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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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zur Tür hinaus, dann schloss er sie wieder und verriegelte sie.
    Paul tauchte hinter dem Tresen ab und verschwand durch die Hintertür zur Küche hinaus. Sein Glück. Für das, was jetzt folgte, brauchte man gute Lungen.
    Behringer war jetzt ebenfalls aufgestanden. Das blöde Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. Vermutlich ahnte er, dass Humboldt kein normaler Gegner war. Mochte er ein noch so skrupelloser Halunke sein, seine Instinkte hatten in all den Jahren nicht gelitten. Seine Hand wanderte zum Gürtel. Humboldt zog seine Waffe. Zwei schwarze Hartholzstäbe, die durch eine Kette miteinander verbunden waren.
    Beim Anblick des Nunchakus lachten die Männer auf.
    Â»Was zum Teufel is’ das denn?«, rief einer von Behringers Schlägern. »Sieht aus wie’n Kinderspielzeug. Das is’ doch keene Waffe. Das hier is ’ne Waffe.« Er zog ein etwa dreißig Zentimeter langes Bowiemesser aus dem Stiefel. »Zu ’ner Schlägerei muss man das richtige Werkzeug mitbringen. Mit einem Messer wie diesem hier könnte man einem ausgewachsenen Ochsen …« Weiter kam er nicht.
    In einer Bewegung, zu schnell für das Auge, ließ Humboldt das Nunchaku durch die Luft wirbeln. Es gab ein trockenes Knacken, einen Schrei und das Klirren von Metall, das auf Holzdielen prallte. Der Kerl sank neben seinem Messer zu Boden und hielt wimmernd sein Handgelenk.
    Ein Moment ungläubigen Schweigens trat ein, als alle die Auswirkungen des vermeintlichen Spielzeugs bestaunten.
    Das Nunchaku war eine ernst zu nehmende Waffe. Humboldt hatte sie von seiner Reise nach China mitgebracht. Ursprünglich als Dreschflegel von Bauern benutzt, entwickelte sie sich rasch zu einem kostengünstigen und effektiven Schlaginstrument. Es war klein, konnte also verdeckt getragen werden, und ermöglichte einem erfahrenen Kämpfer verschiedenste Techniken: Schlagen, Stoßen, Wirbeln, Schwingen und Würgen. Allerdings bestand bei einem ungeübten Kämpfer die Gefahr, sich selbst zu verletzen, weswegen die Kampfkunst jahrelange Übung voraussetzte. Doch Humboldt hatte es in dieser Disziplin zur Meisterschaft gebracht. Als sich alle mit Wutgeheul auf ihn stürzten, fing der Tanz an. In der einen Hand seinen Gehstock, in der anderen das Nunchaku, wirbelte er herum und traf Arme, Beine und Handgelenke.
    Das war Oskars Moment.
    Mit zielsicherem Griff langte er in seine Tasche, holte drei zylinderförmige und mit Wachsstopfen verschlossene Kapseln heraus, visierte den hinteren Teil der Wirtschaft an und schleuderte die drei Ampullen den Kämpfern vor die Füße. Beißender Rauch stieg auf. Humboldt nutzte die entstandene Verwirrung, um sein Atemgerät aus der Manteltasche zu holen. Genau wie Oskar.
    Die Ampullen enthielten eine Flüssigkeit, die beim Kontakt mit Luft ein beißendes Gas freisetzte. Es war zwar nicht giftig, aber doch so aggressiv, dass Lungen und Nasenschleimhäute angriffen wurden. Humboldt hatte die Mixtur aus der indischen Bhut Jolokia – der schärfsten Chilischote der Welt – gewonnen. In einer Mischung aus Alkohol und verschiedenen chemischen Verdampfungsmitteln entfaltete das Öl in Verbindung mit Sauerstoff seine volle Wirkung.
    Die Angriffe gegen den Forscher erlahmten und brachen schließlich ab. Flüche und Verwünschungen hallten durch den Holzfäller , während die Ganoven wie blind durch die Gegend taumelten. Einer von ihnen war geistesgegenwärtig genug, ein Fenster aufzureißen, doch das reichte nicht aus, um dem scharfen Dampf Einhalt zu gebieten.
    Oskar kämpfte sich durch die Nebelschwaden nach vorne. Seine Augen tränten, aber das war zu verschmerzen. Humboldt befand sich in Bedrängnis. Der Schwarze Fährmann hielt ihn von hinten gepackt, während ein zweiter Schläger mit tränenüberströmten Augen und Schlagring auf ihn einstürmte. Humboldt sprang hoch und schlang dem Angreifer seine Beine um den Hals. Wie eine Schraubzwinge drückte er ihn zu Boden. Doch der Fährmann ließ nicht locker. Oskar packte eine Flasche und hieb sie dem turmhohen Kerl über den Schädel. Mit einem dumpfen Stöhnen sackte er zu Boden.
    Oskar half seinem Vater auf die Beine.
    Â»Wo ist Behringer?«
    Oskar sah sich um. Von dem Unterweltboss fehlte jede Spur.
    Â»Da drüben, die Tür.« Humboldt deutete nach rechts. »Los, hinterher.«

26
    D er Hintereingang, der zum Treppenhaus

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