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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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einer Kraft, die die Zügel fester in der Hand hat.« Er senkte die Stimme. »Die Anbiederung des Kaisers gegenüber dem British Empire ist eine Beleidigung in den Augen jedes aufrechten Patrioten. Ich verstehe ja, dass er sich vom Englischen Imperialismus beeindrucken lässt – Queen Victoria ist immerhin seine Großmutter –, aber es ist an der Zeit, sich davon freizumachen und eigene Wege zu gehen. Unter Bismarcks Herrschaft wäre das möglich gewesen, aber seitdem Wilhelm ihn entlassen hat, treibt das Schiff führerlos über die Weltmeere.«
    Â»Und da dachten Sie, so ein Mord …?«
    Falkenstein fuhr herum, sein Kopf rot wie eine Tomate. » Mord? Was wissen Sie denn schon, Sie … Sie … Weltenbummler . Es wäre kein Mord gewesen, sondern ein Akt der Gnade und des nationalen Gewissens. Aber das werden verweichlichte Demokraten wie Sie nie verstehen. Der Kaiser wäre durch die Hand eines Freundes gefallen, und zwar in einem Augenblick größter Freude. Strahlender Sonnenschein, jubelnde Menschen, das wäre ein Abgang ganz nach seinem Geschmack gewesen.«
    Â»Sie sind ja ein richtiger Menschenfreund.«
    Â»Wir Nationalisten sind die Einzigen, die den Karren noch aus dem Dreck ziehen können«, brüllte Falkenstein, der offensichtlich drauf und dran war, die Beherrschung zu verlieren. »Warum können Sie das nicht erkennen? Lassen Sie mich gehen und lassen Sie mich meine Arbeit tun. Sie werden doch noch einen Funken Patriotismus in sich spüren.«
    Humboldt richtete das Rapier auf Falkensteins Brust. Als er sprach, war seine Stimme schneidend wie die einer Diamantklinge. »Seien Sie sich Ihrer Sache nicht so sicher, Falkenstein. Wer weiß, was Ihr sogenannter Patriotismus anrichten wird? Leute von Ihrem Schlag verdrehen und verbiegen die Wirklichkeit, bis nur noch ein verkrüppeltes Land übrig ist. Ein Land aus Asche und Ruinen, das nicht mehr in der Lage ist, sich aus eigener Kraft zu erheben. Es wird einen Krieg geben, Straßenschlachten, Maschinen und Bollwerke, und ich kann Ihnen versichern, dass alles, was Sie in die Hand nehmen, zu Staub zerfallen wird. Sie sind der Untergang der Menschheit, Falkenstein, Sie und Ihre Anhänger.«
    Â»Was soll das heißen, Asche und Ruinen, sind Sie Hellseher, oder was?« Oskar bemerkte zum ersten Mal ein Flackern in den Augen des Generals.
    Humboldt ließ das Rapier sinken, ohne es jedoch ganz zurückzustecken. Nein, er würde Falkenberg nicht näher erläutern, in welchen Abgrund er und seine Anhänger das Land stürzen würden, denn dann müsste er ihm wohl oder übel von seinen Reisen mit dem Zeitschiff erzählen.
    Â»Ganz recht, Herr General, ich bin wohl ein Hellseher.« Er legte seine Hand an den gelben Sandstein. »Wollen Sie immer noch leugnen, dieses Gebäude zu kennen? Ja? Gut, dann lassen Sie uns die geheime Hintertür finden und sehen, ob wir Ihre Freunde zum Umdenken bewegen können.«

42
    W enn es hier wirklich eine Tür gab, so war sie gut versteckt. Falkenstein führte sie durch einen schmalen Gang zu einem Hinterhof, der von etlichen Kastanienbäumen beschattet wurde. Von hinten betrachtet wirkte das Gebäude zwar nicht mehr ganz so hübsch, aber immer noch imposant genug, um Oskar einen Schauer über den Rücken zu treiben. Dies sollte also der Standort der geheimsten und mächtigsten Loge Deutschlands sein? Der Sandstein war größtenteils durch Ziegel ersetzt worden, Säulen und Erker fehlten völlig, dafür rankte wilder Wein empor, was dem Gebäude einen verwunschenen Anstrich verlieh. Doch eine Tür gab es hier nicht.
    Während Humboldt und Falkenstein etwas abseits standen, untersuchten Oskar und Charlotte die Fassade, konnten aber nichts entdecken.
    Ratlos drehte er sich um. »Hier ist nichts«, sagte er voller Überzeugung. »Das muss das falsche Gebäude sein. Der General hat uns in die Irre geleitet.«
    Â»Mir dürfen Sie keine Schuld geben, junger Mann. Ich habe nie behauptet, dass dies der Treffpunkt unserer Loge ist.«
    Â»Nein, das war ich«, sagte Humboldt, das Rapier unverändert auf die Brust des Generals gerichtet. »Und ich bin überzeugt, dass ich recht habe. Kommt mal zu mir herüber und sagt mir, was ihr seht.«
    Charlotte zuckte ratlos mit den Schultern. Gemeinsam gingen sie in den hinteren Teil des Hofes, wo Humboldt mit dem Verräter

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