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Chucks Welt

Chucks Welt

Titel: Chucks Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron Karo
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»Hast du schon mal auf dem Autorücksitz mit jemandem geknutscht?«
    Sofort wird mir heiß. Es kommt öfter mal vor, dass Amy mir eine Frage entgegenschleudert, in der es um Sex geht, und jedes Mal krampfen sich meine Eingeweide zusammen. Das sind keine Fragen für einen Nachhilfelehrer, nicht mal für einen guten männlichen Kumpel. Glaube ich zumindest, schließlich bin ich beides zum ersten Mal.
    »Nein«, antworte ich. »Ich hab noch nie auf dem Autorücksitz mit jemandem geknutscht. Allerdings habe ich auch kein Auto.«
    Amy prustet schon wieder los. »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Na ja, wer kein Auto hat, kann auch nicht auf dem Rücksitz knutschen, oder?«
    »Chuck, es kann doch auch ein anderes Auto sein.«
    »Tja, das stimmt wohl.«
    Ist nicht leicht, das zuzugeben, aber während ich hier sitze mit Amy, in der Bibliothek, und übers Knutschen rede   … na ja, da kriege ich einen Ständer. Das passiert einfach so. Amy + der Gedanke ans Knutschen = Ständer. Unter dem Tisch ist er zwar nicht zu sehen, aber ich bin in Panik, Amy könnte es trotzdem merken.
    »Alles okay, Chuck?«, fragt sie. »Du bist ein bisschen blass.«
    Weil mir alles Blut aus dem Gesicht in den Schwanz geschossen ist.
    »Ja, alles bestens.« Ich ziehe eine Grimasse.
    Das eine, was ich mir mehr wünsche als alles sonst auf der Welt, ist, mit Amy zusammen zu sein. Im romantischen Sinn. Wir sind Freunde, wir reden über alles (außer meine Zwangsstörungen), wir verbringen viel Zeit miteinander, trotzdem passiert nichts in die Richtung. Deshalb trage ich heute schon wieder meine weißen Chucks: Ich bin so gottverdammt frustriert.
    »Steh auf«, sagt Amy. »Ich will sehen, wer von uns beiden größer ist. Wir stellen uns Rücken an Rücken.«
    Ich werfe einen Blick nach unten. So bald stehe ich garantiert nicht vom Tisch auf.

D ad fährt mich zur wieder mal nutzlosen Stunde bei Dr.   S., weil er irgendwas zu erledigen hat. Es nervt mich, dass meine Termine dauernd auf andere Tage gelegt werden müssen, je nachdem, wer welches Auto braucht. Dad hört sich im Radio ein Basketballspiel an. Ich könnte dem Spielverlauf nicht mal dann folgen, wenn mein Leben davon abhinge.
    »Wie läuft’s in der Schule?«, fragt er.
    »Gut.«
    Ein wortkarges Gespräch. Dabei ist es gar nicht mal so, dass wir uns nichts zu sagen hätten; ich glaube nur, Dad will lieber das Spiel verfolgen.
    »Mom sagt, du hilfst einem Mädchen in Mathe?«
    Mom hat diese Info in einem ihrer berüchtigten Verhöre aus mir herausgepresst.
    »Stimmt«, sage ich. »Amy, einer Freundin.«
    »Was bezahlt sie dir?«
    »Nichts.«
    »Wieso denn?« Dad schaut mich an und kann den Steuerberater nicht verbergen.
    »Weiß nicht, Dad, kam mir einfach nicht richtig vor.«
    »Dann könntest du was zu den Therapiestunden beisteuern. Zuzahlungsprinzip, verstehst du?«
    Ich habe keine Ahnung, was es mit dem Zuzahlungsprinzip auf sich hat, und denke mal, das soll ein Witz sein, aber mir ist auch klar, dass Dad von Anfang an Zweifel an der ganzen Geschichte hatte. Ich bin nicht mal sicher, ob er überhaupt an die Existenz von Zwangsstörungen glaubt.
    »Sehr komisch«, sage ich. »Aber ich kann nichts von ihr verlangen.«
    »Magst du sie etwa oder so?«
    Ich nehme ihm übel, wie er das sagt. Was ist denn dabei, wenn ich sie mag? Ist das so schwer zu glauben?
    »Keine Ahnung. Vielleicht«, antworte ich.
    Dad nickt vor sich hin, auf eine Art, die wohl bedeuten soll, dass er mich versteht und zugleich beeindruckt ist. Er beugt sich vor und dreht das Radio einen Hauch leiser.
    »Wie heißt sie noch mal?«
    »Amy.«
    »Hast du schon ein Date mit ihr gehabt?«
    Ich verdrehe die Augen. »Dad, heutzutage, na ja, da macht man das nicht mehr so.«
    »Ach nein?«, sagt er geziert. »Und was tut man stattdessen?«
    Gute Frage. Ich habe keine Ahnung, was man stattdessen tut.
    »Kann gut sein, dass sie mich sowieso nicht auf diese Art mag.«
    »Hast du ihr von deinen Gefühlen erzählt?«
    »Nein.«
    »Tja, du verfehlst hundert Prozent der Torschüsse, die du nicht machst.«
    »Was?«
    »Du verfehlst hundert Prozent der Torschüsse, die du nicht machst. Ein Ausspruch von Wayne Gretzky. Er ist Eishockeyspie–«
    »Ich weiß schon, wer Wayne Gretzky ist, Dad.« Zumindest glaube ich es zu wissen. »Aber was hat das mit dem zu tun, worum’s gerade geht?«
    »Es bedeutet, dass du zu hundert Prozent scheiterst, wenn du nie irgendwas wagst.«
    »Und wenn ich’s versuche und trotzdem scheitere?«
    »Dann

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