Chucks Welt
mich darum zu kümmern, wie sehr ich es verabscheue, Geld anzufassen.
»Hier«, sage ich zu Parker. »Nimm schon.«
Parker mustert mich von oben bis unten und greift nach dem Schein. Dann wirft er ihn Steve vor die Füße.
»Heb das auf, Arschficker.«
Okay, das habe ich wirklich nicht kommen sehen. Offenbar studiert Parker in seiner Freizeit immer neue Taktiken ein, um Leute noch besser fertigmachen zu können. Steve schweigt.
»Ich hab gesagt, heb das auf .«
Steve verbucht das Ganze als einen weiteren Kampf, den er nur verlieren kann, beugt sich ohne Widerspruch vor, hebt das Geld auf und gibt es Parker, der passenderweise mal wieder grinst wie der König aller Vollpfosten.
»Muschi«, knurrt Parker. Dann verzieht er sich nach draußen Richtung Parkplatz.
»Danke, Kumpel«, sagt Steve nach einer Weile. »Wie’s aussieht, schulde ich dir einen Fünfer.«
»Lass mal«, sage ich, weiß aber, ich werde mir das am Ende wohl doch auf einer Liste notieren.
Steve sieht nicht gut aus. Das Ganze hat ihn ziemlich gebeutelt. Ich spüre, dass er diesen Mist nicht mehr viel länger verkraftet.
»He«, sage ich und überlege fieberhaft, wie ich ihn aufmuntern könnte, »wenn du willst, leg ich bei Beth ein gutes Wort für dich ein.« Halt mal, wieso verspreche ich ihm ausgerechnet das?
Steve kriegt sofort leuchtende Augen. Ich habe das Gefühl, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er sich glatt noch mal von Parker in den Arsch treten lassen, wenn er dadurch bei Beth eine Chance bekommt.
»Echt?«
»Klar«, sage ich zögernd, »aber du weißt ja, dass sie nicht auf mich hört.«
»Irgendwo muss man doch anfangen, oder? Danke, Chuck!«
Steve wendet sich wieder seinem Rucksack zu. Ich glaube, ich habe noch nie im Leben einen so heftigen Stimmungswechsel in so kurzer Zeit miterlebt. Aber dann gucke ich aus dem Fenster hinter Steve und sehe jemanden mit Parker in dessen Pick-up-Truck einsteigen. Auf einen Schlag dreht sich alles.
Verdammte Scheiße. Es ist Beth.
A ls ich von der Schule heimkomme, ist niemand außer Beth zu Hause. Sie hat sich in ihr Zimmer verkrümelt, aber ich höre Musik durch die Tür dröhnen. Wahrscheinlich ist sie gleichzeitig am Telefon und auf Facebook, vertieft in irgendwelche hirnverbrannten Gespräche mit Heerscharen von Freunden. Ich klopfe und trete dann gleich ins Zimmer. Meine Annahme erweist sich als richtig.
Beth fährt auf ihrem Drehstuhl herum wie ein Filmbösewicht und grinst mich verächtlich an.
»Ich ruf dich zurück, in fünf Sekunden«, sagt sie ins Telefon. So viel von ihrer kostbaren Zeit bin ich ihr offenbar wert.
Sie dreht die Musik leiser. »Was willst du denn?«
»Ich würde nur gern wissen, wie du zur Schule kommst und wieder zurück«, sage ich.
Steve kauft sich morgens immer noch gern einen Kaffee, daher holt er mich ein bisschen früher ab, schon bevor Beth aufbricht. Und ich komme fast immer erst nach ihr heim. Bis jetzt war ich der Meinung, sie fährt eben mit dem Bus, nachdem sie Steves Angebot immer wieder ausgeschlagen hat.
»Geht dich nichts an«, erwidert Beth.
»Doch, das geht mich sehr wohl was an – wenn ich Mom und Dad erzähle, dass du mit jemandem mitfährst, den sie nicht mal kennen.«
Beth seufzt. »Parker Goldberg nimmt mich mit.«
»Seit wann?«
»Keine Ahnung, schon eine ganze Weile. Ich hab ihn am Anfang vom Schuljahr auf einer Party kennengelernt. Stört doch keinen.«
Beth auf einer Party? Meine Einladung muss in der Post verloren gegangen sein.
»Mich stört es. Parker ist so ziemlich der größte Volldepp auf Erden.«
»Ist er nicht. Ich finde ihn nett.«
Nett?
»Und er ist viel cooler als du«, ergänzt sie.
»Beth, Parker macht Steve fertig, seit über neun Jahren.«
Beth verdreht die Augen. »Und? Was kann ich dafür?«
»Fühlst du dich da nicht schlecht?«
»Nein. Wenn mich der Mannschaftskapitän vom Schulfußballteam nach Hause fährt, fühle ich mich gut.«
Immerhin ist sie ehrlich, das muss man ihr lassen.
»Warum kommst du nicht einfach mit Steve und mir mit?«
»Steves Auto ist schauderhaft und außerdem habe ich keine Lust, mit dir in die Schule zu fahren.«
»Wieso ist das so ein großes Ding?«
Ich sehe eine ganze Latte von Facebookposts auf Beths Bildschirm aufpoppen. Garantiert kann ich ihre Aufmerksamkeit nicht mehr lange halten.
»Chuck, ich bin ziemlich beschäftigt. Erzählst du’s jetzt Mom und Dad oder nicht? Die glauben, ich fahr mit dem Bus. Sei keine Petze.«
Mir fehlt echt
Weitere Kostenlose Bücher