CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
versorgt hatte: mit einer roten Perücke, einer Apparatur, um die Stimme zu verstellen, einem falschen Ausweis. Dann verlangte das Weiße Haus von der CIA, ein psychologisches Profil Daniel Ellsbergs zu erstellen, was ein direkter Verstoß gegen das in der Satzung der CIA verankerte Verbot darstellte, amerikanische Staatsbürger auszuspionieren. Helms indes spielte mit.
Im November 1971 drängte Helms Cushman aus der CIA hinaus. Der Posten blieb sechs Monate lang unbesetzt, ehe sich Nixon für den perfekten Kandidaten entschied: für Lieutenant General Vernon Walters.
General Walters hatte zwanzig Jahre lang weitgehend damit verbracht, geheime Missionen für den Präsidenten durchzuführen. Helms freilich kannte ihn noch gar nicht, als er am 2.Mai 1972 als neuer Stellvertretender Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes erschien. »Ich war gerade von der Durchführung einer Operation zurückgekommen, von der die CIA nichts wusste«, erinnerte sich General Walters. »Helms, der einen anderen hatte haben wollen, sagte: ›Ich habe von Ihnen gehört; wie weit sind Sie mit nachrichtendienstlicher Arbeit vertraut?‹ ›Also, ich habe mit den Chinesen und den Vietnamesen drei Jahre lang verhandelt‹, sagte ich, ›und ich habe Henry Kissinger fünfzehn Mal nach Paris geschmuggelt, ohne dass Sie oder sonst jemand in der Agency davon etwas mitbekamen.‹« Helms war gebührend beeindruckt. Er fand allerdings bald Grund, sich Gedanken bezüglich der Loyalität seines neuen Stellvertreters zu machen.
»Kein Baum im ganzen Wald wird stehen bleiben«
Spätabends am Samstag, dem 17.Juni 1972, rief Howard Osborn, Chef des Sicherheitsbüros der CIA, Helms zu Hause an. Dem Direktor war klar, dass er keine guten Nachrichten zu erwarten hatte. Seinen Erinnerungen zufolge verlief das Gespräch so:
»Dick, sind Sie noch wach?«
»Ja, Howard.«
»Ich habe gerade erfahren, dass die Bezirkspolizei fünf Männer bei einem Einbruch in die Landeszentrale der Demokratischen Partei am Watergate erwischt hat. … Vier Kubaner und Jim McCord.«
»McCord? Der aus deinem Laden ausgeschieden ist?«
»Vor zwei Jahren.«
»Was ist mit den Kubanern – Miami oder Havanna?«
»Miami … schon eine ganze Zeit lang im Land.«
»Kennen wir sie?«
»Kann ich noch nicht sagen.«
»Als erstes schnapp dir die für die Operationen zuständigen Leute.
… Schaff sie nach Miami. Durchsucht alle Unterlagen hier und in Miami … Ist das schon alles?«
»Nein, nicht einmal die Hälfte«, antwortete Osborn mit düsterer Stimme. »Howard Hunt scheint auch verwickelt.«
Als Hunts Name fiel, atmete Helms tief durch. »Was, verdammt noch mal, hatten sie vor?«, fragte er. Er konnte es sich schon so ziemlich denken: McCord war Experte für elektronische Spionage. Hunt arbeitete für Nixon, und die Anklage lautete auf illegales Abhören, ein Fall fürs FBI.
Von der Bettkante aus spürte Helms den amtierenden Leiter des FBI, L. Patrick Gray, in einem Hotel in Los Angeles auf. J. Edgar Hoover war sechs Wochen zuvor gestorben, nach achtundvierzig Jahren im Amt. Helms teilte Gray ganz vorsichtig mit, dass die Watergate-Einbrecher vom Weißen Haus engagiert worden waren und dass die CIA nichts damit zu tun hatte. Alles klar? Na, dann gute Nacht.
Am Montag, dem 19.Juni, empfing Helms in der Zentrale die leitenden Beamten der CIA zur täglichen Routinesitzung. Bill Colby, mittlerweile der geschäftsführende Leiter der CIA, der dritte Mann in der Hierarchie, erinnerte sich an Helms’ Worte bei dieser Gelegenheit: »Wir werden jede Menge Ärger kriegen, weil das Ehemalige sind – das heißt frühere Mitarbeiter der CIA« –, »und weil uns bekannt war, dass sie im Weißen Haus arbeiteten.« Am nächsten Morgen machte die Washington Post das Oval Office für Watergate verantwortlich – auch wenn bis heute niemand sicher weiß, ob Richard Nixon den Einbruch genehmigt hatte.
Am 23.Juni, einem Freitag, befahl Nixon seinem brutal tüchtigen Stabschef H. R. Haldeman, Helms und Walters ins Weiße Haus zu zitieren und sie anzuweisen, das FBI unter Berufung auf die nationale Sicherheit abzuwimmeln. Zuerst erklärten sie sich einverstanden, das höchst riskante Spiel mitzuspielen. Walters rief Gray an und forderte ihn auf, die Sache fallen zu lassen. Am Montag, dem 26.Juni, ging dann allerdings Nixons Berater John Dean zu weit, als er Walters aufforderte, aus schwarzen Kassen eine große Summe Schweigegeld für die sechs verhafteten CIA-Veteranen zu
Weitere Kostenlose Bücher