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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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rundbogiges Tor, das mit einem guten Dutzend Schlösser gesichert war. Ketten, Riegel, Vorhängeschlösser, Zahlenschlösser und etwas, das aussah wie ein Guckkasten. Dieser Pfefferkorn schien wirklich ein äußerst misstrauischer Mensch zu sein.
    Â»Ach ja, ehe ich’s vergesse. Ein Wort noch zu Pfefferkorn …«, Humboldt senkte seine Stimme. »Er ist ein netter Kerl, aber auch ein bisschen verschroben. Man kommt ganz gut mit ihm klar, wenn man weiß, wie man ihn zu nehmen hat. Er hat bereits einige Monate wegen Tätlichkeiten gegenüber Ordnungshütern im Gefängnis gesessen. Er hasst Vorschriften, aber am allermeisten hasst er es, wenn die Leute ihm zu sehr auf die Pelle rücken. Neugierige Journalisten, Bittsteller und Vertreter kann er nicht ausstehen. Er will unbehelligt forschen und arbeiten, deshalb ist er auch in diese unwirtliche Gegend gezogen. Der Lärm der Maschinen, das Stampfen und Rumpeln, das ist Musik in seinen Ohren. Fasst am besten nichts an. Und sprecht nicht mit ihm, es sei denn, er fragt euch etwas. Das Reden übernehme ich. Ach ja, und ein Letztes noch: Ihr dürft ihm nie, unter keinen Umständen, direkt in die Augen blicken. Alles verstanden so weit? Gut, dann kann es losgehen.«
    Charlotte und Oskar verließen die Droschke und Humboldt band die Pferde an. Dann stellte er sich gut sichtbar vor die Tür und zog an einer Kette, die rechts neben dem Briefkasten hing. Ein tiefes Tuten, wie von einem Schiff, ertönte.
    Sie brauchten nicht lange zu warten. Ein Lautsprecher neben der Tür erwachte knirschend und knarzend zum Leben.
    Â»Wer ist da? Vertreter und anderes Kroppzeug können gleich wieder verschwinden. Ich kaufe nichts.«
    Â»Ich bin’s, Carl Friedrich. Lässt du mich rein?«
    Â»Fritz?« Und dann: »Lass mich dein Gesicht sehen.«
    Der Forscher legte sein Kinn auf die Unterkante des Guckkastens. Charlotte formte mit seinen Lippen das Wort Fritz und grinste. Oskar zuckte mit den Schultern und grinste zurück.
    Ein Licht über dem Türbogen flammte auf. Es war so hell und durchscheinend, dass Charlotte für einen kurzen Moment die Augen schließen musste. Dann waren Geräusche zu hören, die wie das Schnappen und Klicken von Schlössern klangen.
    Die Tür ging ein kleines Stück auf und ein beeindruckendes Gesicht erschien. Struppiger Bart, volle Wangen und eine rot geäderte, platte Nase. Der Haaransatz reichte tief in die Stirn und bis knapp über die ausgeprägten Augenwülste. Aus den zotteligen Haaren ragten zwei riesige Ohren hervor. Charlotte dachte zuerst, Pfefferkorn würde sich einen Affen halten, bis sie die Brille bemerkte. Der Hausherr persönlich stand vor ihnen. Die Tür schwang noch ein Stück weiter auf.
    Charlotte musste ein Lachen unterdrücken. Der Mann ging ihr kaum bis zum Kinn. Er besaß ungeheuer breite Schultern und dünne Beinchen, die für den massigen Oberkörper fast zu schwach erschienen.
    Pfefferkorn humpelte auf die Straße hinaus und beäugte sie misstrauisch. »Wer sind denn die?« Seine Stimme war dunkel und schien aus den Tiefen seines tonnenförmigen Leibes zu kommen.
    Â»Darf ich vorstellen, meine Nichte Charlotte und mein Sohn Oskar. Dies ist Dr.   Julius Pfefferkorn.«
    Charlotte streckte die Hand aus, wurde jedoch ignoriert. Ein intensiver Schweißgeruch stieg ihr in die Nase.
    Â»Was soll das, Fritz? Du weißt doch, keine Besucher.«
    Â»Sie wissen über unsere Arbeit Bescheid, Julius, ich habe ihnen den Prototypen gezeigt. Wir kommen gerade aus dem Stadtschloss. Es gibt wichtige Neuigkeiten, dürfen wir reinkommen?«
    Pfefferkorn musterte die beiden Jugendlichen mit unverhohlenem Argwohn, dann nickte er. »Wenn’s sein muss.«
    Ohne ein weiteres Wort humpelte er zurück ins Innere seiner Erfinderhöhle.
    Sie mussten sich beeilen, den Anschluss nicht zu verlieren, als hinter ihnen die schwere Tür ins Schloss fiel. Das Tageslicht wurde ausgesperrt und durch das Leuchten feuriger Essen und funkelnder Lampen ersetzt. Charlottes Augen benötigten eine Weile, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, aber dann hielt sie den Atem an. Was sie sah, ließ sie glauben, einen Drachenhort betreten zu haben.

8
    P fefferkorn führte sie in einen entfernten Winkel der Halle, dorthin, wo die Dunkelheit und der Dunst noch stärker zu sein schienen. Überall standen seltsame Maschinen herum.

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