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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Metallklammer zu sehen, die wie eine geöffnete Hand aussah. Dort hinein legte Heron den Kristall und schloss die Halterung. Dann machte er die Klappe zu. Ein tiefes, durchdringendes Summen ertönte.
    Humboldt kam zurück, blickte auf die Messinstrumente und nickte zufrieden. »Das wäre geschafft«, sagte er und die Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Der große Moment ist gekommen. Zeit für den ersten Testlauf.«

12
    Samstag, 12.   Juni 1895 …
    H einz Behringer lehnte sich gespannt nach vorne, nahm einen Zigarillo aus der Schachtel und zündete ihn an. Seine stahlgrauen Augen hielten den Jungen fest im Blick.
    Â»Halt, halt, halt, nicht so schnell. Immer eines nach dem anderen. Erzähl mir genau, was passiert ist.«
    Â»Das sagte ich doch schon. Das … das Ding fing an zu glühen. Und es drehte sich, immer schneller. Ich … ich habe so etwas überhaupt noch nicht gesehen.«
    Behringer zog ein paarmal an seinem Glimmstängel und blies dem Jungen den Rauch ins Gesicht. Aus der Kneipe hinter ihm drangen Gelächter und das Klirren von Gläsern. Der Lärm wurde durch einen Vorhang gedämpft.
    Der Holzfäller war Behringers zweites Wohnzimmer. Von hier aus erledigte er seine Geschäfte, hier traf er seine Kontaktleute. Unfreundliche Stimmen hätten gesagt, es sei ein Hauptquartier einer stadtbekannten Verbrecherorganisation, aber Behringer sah das anders. Er betrieb ein gut gehendes Import-/Exportgeschäft und das bedeutete, er war auf Kundenverkehr angewiesen. Dass der Laden immer voll war, störte ihn nicht, im Gegenteil. Bei dem Lärm, den die Gäste veranstalteten, war es unmöglich, ihn zu belauschen. Eine Eigenschaft, die seine Klienten sehr zu schätzen wussten, wollten sie doch vermeiden, dass ihr Name mit zwielichten Geschäften in Verbindung gebracht wurde. Da viele der Männer im Schankraum aus Behringers Umfeld stammten, war die Gefahr relativ gering, dass sich ein Gendarm oder Kriminalbeamter hierher verirrte. Und wenn doch, Behringer hätte es sofort gewusst.
    Er nahm einen weiteren tiefen Zug. »Humboldt schloss also die Klappe an der Maschine?«
    Â»Ja.«
    Â»Und dann …?«
    Â»Dann betätigte er einen Schalter. Oben auf der Steuerkonsole. Auf einmal fingen ganz viele Lichter an zu blinken.« Der Junge rutschte auf seinem Stuhl hin und her, als hätte jemand Reißnägel darauf verstreut. Ihm war anzusehen, dass er sich unwohl fühlte. Behringer grinste. Man musste nur wissen, wo man die Daumenschrauben anzusetzen hatte.
    Â»Dann hat die Maschine also funktioniert?«
    Â»Oh ja, und wie. Man konnte förmlich spüren, wie die Energie durch ihre Kontakte und Leitungen schoss. Das Ding erwachte richtiggehend zum Leben.«
    Â»Was geschah dann?«
    Â»Dann traten Wilma – so heißt Humboldts Vogel – und dieser komische kleine Blechmann ins Innere. Humboldt hatte zwei Uhren. Eine behielt er selbst, die andere legte er in die Kapsel. Ja, und dann ging es los.«
    Â»Was ging los?«
    Â»Wenn ich das so genau sagen könnte …« Der Junge blickte hierhin und dorthin, als verspürte er das dringende Bedürfnis, sich in Luft aufzulösen. Vielleicht hatte er Schiss, einer seiner Freunde würde hier aufkreuzen und ihn sehen. Vielleicht war ihm aber auch unangenehm, dass der Schwarze Fährmann hinter ihm stand und seinen Schatten auf ihn warf.
    Behringer lächelte. Der Fährmann hatte immer so eine Wirkung auf die Leute.
    Â»Vielleicht kannst du dich ja besser erinnern, wenn deine Kehle nicht so trocken ist. Lass mich dir etwas zu trinken bestellen. Paul! «
    Wie der Wirt es schaffte, bei dem Lärm einzelne Stimmen herauszuhören, würde vermutlich bis ans Lebensende sein Geheimnis bleiben. Keine zwei Sekunden später tauchte sein runder Kopf hinter dem Vorhang hervor. »Darf’s noch etwas sein, Herr Behringer?«
    Â»Ein Bier für meinen jungen Freund hier und ein doppelter Korn für mich.«
    Â»Sehr wohl.«
    Kaum verschwunden, tauchte er wieder auf und stellte die Getränke auf dem Tisch. »Zum Wohl, Herr Behringer.« Wusch, weg war er.
    Der Junge blickte unglücklich auf das Bier, besann sich dann aber und nahm einen Schluck. Behringer setzte sein Glas an und kippte den Korn auf einen Zug runter. Er schnappte nach Luft. Das Zeug brannte wie Feuer. Einen Moment später war das Brennen verschwunden

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