Chuzpe: Roman (German Edition)
frauenfeindlichen Maßnahmen erwehren konnte, die angewendet wurden, wenn weibliche Angestellte schwanger wurden.
Die Frauengruppe stand im Begriff, sich zu vergrößern. Eine Kollegin von Therese hatte sich für den nächsten Termin angekündigt. Und Frida, die vorzeitig aus Brasilien zurückgekehrt war, hatte angerufen und gesagt, sie würde sich der Gruppe mit größtem Vergnügen anschließen.
Ruth war glücklich. Sie hatte das Gefühl, daß die Frauengruppe endlich doch zustande kam. Sie dachte sich, daß man später einmal, wenn es mehr Mitglieder gäbe, vielleicht Leitlinien über die Ziele der Gruppe aufstellen und sich über eine verbindliche Struktur ihrer Treffen verständigen könnte.
Edek rief Ruth an; er war völlig aus dem Häuschen. »Wir haben noch nicht eröffnet, und trotzdem wir hatten heute schon Kunden«, sagte er.
»Das ist phantastisch«, sagte Ruth.
»Ich und Zofia und Walentyna sind sehr glücklich«, sagte er. »Es waren sehr nette Leute. Wir haben ihnen erklärt, daß wir noch nicht haben offiziell eröffnet, aber haben Essen da, weil wir werden eröffnen morgen. Sie waren sehr nett.«
»Wohnen sie in der Gegend?« fragte Ruth.
»Ruthie, woher ich soll wissen, wo sie wohnen?« fragte Edek.
»Ich dachte, sie hätten vielleicht etwas gesagt«, sagte Ruth.
»Das haben sie«, sagte Edek. »Aber sie haben nicht gesagt, wo sie wohnen. Sie haben gesagt, daß sie drehen einen Film. Und die ganze Straße war voll mit diesen großen Lastwagen. Und diese ganzen Lastwagen haben gehört zu den Leuten, was machen diesen Film.«
Ruth verabscheute Dreharbeiten in ihrer Straße. Die riesigen Laster blockierten ganze Straßenzüge. Samt ihren unzähligen Wohnwagen, Kamera- und Lichtzubehör und den zahllosen Mitarbeitern.
»Filmteams mit ihrem Fuhrpark und ihrer ganzen Ausrüstung können einem gewaltig auf die Nerven gehen«, sagte Ruth. »Ich hoffe, sie schrecken keine Kunden ab.«
»Ruthie«, sagte Edek, der sich nur mit Mühe beherrschte, »sowieso sie haben keine Kunden abgeschreckt, weil sie waren die Kunden.«
Zwei Tage später rief Edek wieder an. Inzwischen war das Restaurant offiziell eröffnet. Edek war fast hysterisch. Ruth konnte ihn nur mit Mühe verstehen. Die Hälfte seiner Worte war polnisch, und die andere Hälfte war ein kaum mehr verständliches Englisch. Ruth wußte, daß das nicht weiter besorgniserregend war. Edeks Hysterie hatte etwas Glückliches, wenn auch Überdrehtes. Schließlich beruhigte er sich. »Die Filmleute sind wiedergekommen«, sagte er. »Sie wollen drehen diesen Film in dieser Straße zwei Wochen lang«, sagte er. Er hielt inne, um Luft zu holen. »Sie haben gekündigt der Firma, was hat gemacht ihre Verpflegung«, sagte er. »Und sie haben gefragt uns, ob wir machen Klops für sie. Sie haben gesagt, die Klops, was sie haben mitgenommen, sind gewesen sehr popolär.«
Edek hatte das Wort »populär« noch nie anders ausgesprochen. Und niemand hatte ihn je davon abbringen können.
»Sie haben gesagt, daß die Klops, was sie haben mitgenommen, waren sehr popolär«, wiederholte Edek, zunehmend aufgeregt.
Einige Tage später rief Ruth ihn an. »Wie läuft’s?« fragte sie.
»Die Filmleute sind sehr zufrieden mit ihrem Lunch«, sagte er. »Und wir haben noch mehr Kunden. Ein Mann ist schon gekommen dreimal.«
»Was Zofia macht, ist kaum zu glauben«, sagte Max, als sie eines Nachmittags vom Lunch zurückkam. Ruth war etwasentnervt. Max war zwei Stunden lang verschwunden gewesen. Das Telefon hatte ununterbrochen geklingelt. Vier Pakete waren abgegeben worden. Und Ruth hatte scheußliche Kopfschmerzen.
»Tut mir leid«, sagte Max, als sie Ruths Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich war schnell im Restaurant«, sagte sie. »Ich kam gerade rechtzeitig, um mit anzusehen, wie Zofia eine Hackbratengeburtstagstorte mit Curry aus dem Ofen holte. So groß wie ein Wagenrad. Es war eine Bestellung für die Geburtstagsparty einer Frau für ihren Ehemann. Mit karamelisierten Zwiebeln war Happy Birthday Larry auf die Torte geschrieben oder eher eingebacken. Sah super aus. Ich habe Zofia gesagt, daß ich so etwas auch haben will. Und Zelda war da«, sagte Max. »Sie wollte wissen, ob die drei zurechtkommen.«
»Und, kommen sie zurecht?« fragte Ruth.
»Ganz prima«, sagte Max.
»Waren auch Gäste da?« fragte Ruth.
»Ein paar«, sagte Max.
Ruth hatte sich bemüht, sich keine Sorgen um Edek zu machen. Und um Zofia und Walentyna. Sie hatte sich bemüht, nicht an die drei
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