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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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warf ihn achtlos auf einen der freien Stühle. Ein modisch geschnittenes Jackett folgte, sodass Bronstein erstmals an diesem Abend Gelegenheit fand, die restliche Garderobe Jelkas zu inspizieren. Sie trug eine weiße Bluse mit einem großen Hemdkragen, darüber befand sich ein dunkler Pullover mit V-Ausschnitt. Wegen der Lichtverhältnisse konnte er sich nicht völlig sicher sein, dass dieser Pullover dieselbe Farbe aufwies wie ihre Hosen, aber er ging davon aus. Es war offensichtlich, dass Jelka ein Auge fürs Detail hatte. So, als ob sie ihm Gelegenheit hatte geben wollen, sie ausführlich in Augenschein zu nehmen, stand sie eine Weile im Raum, ehe sie sich schließlich setzte. Sie nahm eine Tasse, führte sie zum Mund und trank den Inhalt in kleinen Schlucken. „Ich habe den Ofen draußen in Gang gebracht“, meinte sie dann, „aber ich kann nicht sagen, wie lange er brennen wird. Ich habe kaum noch Holz zu Hause, von Kohlen ganz zu schweigen. Zudem nutzt er uns ohnehin nicht sonderlich, weil er kaum die Küche wärmt, von diesem Zimmer hier gar nicht zu reden.“
    „Ja, es is schon a bisserl huschi“, pflichtete ihr Bronstein bei.
    „Na ja, unter der Tuchent wird’s rasch warm werden.“
    Und was habe ich davon, dachte sich Bronstein. Laut sagte er aber: „Apropos, hast du für mich auch eine Decke? Dann werde ich es mir da auf dem Teppich gemütlich machen.“
    „Aber geh, wozu denn?“ Jelka klang verwundert.
    „Weil du weder einen Diwan noch einen bequemen Ohrensessel hast. Also wird es wohl der Boden tun müssen“, gab er zurück.
    „So ein Topfen. Das Bett ist zwar nur knapp mehr als einen Meter breit, aber für zwei reicht es schon. Müssen wir uns halt zusammenkuscheln. Aber das ist eh gut, denn dann wird uns noch schneller warm.“
    Wusste Jelka eigentlich, welche Nebenbedeutung ihr Satz hatte? Bronstein wurde nicht nur warm, ihm wurde sogar heiß.Die Vorstellung, Leib an Leib mit dieser Frau zu liegen, rief zwiespältige Gefühle in ihm hervor. Einerseits sehnte er sich danach, sich an den Körper einer schönen, jungen Frau schmiegen zu dürfen, andererseits bestand die sehr große Gefahr, dass er mit dieser Situation nicht würde umgehen können. Vor allem, was sollte er sagen? Wollte sie ihn mit diesem Angebot prüfen?
    „Bist du dir sicher?“
    „Was soll die Frage bedeuten?“
    „Dass du das wirklich willst. Dass ich mich zu dir lege, meine ich.“
    Jelka sah ihn direkt an: „Das war jetzt kein amouröses Angebot, verstehst du. Es ist spät, wir sind müde, und es gibt genau ein Bett. Also legen wir uns dort hinein und schlafen. Ich habe schon als Kind mein Bett geteilt. Das ist nichts Besonderes. Solange man nichts Besonderes daraus macht, wohlgemerkt.“
    „Na dann“, bemerkte Bronstein prosaisch, „danke.“
    „Bitte.“ Jelka nahm wieder einen Schluck Tee zu sich und zündete sich eine Zigarette an. „Wenn du dich zuvor noch waschen willst, was ich im Übrigen begrüßen würde, ich habe draußen das Lavoir hergerichtet. Ein Topf Wasser steht auf dem Ofen, damit es nicht zu kalt ist.“
    Bronstein nickte. „Dann werd ich mal.“ Er dämpfte seine Zigarette aus und stand auf. Nun zog auch er den Mantel aus und legte ihn auf den vierten Stuhl. Dann folgte sein Jackett und das darunter befindliche Gilet. Umständlich nahm er die Krawatte ab und knöpfte dann das Hemd auf, nachdem er zuvor die Manschettenknöpfe entfernt hatte. Nur noch mit seiner grauen Flanellhose und dem weißen Unterhemd bekleidet, ging er in die Küche. Er nahm das Wasser vom Ofen und goss die Hälfte des Topfinhalts in die Waschschüssel. Danach fuhr er mit beiden Händen in das Nass und wusch sich anschließend Gesicht, Hals und Nacken. Sicherheitshalber reinigte er auchnoch seine Achseln, ehe er nochmals die Hände in die Schüssel tauchte, um sie dort eine Weile gegeneinanderzureiben. Zu guter Letzt suchte er ein Handtuch, fand ein solches neben der Spüle und trocknete sich ab. „Eine überzählige Zahnbürste hast du ja nicht zufällig?“, fragte er ins Zimmer hinein.
    „Leider nein“, kam die Antwort, „ich pflege für normal keine Bettgeher zu haben. Aber nimm einen Schluck Slibo und spül dir den Mund damit aus. Das tut es in der Not auch.“
    Er tat wie ihm geraten und kehrte dann ins Zimmer zurück. Die Schlafstatt hatte Jelka in der Zwischenzeit aufgebettet. „Hast du etwas dagegen, wenn ich es schon einmal vorwärme?“, fragte er. „Nur zu, tu dir keinen Zwang an“, sagte sie nur und

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