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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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patriotischen Akt an, Falkenstein. Ich habe nur das Wohl der Nation im Sinn, genau wie Sie. Und jetzt vorwärts!«
    Kaum drinnen, schloss sich die Öffnung mit leisem Rumpeln. Sie betraten einen dunklen Gang, der zu einem kreisförmigen und mit einer gewölbten Decke versehenen Raum führte. Sanftes Kerzenlicht flackerte über die Wände. In den Nischen zwischen den Schränken hingen Porträts bedeutender Persönlichkeiten, nachgedunkelt durch den Mangel an Sonnenlicht. Eines davon kam Oskar bekannt vor. »Ist das nicht …?«
    Â»Alexander von Humboldt, mein Vater.«
    Â»Ich bin sicher, er würde sich im Grabe umdrehen, wenn er Sie jetzt hier sähe«, sage Falkenstein. »Sie sind eine Schande für Ihre Familie.«
    Â»Glauben Sie?« Über das Gesicht des Forschers huschte ein feines Lächeln. »Vielleicht ja, vielleicht nein. Nach allem, was ich über ihn erfahren habe, war er ein Mann des Wissens und der Prinzipien. Er hat dumpfen Nationalismus verabscheut. Ich könnte mir vorstellen, dass er es guthieße, was wir hier tun, aber es ist müßig, darüber zu spekulieren. Sagen Sie mir lieber, was das hier für ein Raum ist.«
    Â»Das ist unser Ankleidezimmer. Hier ziehen wir uns vor der Tempelarbeit um.«
    Humboldt öffnete einige der Schränke und fand schwarze, lange Umhänge, weiße Schürzen und ebensolche Handschuhe. Im obersten Fach lagen kunstvoll gefertigte Masken.
    Â»Scheint, als wären wir die Ersten. Gut so. Die Versammlung ist auf neun Uhr anberaumt, das lässt uns noch genau …«, er hielt seine Uhr ins Licht, »… fünfundzwanzig Minuten.«
    Â»Woher wissen Sie, wann wir uns treffen?«
    Â»Mein Vater war Mitglied dieser Loge, schon vergessen? Ich kenne Ihre Gepflogenheiten. Welcher dieser Schränke gehört Ihnen?«
    Falkenstein blinzelte misstrauisch und deutete auf den hintersten in der Reihe. Er war weitaus größer und prächtiger geschnitzt als die anderen.
    Â»Was haben Sie eigentlich vor?«
    Â»Das werden Sie schon früh genug erfahren.« Humboldt trieb seinen Gefangenen zum Schrank und öffnete die Tür. Auch hier ein Umhang sowie ein Paar Handschuhe, dazu noch ein zeremonielles Schwert. Humboldt nahm es heraus und betrachtete es eingehend. »Das Schwert des Hocherleuchteten Meisters, ich bin beeindruckt. Scheint recht alt zu sein. Nun, es wird mir helfen, den Schein zu wahren. Charlotte, übernimmst du mal unseren Gefangenen, während ich mich umziehe?«
    Â»Mit dem größten Vergnügen.« Sie nahm das Rapier und richtete es auf die Brust des Generals. Falkenstein grinste schief. »Vorsicht, Mädchen, das ist keine Nagelfeile. Damit kann man sich und andere ernsthaft verletzen.«
    Charlotte setzte die Klinge an seine Kehle. »Was Sie nicht sagen. Machen Sie mich bloß nicht nervös. Leider kann ich mit der Klinge nicht so gut umgehen wie mein Onkel. Wenn ich verängstigt bin, könnte es leicht sein, dass ich mit der Spitze abrutsche. Und das wollen Sie doch nicht, oder?«
    Falkenstein schwieg. Er schien die Drohung ernst zu nehmen. Oskar lächelte. Er wusste, dass Charlotte ausgezeichnet mit dem Degen umgehen konnte. In den kleinen Duellen, die sie regelmäßig ausfochten, gewann sie fast jeden Kampf.
    Humboldt hatte sich inzwischen den Umhang über die Schultern gelegt und die Handschuhe übergestreift. Dann schob er Falkensteins Ring darüber und gürtete sich mit dem Schwert. Die Verwandlung war verblüffend. Die Maske vors Gesicht gesetzt, war er nicht mehr zu erkennen. Er sah aus wie ein Templer oder ein Rosenkreuzer. Blieb nur noch die Stimme, aber auch da hatte Humboldt vorgesorgt. Das Linguaphon an seinem Kragen war so justiert, dass die Worte, die Humboldts Mund verließen, in Falkensteins Stimmlage wiedergegeben wurden. Eine perfekte und absolut überzeugende Täuschung, wenn er sich nicht doch noch durch irgendeine Kleinigkeit verriet. Aber der Forscher hatte ohnehin nicht vor, das Schauspiel lange durchzuhalten. Es kam ihm auf den Effekt an, und er war sicher, dass er seine Wirkung nicht verfehlte, wenn er die Bombe platzen ließ.

43
    N ach und nach trafen die ehrenwerten Mitglieder der Loge ein. Ein jeder kam einzeln, zog sich um und betrat dann den großen Tempel, wo Humboldt bereits Position bezogen hatte.
    Der Forscher saß auf dem Stuhl, der dem Hocherleuchteten Meister

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