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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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allerdings das meiste, was wir hier unten abbekommen, infrarote Strahlung – Wärmestrahlung.«
    »Das würde zumindest die Temperaturen erklären«, sagte Oskar, der das Gefühl hatte, wie ein Käse in der Sonne zu zerfließen.
    In diesem Moment ertönte hinter ihnen ein Rumpeln und Poltern. Der steinerne Aufzug vibrierte ein paar Mal, dann stieg er wieder in die Höhe.
    »Nein!« Er rannte zurück, aber es war zu spät. Der Aufzug war in der senkrecht hinter ihnen aufragenden Steilwand verschwunden. Oskar spürte Verzweiflung in sich aufsteigen. Wäre es nicht so heiß gewesen, er hätte am liebsten losgeheult. »Er ist weg. Verdammt.«
    Die Suche nach einem Rückholmechanismus war vergebens. Es gab keinen. Sie saßen fest.
    Mit einem Mal wurden sich alle ihrer Situation bewusst. Sie waren Fremde in einem fremden Land, ohne eine Ahnung, was hier für Gefahren auf sie lauerten.
    Humboldt nahm die Armbrust von der Schulter und prüfte seinen Munitionsvorrat. Lilienkron tat es ihm gleich.
    »Seht mal.« Charlotte deutete auf den Boden. Im Sand waren deutlich längliche Hufabdrücke zu sehen. »Sie sind hier langgekommen. Die Spuren führen in diese Richtung.« Sie deutete in die Wüste.
    Humboldt nickte. Mit grimmigem Gesichtsausdruck sagte er: »Lasst uns noch einen letzten Schluck Wasser trinken, ehe wir aufbrechen.«

 
32
     
     
    Lena spürte, dass sie kurz davor stand, einen hysterischen Anfall zu kriegen. Die Hitze, das ständige Gerüttel und der Durst – es war einfach zu viel. Kopfüber, wie ein nasser Sack über der Schulter einer der Kreaturen hängend, hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Man hatte ihr die Augen mit einem schmutzigen Lappen verbunden, sodass sie nichts sehen konnte. Furcht und Panik waren bisher ihre Begleiter gewesen, aber jetzt traten andere Bedürfnisse in den Vordergrund. Ihre Muskeln waren verspannt, ihr Hals trocken und ihr Kopf fühlte sich an, als würde jemand ihn mit einem Hammer bearbeiten. Sie fing an zu zappeln, zu strampeln und mit den Füßen zu treten.
    »Lasst mich runter«, schrie sie. »Ich will runter, sofort. Lasst mich auf den Boden!« Und dann, mit etwas leiserer Stimme: »Ich werde nicht versuchen zu fliehen, ich muss nur einfach einen Schluck trinken – und aufs Klo muss ich auch.«
    Sie rechnete nicht damit, dass ihre Entführer reagieren würden, und war umso überraschter, als sie zu Boden gelassen wurde und mit dem Kopf voraus im Sand landete. Ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit, dann spürte sie, wie jemand sich an ihrer Augenbinde zu schaffen machte. Bange Momente folgten. Bisher hatte sie ihre Entführer noch nicht richtig sehen können. Die Nacht, in der man sie geholt hatte, war stockfinster gewesen. Im Licht der Sterne hatte sie nur ein paar Umrisse in der Dunkelheit erkennen können. Große Schemen, größer als ein Mensch, und mit merkwürdigen Proportionen. Dann hatte man sie gepackt, gefesselt und ihr die Augen verbunden. Wie lange, das wusste sie nicht. Irgendwann war sie ohnmächtig geworden. Als sie aufwachte, waren sie immer noch unterwegs. Soweit sie es beurteilen konnte, war dies die erste Pause seit ihrer Entführung.
    Jemand zog den Lappen von ihrem Gesicht. Knurrende Stimmen. Es klang wie eine Aufforderung. Sie wischte den Sand fort, der ihre Wimpern verklebte, dann schlug sie die Augen auf.
     

     
    Das Wesen war grau. Grau wie ein Stein und doch anders. Es sah nicht aus wie ein Berg oder Fels. Vielmehr wie ein deformierter Mensch mit Reptilienhaut und einem Ziegengesicht. Es besaß lange dünne Arme, auf die es sich beim Gehen stützte. Der Brustkorb war eingefallen und die Schultern hingen herab. Auf seinem Rücken, den Händen und Unterarmen wucherte Fell. Seine Beine waren sehnig und durchtrainiert und endeten in einem Paar seltsamer Hufe, die in spitze Krallen ausliefen. Das Wesen trug einen Pelz um die Hüften geschlungen, der mit Lederbändern befestigt war. Irgendetwas Affenartiges haftete ihm an, auch wenn es ganz sicher nicht zur Familie der Primaten gehörte. Auf seinem Kopf wuchsen lange, gedrehte Hörner und seine Augen leuchteten düster und rot, genau wie der seltsame Himmel über ihren Köpfen. Braune, flache Zähne, die an Kandisbrocken erinnerten, ragten aus dem Maul. Der Anblick war so furchterregend, dass sie den Blick abwenden musste. So und nicht anders hatte Lena sich den Teufel im Märchen vorgestellt.
    Eigentlich hatte sie Märchen immer geliebt. Des Teufels rußiger Bruder, Der Bauer und der

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