CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
»Ist das von irgendeinem direkten Nutzen für uns?«, wollte Kissinger wissen. Die Antwort auf seine Frage gab er selbst. Auch wenn die Unterstützung für den Dalai Lama fortgesetzt wurde – den tibetischen Widerstand ließ man fallen.
Anschließend setzte Kissinger alles ab, was von den zwanzig Jahre langen Geheimoperationen der CIA gegen China noch übrig geblieben war.
Die Überfälle der Kommandotrupps im Koreakrieg waren auf ziellose Rundfunksendungen aus Taipeh und Seoul, auf Flugblätter, die über dem Festland abgeworfen wurden, auf Falschinformationen, die man in Hongkong und Tokio in Umlauf brachte, und auf Aktivitäten zusammengeschnurrt, die laut CIA dem Zweck dienten, »die Volksrepublik China weltweit anzuschwärzen und auszubremsen«. Die CIA kollaborierte unverdrossen mit General Tschiang Kai-schek in seinem zum Scheitern verurteilten Bemühen, Taiwan die Unabhängigkeit zu sichern, und hatte keine Ahnung, dass Nixon und Kissinger Pläne verfolgten, sich mit dem Vorsitzenden Mao und Ministerpräsident Tschu En-lai in Peking zusammenzusetzen.
Als sich Kissinger schließlich mit Tschu En-lai traf, erkundigte sich der Ministerpräsident nach der neuesten Kampagne für ein unabhängiges Taiwan: »Hatte die CIA dabei nicht die Hand im Spiel?«
Kissinger versicherte Tschu, »er überschätze entschieden die Befugnisse der CIA«.
»Über sie wird überall in der Welt gesprochen«, sagte Tschu. »Wann immer etwas in der Welt passiert, denkt man stets an sie.«
»Das stimmt«, antwortete Kissinger, »und sie fühlen sich geschmeichelt, aber verdient haben sie es nicht.«
Tschu war fasziniert, zu erfahren, dass Kissinger persönlich die verdeckten Operationen der CIA genehmigte. Er äußerte seinen Verdacht, dass die Organisation nach wie vor gegen die Volksrepublik subversiv tätig sei.
»Die meisten CIA-Beamten«, erwiderte Kissinger, »schreiben lange, unverständliche Berichte und machen keine Revolution.«
»Sie sprechen von Revolution«, sagte Tschu. »Wir sagen Subversion dazu.«
»Oder Subversion«, räumte Kissinger ein. »Ich verstehe. Wir sind uns darüber im Klaren, was bei unserer Beziehung auf dem Spiel steht, und wir werden nicht zulassen, dass uns eine einzelne Organisation durch engstirnige Aktionen in die Quere kommt.«
Und damit war die Sache erledigt. Was China betraf, war die CIA danach jahrelang weg vom Fenster.
»Demokratie funktioniert nicht«
Um dem Krieg in Vietnam aufzuhelfen, kämpfte die CIA an allen Fronten. Eine ihrer größten Kraftanstrengungen unternahm sie drei Wochen nach Präsident Nixons Amtsantritt. Im Februar 1969 erzeugte sie durch eine verdeckte Aktion in Thailand einen Anschein demokratischer Verhältnisse.
Elf Jahre lang hatte eine Militärjunta Thailand regiert, und Zehntausende amerikanische Soldaten bereiteten sich in thailändischen Militärstützpunkten auf die Schlacht gegen Hanoi vor. Die Diktatur war der These, dass die Amerikaner in Südostasien für die Demokratie kämpften, nicht gerade förderlich.
Die auf die Wahl gemünzte Operation der CIA, die den Codenamen »Lotos« trug, war eine Kampagne, bei der reichlich Bargeld floss; ursprünglich geplant wurde sie 1965 von Botschafter Graham Martin, genehmigt von Präsident Johnson und erneut abgesegnet von Präsident Nixon. Das CIA-Büro in Bangkok suchte die Junta zur Abhaltung einer Wahl zu überreden; die Generäle wiesen das Ansinnen immer wieder zurück. Schließlich pumpte die CIA in den Jahren 1968 und 1969 Millionen von Dollar in die Politik Thailands; mit diesem Geld wurde die scheinbare Transformation des uniformierten Militärs in eine herrschende Partei bewerkstelligt, die bereit war, sich zur Wahl zu stellen. Als Geldverteiler der CIA fungierte Pote Sarasin – thailändischer Botschafter in den Vereinigten Staaten von 1952 bis 1957, Vorsitzender des Südostasienpakts (SEATO) von 1957 bis 1964 und die zivile Galionsfigur der herrschenden Junta.
Die Wahl fand statt, die herrschende Junta gewann mühelos. Den Herrschenden freilich ging das demokratische Brimborium auf die Nerven. Sie beendeten bald schon das Experiment, setzten die Verfassung außer Kraft und lösten das Parlament auf. In der Nacht des unblutigen Putsches übernahm Pote Sarasin wieder seine Rolle als ziviler Strohmann des Kriegsrechts; noch am Abend brachte er die Generäle in die amerikanische Botschaft in Bangkok, damit sie ihren Freunden ihre Entscheidung erläuterten. Sie achteten die Prinzipien der Demokratie
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