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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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1973 offiziell verabschiedet wurde, waren sämtliche Bänder vernichtet.
    »Als Helms das Gebäude verließ, drängte sich die ganze Belegschaft im Eingang zum Hauptquartier, um von ihm Abschied zu nehmen«, berichtete Sam Halpern, damals ein hoher Mitarbeiter im Geheimdienst. »Im ganzen Haus blieb kein Auge trocken. Jedermann wusste, dass wir danach schweren Zeiten entgegengingen.«

31  »Das Konzept Geheimdienst verändern«
    Der Zusammenbruch der CIA als eines geheimen Nachrichtendienstes begann an dem Tag, als Helms ging und James Schlesinger die Zentrale betrat.
    Schlesinger leitete den Zentralen Nachrichtendienst siebzehn Wochen lang. In dieser Zeit entließ er mehr als 500 Analysten und über 1000 Mitarbeiter aus dem Geheimdienst. Beamte, die im Ausland Dienst taten, erhielten ungezeichnete Telegramme, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass sie entlassen seien. Daraufhin erhielt Schlesinger anonyme Morddrohungen und nahm in das für seine Sicherheit zuständige Kommando bewaffnete Wachen auf.
    Er ernannte Bill Colby zum neuen Chef des Geheimdienstes und ließ ihn dann Platz nehmen, um zu erklären, es sei an der Zeit, »das Konzept ›Geheimdienst‹ zu verändern«. Die Technokratie sei am Ende, und die Tage der alten Knaben, die schon seit fünfundzwanzig Jahren mitmachten, seien gezählt. »Er war krankhaft misstrauisch in Bezug auf die Rolle und den Einfluss der alten führenden Geheimdienstler«, erinnerte sich Colby. »Seinem Eindruck nach war unter ihrer Herrschaft die Agency selbstzufrieden und arrogant geworden; es schwirrten bei weitem zu viele dieser ›alten Knaben‹ in der Agency herum und täten nichts weiter, als sich gegenseitig zu beobachten, Spion zu spielen und in den goldenen Zeiten von anno dazumal zu schwelgen.«
    Die alten Knaben behaupteten, die gesamte Arbeit im Ausland stehe im Dienst des Kampfes gegen die Sowjets und die Rotchinesen. Ob man in Kairo oder in Kathmandu stationiert sei, stets bekämpfe man Moskau und Peking. Aber was habe das für einen Sinn, wenn gleichzeitig Nixon und Kissinger mit den Führern der kommunistischen Welt anstießen und Toasts auf sie ausbrächten? Der Friede stehe vor der Tür. Die Entspannungspolitik des Präsidenten nehme den Kalten Kriegern vom Geheimdienst den Wind aus den Segeln.
    Colby führte in aller Eile eine Bestandsaufnahme der CIA-Kapazitäten durch. Ein Jahrzehnt zuvor war die Hälfte des Budgets der CIA in verdeckte Operationen geflossen. Unter Nixon entfielen auf diesen Sektor nun nicht einmal mehr zehn Prozent des Haushalts. Die Rekrutierung von Nachwuchs stagnierte, woran der Vietnamkrieg schuld war. Das politische Klima war der Anwerbung junger kluger College-absolventen nicht günstig; eine wachsende Zahl von Universitäten verbot auf öffentlichen Druck den CIA-Werbern die Betätigung. Das Ende der Einberufung zum Militärdienst bedeutete, dass der Zustrom junger Offiziere, die in die Reihen der CIA wechselten, versiegte.
    Die Sowjetunion blieb für amerikanische Spione praktisch eine terra incognita . Nordkorea und Nordvietnam waren weiße Flecke auf der Landkarte. Ihre besten Informationen kaufte die CIA von Nachrichtendiensten der Verbündeten und von Führern der Dritten Welt, die direkt auf ihrer Gehaltsliste standen. Am wirksamsten betätigte sie sich an den Peripherien der Macht, aber dort befanden sich die billigen Plätze, von denen aus man nur beschränkte Sicht auf die Weltbühne hatte.
    Die für die Sowjetunion zuständige Abteilung stand immer noch unter dem lähmenden Einfluss der Verschwörungstheorien Jim Angletons, der nach wie vor die amerikanische Gegenspionage leitete. »Angleton hat verheerende Folgen für uns gehabt«, erklärte der CIA-Mitarbeiter Haviland Smith, der in den sechziger und siebziger Jahren Operationen gegen die Sowjets durchführte. »Er hat uns das sowjetische Geschäft kaputt gemacht.« Zu den traurigen Aufgaben Bill Colbys zählte es, sich zu überlegen, was mit dem alkoholkranken Spionenjäger geschehen sollte, der mittlerweile Colby selbst im Verdacht hatte, ein Maulwurf für Moskau zu sein. Colby wollte Schlesinger überreden, Angleton zu entlassen. Der neue Direktor zögerte, nachdem er sich von Angleton einen »Lagebericht« hatte geben lassen.
    In seinem dunklen, verräucherten Büro führte Angleton den neuen Chef fünfzig Jahre zurück in die Vergangenheit, in die Anfangszeiten des sowjetischen Kommunismus, zu den raffinierten Täuschungsmanövern und Manipulationen, die in den

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