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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Land spürbar, von der texanischen Grenze bis hinab nach Feuerland. In Mexiko verständigte sich der Präsident ausschließlich mit dem Chef des CIA-Büros, nicht mit dem Botschafter, und an Neujahr wurde er vom Leiter des Zentralen Nachrichtendienstes persönlich bei sich zu Hause über die allgemeine Weltlage unterrichtet. In Honduras setzten sich zwei aufeinanderfolgende Bürochefs für die Unterstützung der Militärjunta durch die Vereinigten Staaten ein, obwohl sie damit dem Botschafter, dem sie unterstanden, zuwiderhandelten.
    Nur wenige lateinamerikanische Nationen fühlten sich den Idealen der Demokratie und rechtsstaatlichen Verhältnissen über bloße Lippenbekenntnisse hinaus verpflichtet. Zu ihnen zählte Chile, wo die CIA eine rote Gefahr heraufziehen sah.
    Der linksgerichtete Salvador Allende ging als Favorit in die Wahlen, die für den September 1970 angesetzt waren. Der gemäßigte Adomiro Tomic, Kandidat der Christdemokraten, die wiederum traditionell von der CIA unterstützt wurden, schien äußerst geringe Chancen zu haben. Den rechtsgerichteten Jorge Alessandri wies seine Vergangenheit als entschieden proamerikanisch aus, aber er war korrupt; dem amerikanischen Botschafter Edward Korry erschien es unmöglich, ihn zu unterstützen. Die Einsätze waren gemacht.
    Die CIA hatte Allende schon einmal geschlagen. Mehr als zwei Jahre, bevor im September 1964 Wahlen in Chile stattfanden, hatte Präsident Kennedy zum ersten Mal ein Programm gebilligt, das einen politischen Feldzug zur Abwehr Allendes zum Inhalt hatte. Der Zentrale Nachrichtendienst schuf die Kanäle, durch die rund drei Millionen Dollar in das politische System Chiles gepumpt wurden. Letztlich lief das auf einen Dollar für jede Stimme hinaus, die für den proamerikanischen Kandidaten der Christdemokraten, Eduardo Frei, abgegeben wurde. Lyndon Johnson, der einer Fortsetzung der Operation zustimmte, gab pro Kopf seiner eigenen Wähler erheblich weniger aus, als er 1964 die amerikanische Präsidentschaftswahl gewann. Abgesehen von den Koffern voller Bargeld wurde Freis Wahlkampf auch durch Stimmenfangkampagnen und politische Berater unterstützt. Die CIA finanzierte geheime Anti-Allende-Aktionen in der römischkatholischen Kirche und in den Gewerkschaften. Sie stärkte den Widerstand gegen Allende in der Militärführung und der Nationalpolizei Chiles. Außenminister Rusk versicherte Präsident Johnson, Freis Wahlsieg sei »ein Sieg der Demokratie« und »teilweise das Ergebnis der guten Arbeit der CIA«.
    Präsident Frei amtierte sechs Jahre lang; die Verfassung gestattete ihm keine zweite Amtszeit. Jetzt stellte sich erneut das Problem, wie man einen Sieg Allendes verhindern konnte. Monatelang hatte Helms dem Weißen Haus warnend vorgehalten, es müsse, um Chile in der Hand zu behalten, rasch einer neuen verdeckten Aktion seine Zustimmung geben. Wahlen im Ausland zu gewinnen erfordere Zeit und Geld. Als Bürochef hatte die Agency einen ihrer altgedientesten und verlässlichsten Leute in Santiago stationiert – Henry Hecksher, der in Berlin Spionage gegen die Sowjets getrieben, beim Sturz der Regierung Guatemalas mitgewirkt und Laos ins amerikanische Lager gelotst hatte. Er sprach sich nun gegenüber dem Weißen Haus entschieden für eine Unterstützung Alessandris, des Mannes auf dem rechten Flügel, aus.
    Kissinger war beschäftigt. Er hatte in Südostasien einen echten Krieg am Hals. Berühmt ist sein Ausspruch, Chile sei »ein Dolch, der auf das Herz der Antarktis gerichtet ist«. Im März 1970 aber stimmte er einem 135 000 Dollar teuren Programm mit dem Ziel zu, Allende politisch zu vernichten. Am 27.Juni erklärte er anlässlich der Bewilligung weiterer 165 000 Dollar: »Ich sehe nicht ein, warum wir zulassen sollen, dass ein Land wegen der Verantwortungslosigkeit seines eigenen Volkes marxistisch wird.« Er setzte sich für die Niederlage Allendes, nicht aber für irgendjemandes Sieg ein.
    Im Frühjahr und Sommer 1970 machte sich die CIA an die Arbeit. Zu Hause und im Ausland fütterte sie bekannte Journalisten, denen die Organisation alles in die Feder diktierte, mit Propagandamaterial. »Besonders bemerkenswert war in diesem Zusammenhang die Titelgeschichte in der Zeitschrift Time , die sich zu einem großen Teil Schriftstücken und Informationen verdankte, die von der CIA stammten«, vermerkte ein interner CIA-Bericht. In Europa wirkten auf Veranlassung der CIA führende Vertreter des Vatikans und christlich-demokratische

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