CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Ministerium in Stücke zu reißen«, wie Nixon sich ausdrückte.
Am 20.November gab Nixon Helms bei einem kurzen, peinlichen Treffen in Camp David den Laufpass. Er bot ihm den Posten eines Botschafters in der Sowjetunion an. Es folgte eine unbehagliche Pause, in der Helms sich durch den Kopf gehen ließ, welche Konsequenzen das für ihn hätte. »Schauen Sie, Herr Präsident«, sagte er dann, »ich glaube nicht, dass es eine sonderlich gute Idee wäre, mich nach Moskau zu schicken.« »Vielleicht wirklich nicht«, erwiderte Nixon. Helms schlug stattdessen den Iran vor, und Nixon redete ihm zu, den Posten anzunehmen. Sie verständigten sich auch darauf, dass Helms bis zu seinem sechzigsten Geburtstag im März 1973, also bis er das für die CIA geltende Rentenalter erreichte, im Amt bleiben sollte. Nixon setzte sich über diese Vereinbarung hinweg – eine sinnlose Gemeinheit. »Der Mann war ein Dreckskerl«, sagte Helms und zitterte nahezu vor Wut, während er die Geschichte erzählte.
Helms blieb bis zu seinem Todestag überzeugt davon, dass Nixon ihn feuerte, weil er nicht bereit war, den Kopf für Watergate hinzuhalten. Aber die Akten beweisen, dass Nixon schon lange vor dem Einbruch beschlossen hatte, Helms über die Klinge springen zu lassen und die CIA auseinanderzunehmen. Tatsächlich glaubte Nixon, Helms wolle ihm an den Kragen.
»Sind Sie der Ansicht, dass es eine Verschwörung der CIA gab oder gegeben haben könnte, Sie aus dem Amt zu treiben?«, wurde Nixon ein Jahrzehnt später von seinem Freund und früheren Berater Frank Gannon gefragt.
»Viele glauben das«, antwortete Nixon. »Die CIA hatte dafür Beweggründe. Es war kein Geheimnis, dass ich mit der CIA unzufrieden war, mit ihren Berichten und insbesondere mit ihren Einschätzungen der Stärke der Sowjets und unserer anderen Probleme rings um die Welt. (…) Ich wollte ein bisschen aufräumen und so. Und sie wussten das. Sie hatten also ein Motiv.«
»Meinen Sie, die haben Angst vor Ihnen gehabt?«, wollte Gannon wissen.
»Ohne Frage«, erwiderte Nixon. »Und dazu hatten sie auch Grund.«
Am 21.November bot Nixon die CIA James Schlesinger an, der das Angebot des Präsidenten mit Vergnügen akzeptierte. Nixon war zufrieden, »seinen eigenen Mann reinzubringen – ich meine, jemanden, der wirklich und wahrhaftig den Stempel R. N. trug – und das war Schlesinger«, meinte Helms. Wie Casey im Außenministerium hatte auch Schlesinger Anweisung, seinen Arbeitsplatz umzukrempeln.
»Schafft mir die Trottel vom Hals«, verlangte der Präsident immer wieder. »Wozu sind sie nutze? Die beschäftigen 40 000 Leute mit Zeitunglesen.«
Am 27.Dezember diktierte der Präsident einen Aktenvermerk mit einem Abriss des Vorhabens. »Die Verantwortung muss bei Schlesinger liegen«, verfügte Nixon entgegen Kissingers Anspruch, über den amerikanischen Nachrichtendienst die Kontrolle auszuüben. Wenn der Kongress je »den Eindruck gewänne, dass der Präsident alle nachrichtendienstlichen Aktivitäten Kissinger unterstellt hat, wäre der Teufel los. Wenn andererseits ich den neuen Direktor der CIA Schlesinger zu meinem Assistenten für nachrichtendienstliche Aktivitäten ernenne, können wir beim Kongress durchkommen. Henry hat einfach nicht die Zeit. (…) Ich habe ihn und Haig über drei Jahre lang getriezt, den Nachrichtendienst zu reorganisieren, ohne jeden Erfolg.« In diesen Worten hallte lautstark Eisenhowers Zornausbruch zu Ende seiner Präsidialzeit wider, als er sich über das »achtjährige Scheitern« bei seinem Bemühen, den amerikanischen Nachrichtendienst auf Vordermann zu bringen, empörte.
Während seiner letzten Tage im Amt machte sich Helms Sorgen, Nixon und seine Getreuen könnten die Akten der CIA in ihre Gewalt bringen. Er tat alles in seiner Macht Stehende, um zwei Bündel von Dokumenten zu vernichten, die der Organisation zum Verhängnis hätten werden können. Das eine Bündel betraf die schriftlichen Unterlagen über die Experimente, die er und Allen Dulles zwei Jahrzehnte zuvor persönlich angeordnet hatten und bei denen es um die Steuerung des Bewusstseins durch LSD und viele andere Drogen ging. Von diesen Unterlagen sind nur wenige erhalten geblieben.
Das zweite Bündel umfasste sein eigenes Archiv heimlicher Bandmitschnitte. Helms hatte in seiner sechs Jahre und sieben Monate dauernden Zeit als Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes Hunderte von Gesprächen in seinem Büro im siebten Stock mitgeschnitten. Als er am 2.Februar
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