht. Wir sind hergekommen, um herauszufinden, ob es sich nur um Legenden handelt oder ob tatsächlich etwas dahintersteckt.«
    Sudah nickte. »Ihr wollt die Steinernen suchen? Was seid ihr, Götter?«
    »Götter? Nein.«
    »Dann solltet ihr lieber vorsichtig sein. Kein Sterblicher darf sich mit ihnen anlegen. Sie bringen den Tod.«
    »Das herauszufinden sind wir hier. Wir mögen zwar keine Götter sein, aber wir verfügen über Möglichkeiten, euch zu helfen. Dürfen wir für eine Nacht um Unterkunft und Verpflegung bitten? Selbstverständlich gegen angemessene Bezahlung.«
    Sudah zögerte einen Moment, dann verneigte er sich. »Es ist uns eine Ehre.«
    Humboldt griff in seinen Lederbeutel und drückte dem Mann ein paar Münzen in die Hand, dann luden sie mit vereinten Kräften die schweren Transportstücke vom Rücken der Elefanten, verstauten sie in einem leer stehenden Stall und bezogen ihre Quartiere.
    Nach einer guten Stunde machten sie sich auf den Weg in Richtung des Bromo. Humboldt hatte vorgeschlagen, den Nachmittag zu nutzen, um Lilienkrons Schlucht zu finden und eine erste Inspektion vorzunehmen. Für eine genauere Erkundung würde die Zeit vermutlich nicht ausreichen, aber zumindest konnten sie sich einen ersten Eindruck verschaffen.
    Mit gemächlichen Schritten trabten die Elefanten los.



 
22
     
     
    Die grasbewachsene Ebene war auf einer Strecke von mehreren Kilometern in zwei Hälften geteilt. Der Graben war so tief, dass Oskar den Eindruck hatte, ein Riese habe sein Messer in den grünen Leib der Erde gerammt.
    Lilienkron stieg vom Rücken des Elefanten und kauerte sich nieder. Mit der Hand nahm er etwas Erde und ließ sie durch seine Finger rieseln. Sein Gesicht wirkte angespannt. Seine Hände zitterten vor Aufregung.
    »Und?«, erkundigte sich Humboldt. »Was sagen Sie?«
    »Das ist die Stelle«, sagte Lilienkron. »Dieselbe Erde, dieselben steilen Kanten. Da drüben auf der anderen Seite habe ich gestanden. Dort, wo der Wald beginnt, sehen Sie?« Er deutete hinüber. Der ferne Waldrand war wegen der hohen Luftfeuchtigkeit nur

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