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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Ereignisse, es kam zum Bürgerkrieg, später zum Weltkrieg, der den gesamten Globus in einen alles vernichtenden Feuersturm riss. All das geht aus den Dokumenten hervor, die ich mir selbst zugeschickt habe. Ebenso wie die Stationen, die ich mit dem Zeitschiff bereiste. Sie lagen hier, hier und hier.« Er machte drei weitere Markierungen rechts auf der Linie. »Du, Oskar, bist später auch noch in die Zukunft gereist, und zwar viel weiter. Nämlich hierhin.« Er tippte an den rechten Rand des Blattes. »Zu diesem Zeitpunkt hatten die Maschinen bereits die Herrschaft an sich gerissen, während die Menschen wie Ratten im Untergrund dahinvegetierten. Aber das braucht uns nicht zu kümmern. Ebenso wenig wie der Verbleib Behringers, den du ja in der Zukunft zurückgelassen hast. Durch unser Eingreifen ist dieser Zeitstrahl gekappt.« Er strich die Linie mit roter Farbe durch. »Folgendes ist passiert. Basierend auf der Theorie, dass die Zeit zwar veränderbar ist, die geschichtlichen Ereignisse aber eine Kausalkette bilden, sind wir zu einem Zeitpunkt vor der Ermordung des Kaisers zurückgereist und haben verhindert, dass es überhaupt zu dem folgenschweren Zwischenfall kommt. Ein neuer Zeitstrahl entstand, unser Zeitstrahl. Könnt ihr mir so weit folgen?«
    Oskar nickte. Abgesehen von den ganzen Fremdworten, glaubte er, es ungefähr begriffen zu haben.
    Â»Wir haben die Zukunft verändert, meinst du das?«
    Â»Nicht nur verändert«, sagte Humboldt. »Ausgelöscht. Wir haben den alten Strahl ausradiert und stattdessen einen neuen erschaffen.« Er tippte auf die zweite Linie, die blaue.
    Â»Wir befinden uns jetzt hier. Kaiser gerettet, Elizas Ermordung verhindert, Behringer sitzt im Gefängnis statt in der Zukunft, die Menschheit hat Hoffnung auf Frieden – so glaubten wir jedenfalls.«
    Charlotte runzelte die Stirn. »Ist es denn nicht so?«
    Â»Ich bin mir dessen nicht mehr so gewiss«, sagte Humboldt. »Das Ereignis mit Eliza lässt mich zweifeln, ob es wirklich so einfach ist.«
    Â»Inwiefern? Das verstehe ich nicht.«
    Humboldt zeichnete zwei vertikale Linien, die die beiden horizontalen Strahlen in rechtem Winkel schnitten. Die eine befand sich an der Stelle, an der der Kaiser ermordet wurde, die andere bei Elizas Tod. Daneben schrieb er mit kritzeliger Schrift Ereignis I und Ereignis II . Oskar hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte.
    Â»Das erste Ereignis war als solches noch nicht deutlich erkennbar«, sagte der Forscher. »Im Nachhinein ist mir jedoch klar geworden, dass das grundlegende Prinzip auch hier schon wirksam war. Laut den Dokumenten, die ich mir selbst geschickt habe, fielen die tödlichen Schüsse in dem Moment, als der letzte Glockenschlag vom Berliner Dom verklungen war. Ich habe mehrere Zeitungsartikel gefunden, die in dieser Hinsicht sehr präzise waren. Wilhelm und Auguste Viktoria starben um zehn Uhr, drei Minuten und dreißig Sekunden. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir in unserer Realität den Attentäter bereits entwaffnet und unschädlich gemacht. Du, Oskar, warst gerade auf dem Dach und hattest Karl Strecker in einen Kampf verwickelt. Die Sache sah nicht gut für dich aus. Du hingst mit einer Hand an der Balustrade und wärst beinahe heruntergefallen, hätte dich der Gendarm nicht im letzten Moment heraufgezogen. Dann wurdest du ohnmächtig – genau in dem Moment, der auf dem ersten Zeitstrahl als Todeszeitpunkt des Kaisers angegeben wurde.«
    Oskar zuckte die Schultern. »Zufall.«
    Â»Warte.« Der Forscher hob seine Hand. »Das zweite Ereignis macht das Problem deutlicher. Dreizehn Tage später. Der Tag von Elizas Ermordung.« Er tippte auf den roten Zeitstrahl. »Zu diesem Moment hatten wir die Geschichte bereits verändert. Behringer befand sich in Haft, die Gruppe der Rädelsführer war in Auflösung begriffen. Alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Veränderung der Geschichte waren gegeben. Eigentlich hätten wir uns ruhig zurücklehnen und den Tag genießen können. Stattdessen waren wir alle von einer seltsamen Unruhe getrieben, erinnert ihr euch?« Er warf einen bedeutungsvollen Blick in die Runde. »Was dann geschah, ist so unerklärlich, dass es mir immer noch eine Gänsehaut über den Rücken treibt, wenn ich daran denke. Um neun Uhr und zehn Minuten fielen die tödlichen Schüsse, exakt zu dem Zeitpunkt, als

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