CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Politiker Westdeutschlands daran mit, Allende den Weg zu verlegen. In Chile wurden »Plakate gedruckt, Zeitungsnachrichten lanciert, Leitartikel in Auftrag gegeben, Gerüchte ausgestreut, Flugschriften verbreitet und Pamphlete verteilt«, erinnert sich Helms. Ihm zufolge hatte dies zum Ziel, das Wahlvolk in Angst und Schrecken zu versetzen – »den Leuten vor Augen zu führen, dass durch einen Sieg Allendes die chilenische Demokratie aufs Spiel gesetzt wurde«. »Es wurden große Anstrengungen unternommen, aber der erkennbare Effekt blieb minimal.«
Botschafter Korry fand die Arbeit der CIA entsetzlich dilettantisch. »Solch eine armselige Propaganda habe ich niemals erlebt, in keiner Kampagne auf der ganzen Welt«, erklärte er viele Jahre später. »Ich äußerte damals, die Idioten in der CIA, die mitgeholfen hatten, diese ›Terrorkampagne‹ ins Werk zu setzen, hätten wegen ihrer Ahnungslosigkeit in Bezug auf Chile und die Chilenen sofort gefeuert werden müssen – und das sagte ich der CIA ins Gesicht. Vergleichbares hatte ich 1948 in Italien erlebt.«
Am 4.September 1970 trug Allende über die beiden anderen Bewerber um das Präsidentenamt mit weniger als 37 Prozent der Stimmen und einem Vorsprung von gerade einmal 1,5 Prozent den Wahlsieg davon. Nach der chilenischen Verfassung musste der Kongress binnen fünfzig Tagen nach der Wahl das Ergebnis ratifizieren und Allendes Stimmenmehrheit bestätigen. Dabei handelte es sich um eine bloße Formalität.
»Sie haben schon Ihr Vietnam«
Mit dem Manipulieren von Wahlen im Vorfeld der Abstimmung hatte die CIA reichlich Erfahrung. Eine Wahl nach der Abstimmung frisiert hatte sie noch nie. Es blieben ihr mehrere Wochen, um das Ergebnis umzustoßen.
Kissinger wies Helms an, die Chancen für einen Putsch zu sondieren. Sie waren gering: Chile besaß seit 1932 ein demokratisches System, und das Militär hatte seitdem nie nach der politischen Macht gestrebt. Helms schickte Bürochef Henry Hecksher ein Telegramm, in dem er ihn anwies, direkte Kontakte zu chilenischen Offizieren zu knüpfen, die in der Lage waren, es mit Allende aufzunehmen. Hecksher verfügte über keine solchen Kontakte. Er kannte freilich Augustín Edwards, einen der mächtigsten Männer Chiles. Edwards gehörten die meisten Kupferminen des Landes sowie die größte Zeitung, El Mercurio , und die Abfüllfabrik für Pepsi Cola. Eine Woche nach der Wahl flog Edwards nach Norden, um seinen guten Freund Donald Kendall zu besuchen, den geschäftsführenden Direktor von Pepsi Cola und einen der geschätztesten Geldgeber Nixons.
Am 14.September waren Edwards und Kendall bei Kissinger zum Kaffee eingeladen. Dann »ging Kendall zu Nixon und bat um Hilfe beim Bemühen, Allende vom Präsidentenamt fernzuhalten«, erinnerte sich Helms. (Kendall bestritt später, etwas mit der Sache zu tun gehabt zu haben, aber Helms konnte über das Dementi nur lachen.) Helms traf mit Edwards mittags im Washingtoner Hilton Hotel zusammen. Sie sprachen über den Zeitplan für einen Militärputsch gegen Allende. Am Nachmittag des gleichen Tages bewilligte Kissinger für politische Kampfmaßnahmen in Chile 250 000 Dollar. Insgesamt stellte die CIA Edwards, seiner Zeitung El Mercurio und ihrem Kampf gegen Allende eine Summe von 1,95 Millionen Dollar zur Verfügung.
Am Morgen des gleichen Tages hatte Helms Tom Polgar, dem neuen Büroleiter in Buenos Aires, befohlen, das nächste Flugzeug nach Washington zu besteigen und den Chef der argentinischen Militärjunta, General Alejandro Lanusse, mitzubringen. Der General war ein hartgesottener Mann, der in den sechziger Jahren nach einem fehlgeschlagenen Putsch vier Jahre im Gefängnis verbracht hatte. Am Nachmittag des folgenden Tages, des 15.September, saßen Polgar und Lanusse in der Chefsuite im Hauptquartier der CIA und warteten darauf, dass Helms von einer Zusammenkunft mit Nixon und Kissinger zurückkehrte.
»Als er kam, war Helms sehr nervös«, erinnerte sich Polgar. Und Helms hatte allen Grund dazu: Nixon hatte ihm befohlen, einen Militärputsch in die Wege zu leiten, ohne den Außenminister, den Verteidigungsminister, den amerikanischen Botschafter oder den CIA-Bürochef davon in Kenntnis zu setzen. Helms hatte die Anweisungen des Präsidenten auf einen Notizzettel gekritzelt:
Vielleicht nur zehnprozentige Chance, aber rettet Chile! ...
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die besten Leute, die wir haben ...
für Aufschrei der Wirtschaft sorgen.
Helms musste Kissinger
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