Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
Humboldts Gefährtin lag wie tot da. Charlotte lauschte nach Atemgeräuschen, doch da war nichts. Dann nahm sie die Hand und fühlte den Puls. Ein schwaches Klopfen war zu spüren. Eliza war am Leben â noch.
Charlotte sprang auf und rannte in Richtung Haustür.
»Hilfe«, schrie sie. »Kommt alle her. Es ist etwas Schreckliches geschehen!«
Als niemand antwortete, riss sie die Haustür auf. Bert schleppte gerade einen Ballen Heu in Richtung Pferdestall.
»Hilfe!«
»Was ist los?«, rief er.
»Eliza ist gestürzt. Sie ist bewusstlos und braucht dringend einen Arzt. Sie muss von der Leiter gefallen sein, als ich in der Küche war.«
»Was sagst du da, gestürzt?«
»Reite zu Doktor Delius, der müsste um diese Uhrzeit schon wach sein. Wo sind Humboldt und Oskar?«
Bert lieà den Heuballen fallen und wedelte mit der Hand. »Irgendwo da drüben im Wald. Oh, ich glaube, ich sehe sie. Sie kommen gerade den Hügel herunter.«
*Â *Â *
Oskar sah bereits auf die Entfernung hinweg, dass sich etwas Schreckliches ereignet haben musste. Charlotte fuchtelte mit den Armen, während Bert zum Stall rannte und kurz darauf mit Pegasus herausgeritten kam. Ehe sie ihn noch fragen konnten, was geschehen war, galoppierte er schon auf und davon.
»Was ist denn da los?«, fragte Humboldt. »Komm. Ich habe das Gefühl, dass etwas Furchtbares passiert ist.«
Als sie bei Charlotte ankamen, war sie völlig aufgelöst.
»Was ist los?«, rief der Forscher. »Wohin ist Bert geritten?«
Statt einer Antwort packte Charlotte Humboldts Arm und zerrte ihn hinter sich her. »Eliza ist gestürzt«, sagte sie. »Sie ist von der Leiter gefallen.«
Zu dritt rannten sie zur Tür und hinein in die Eingangshalle, wo die anderen auf sie warteten.
»Herr Humboldt, Herr Humboldt. Eliza, sie ist â¦Â«
»Ich habe es gehört. Wo ist sie?«
»In der Speisekammer.«
Der Forscher eilte nach hinten und durch die Küche. An der Tür blieb er einen kurzen Moment stehen. Oskar sah, wie er blass wurde. Dann trat er hinein. Oskar hörte, wie es polterte, dann flogen einige zerbrochene Regalbretter und verbeulte Konservendosen zur Tür hinaus.
»Helft mir mal, wir müssen sie hier rausschaffen«, rief der Forscher. »Räumt die Bretter und den anderen Kram zur Seite und öffnet die Tür zum Wohnzimmer. Ich komme gleich mit ihr nach.«
»Wie geht es ihr? Ist sie am Leben?«
»Sie lebt, aber mehr kann ich noch nicht sagen. Besorgt mir heiÃes und kaltes Wasser, ein paar saubere Lappen und Verbandsmaterial. Ist alles oben im Badezimmer. Beeilt euch!«
Als sie herunterkamen, hatte Humboldt Eliza bereits ins Wohnzimmer getragen und aufs Sofa gelegt, ihre FüÃe hochgelegt und die obersten Knöpfe ihres Hemdes geöffnet, jetzt fächelte er ihr frische Luft zu.
»Hier sind Wasser und Lappen«, sagte Oskar und stellte alles auf den kleinen Beistelltisch. »Die Kopfverletzung sieht aber nicht gut aus. Hoffen wir, dass Bert bald mit dem Doktor zurückkommt.«
Humboldt nickte. »Die Wunde muss genäht werden. Viel mehr Sorgen aber macht mir, dass sie nicht aus ihrer Ohnmacht erwacht.« Er nahm den Lappen, tauchte ihn ins Wasser, hob ihren Kopf ein wenig an und legte ihn ihr ins Genick. Keine Reaktion. Elizas Augen waren verdreht, sodass man das WeiÃe sehen konnte. Ihr Mund stand offen, während ihre Augen ohne einen Wimpernschlag in die Ferne starrten.
Humboldt hielt sein Ohr an ihren Mund und fühlte zum wiederholten Male den Puls.
»Und �«
»Puls und Atmung sind wieder da, aber sie will einfach nicht wach werden. Wie ist das passiert?«
»Kann ich nicht genau sagen«, sagte Charlotte. »Wir waren in der Küche und stellten den Lebensmittelplan zusammen. Eliza muss wohl auf der Leiter gestanden haben, denn sie fragte mich nach dem Kaffee. Den bewahren wir immer ganz oben auf. Ich war gerade dabei, ihr zu sagen, dass auch der Tee langsam zur Neige geht, als plötzlich â¦Â« Sie brach ab.
»Was ist los?«
Charlotte neigte den Kopf. »Ich glaube, ich habe etwas gehört. DrauÃen.«
Auf dem Hof waren Geräusche zu hören. Das Trappeln von Hufen und das Knirschen von Kies. Bert war zurück. In seiner Begleitung kam ein Einspänner, auf dem ein kleiner Mann mit Zylinder und Goldbrille saÃ.
»Der Doktor. Wartet,
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