Chronos
ihm bedeutet hatte.
»Aber das hat sich geändert.« Loreen wurde plötzlich ernst. Ihr Lächeln versiegte. »Jetzt ist Barbara nicht mehr da, und ich glaube, du musst jetzt lernen, durchschnittlich, alltäglich zu sein. Und ich denke nicht, dass das einfach für dich werden wird. Im Gegenteil, es wird ziemlich schwer sein.«
Tony entschuldigte sich nicht, aber er kam etwas verschämt aus Barrys Zimmer und gab sich betont freundlich. Er sagte, er würde sich gerne das neue Haus ansehen, und Tom nahm das Angebot sofort an, um einen Grund zu finden, sich schon früh zu verabschieden. Er ließ Tony in seinem blauen Aerostar die Küste entlang hinter ihm herfahren. Als sie sich landeinwärts bewegten, die Post Road hinauf und weg vom dichten Verkehr, wurde Tony zu einer grellen Lichtflut in Toms Rückspiegel und verschwand immer dann, wenn der Wagen die eine oder andere Baumgruppe umrundete. Sie parkten vor dem Haus. Tony stieg aus seinem Kleinbus, und die beiden Männer standen für einen Moment in der sternenklaren, vom Quaken der Frösche erfüllten Nacht.
»Es war ein Fehler, etwas zu kaufen, das so weit draußen liegt«, sagte Tony.
»Mir gefällt es hier«, entgegnete Tom. »Und der Preis war günstig.«
»Eine schlechte Investition. Selbst wenn der Markt in Bewegung gerät und die Preise anziehen, ist das Haus zu weit von der Stadt entfernt.«
»Es ist keine Investition, Tony. Es ist mein Haus. Ich will hier wohnen.«
Tony bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick.
»Komm herein«, sagte Tom.
Er führte seinen Bruder herum. Tony schaute in die Geschirrschränke, fuhr mit einem Finger über die Fensterrahmen, stellte sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick in den Sicherungskasten zu werfen. Als sie nach ihrem Rundgang wieder im Wohnzimmer ankamen, schenkte Tom seinem Bruder eine Cola ein. Tony deutete mit einem Blick an, dass ihm das gefiel, wenn kein Alkohol im Haus war. »Ziemlich gut erhalten für sein Alter«, gab er zu. »Es ist, weiß Gott, sauber.«
»Selbstreinigend«, sagte Tom.
»Wie bitte?«
»Ach ... nichts.«
»Hast du vor, uns in nächster Zeit mal zum Abendessen einzuladen?«
»Sobald ich mich häuslich eingerichtet habe. Dich und Loreen und die ganze Sippe.«
»Schön ... das ist gut.«
Tony trank seine Cola und ging zur Tür.
Es ist genauso schwierig für ihn wie für mich, erkannte Tom.
»Nun«, sagte Tony, »viel Glück, kleiner Bruder. Was soll ich sonst sagen?«
»Du hast es schon gesagt. Danke, Tony ...«
Sie umarmten sich unbeholfen. »Du bedeutest mir sehr viel«, sagte Tony und trat hinaus in die kühle Nachtluft.
Tom lauschte dem Kleinbus hinterher, als er davonfuhr und sein Brummen auf der Straße verhallte.
Er kehrte allein ins Haus zurück.
Die Stille erschien ihm ganz schwach mit Leben erfüllt.
»Hallo, Gespenster«, sagte Tom. »Ich wette, ihr habt das Geschirr nicht gespült.«
Aber wie sich herausstellte, hatten sie es doch getan.
2
Es dauerte nicht lange, bis eine einzige Frage sein Bewusstsein nahezu vollständig ausfüllte: Was war Wahnsinn, und wie konnte man feststellen, dass er einen überfiel?
Die Klischeevorstellung besagte, dass die Frage sich sozusagen selbst beantwortete. Wenn man vernünftig genug war, sich diese Frage zu stellen, dann musste man eigentlich noch normal sein. Tom hatte Schwierigkeiten mit dieser Logik. Sicherlich würde auch der als solcher erkannte und bestätigte Psychotiker manchmal in einen Spiegel schauen und sich fragen, ob die Dinge nicht etwas seltsam waren, oder?
Es war keine rein akademische Frage. Soweit er es überblickte, gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder begann er allmählich durchzudrehen – und er war nicht bereit, sich das so schnell einzugestehen –, oder irgendetwas ging in seinem Haus vor.
Etwas Beängstigendes. Etwas Seltsames.
Er schob die Frage drei Tage lang vor sich her und räumte immer besonders sorgfältig auf. Er ließ kein schmutziges Geschirr in der Spüle stehen, ließ keine Krümel liegen und brachte den Abfall in die Mülltonne im Garten. Die Haushaltselfen hatten nichts zu tun, und Tom konnte sich einreden, er habe das Geschirr an dem Abend, als er bei Tony war, selbst gespült. Wahrscheinlich hatte seine Erinnerung ihm nur einen Streich gespielt.
Er begann mit seiner Arbeit bei Arbutus Ford, und er wurde von einer Vielzahl von Kleinigkeiten in Anspruch genommen. Die meiste Arbeitszeit verbrachte er damit, ein Handbuch für Verkaufstraining zu studieren oder den älteren
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