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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Geschichte zur Kenntnis zu bringen.«
    Das Weiße Haus sah sich mittlerweile mit acht verschiedenen Untersuchungen und Anhörungen in Sachen CIA konfrontiert. Rumsfeld erläuterte die Absicht des Weißen Hauses, sie alle auf einen Schlag mit Hilfe der Rockefeller-Kommission abzuwehren, deren Mitglieder »republikanisch und rechtsgerichtet« sein würden. Ein Mitglied stand bereits auf seiner Liste: »Ronald Reagan, politischer Kommentator, früherer Präsident des Interessenverbands der Filmschauspieler und ehemaliger Gouverneur von Kalifornien.«
    »Wie sollte der Schlussbericht aussehen?«, wollte der Präsident wissen. Alle Anwesenden stimmten darin überein, dass Schadensbegrenzung das Allerwichtigste sei. »Auf Colby müssen wir ein Auge haben«, sagte Kissinger. Wenn er nicht dichthalte, werde »die Geschichte bald schon in aller Munde sein«.
    Am 16.Januar 1975 empfing Präsident Ford leitende Redakteure und den Herausgeber der New York Times zu einem Mittagessen im Weißen Haus. Es liege, sagte der Präsident, definitiv nicht im nationalen Interesse, die Vergangenheit der CIA breitzutreten. Der Ruf jedes einzelnen Präsidenten seit Harry Truman stehe auf dem Spiel, wenn die tiefsten Geheimnisse aufgedeckt würden. Zum Beispiel?, wollte einer der Redakteure wissen. Zum Beispiel Mordanschläge!, sagte Ford. Schwer zu entscheiden, was merkwürdiger war – das, was der Präsident geäußert hatte, oder die Tatsache, dass die Redakteure es schafften, die Äußerung nicht publik werden zu lassen.
    Der neue Kongress, der drei Monate nach Nixons Rücktritt gewählt wurde, war der liberalste aller Zeiten. »Die Frage ist, wie man vorgehen soll, um der CIA-Untersuchung wirksam zu begegnen«, erklärte Präsident Ford gegenüber Rumsfeld am 21.Februar; dieser trat für »eine schadensbegrenzende Operation zugunsten des Präsidenten« ein. Er übernahm die Aufgabe, festzulegen, wie viele der Geheimnisse der CIA – falls überhaupt welche – Ford und Rockefeller mit dem Parlament teilen würden.
    Am 28.März erklärte Schlesinger dem Präsidenten, es sei unbedingt erforderlich, »die CIA-Operationen« in aller Welt »weniger auffällig durchzuführen«. »Innerhalb der CIA wird heftig gestritten«, sagte Schlesinger, der fleißig mitgeholfen hatte, die Zwietracht zu säen. Im Geheimdienst wimmele es von »ausgebrannten alten Agenten«, die vielleicht Geheimnisse ausplaudern würden. Colby verhalte sich gegenüber dem Kongress »verdammt viel zu kooperationswillig«. Die Gefahr von Enthüllungen wachse mit jedem Tag.

34  » Saigon meldet sich ab«
    Am 2.April 1975 teilte Colby dem Weißen Haus warnend mit, die Vereinigten Staaten stünden im Begriff, einen Krieg zu verlieren.
    »Lassen Sie mich versuchen, mir ein Bild von der Lage zu machen«, sagte Kissinger. »Gibt es irgendwo noch die Chance für die Südvietnamesen, eine Grenze zu ziehen und den Nordvietnamesen standzuhalten?«
    »Hier, nördlich von Saigon«, sagte Colby und deutete auf eine Linie auf der Landkarte.
    »Das ist hoffnungslos!«, rief Schlesinger.
    Ob Südvietnam vor dem Zusammenbruch stehe, wollte Kissinger wissen. Colby erschien das unausweichlich.
    »Ich glaube, Martin« – Botschafter Graham Martin – »sollte Vorbereitungen für eine Evakuierung treffen«, sagte Kissinger. »Ich meine, wir schulden es – wir haben die Pflicht – die Leute, die an uns geglaubt haben, rauszuschaffen. (…) Wir müssen diese Leute rausschaffen, die an dem Phoenix-Programm beteiligt waren.« Gemeint war die paramilitärische Verhaftungs-, Verhör- und Folterkampagne, an der Colby zwischen 1968 und 1971 als Zivilist im Range eines Botschafters mitgewirkt hatte. »Phoenix« hatte mindestens zwanzigtausend Menschen, die der Zugehörigkeit zum Vietkong verdächtigt wurden, das Leben gekostet.
    »Die eigentliche Frage«, sagte Colby, »ist jetzt, ob wir versuchen, ein Bollwerk um Saigon zu errichten.« Oder solle man unter Wahrung des Gesichts ein möglicherweise viele Leben rettendes Abkommen zur Evakuierung der Hauptstadt ohne Blutvergießen aushandeln?
    »Keine Verhandlungen«, erklärte Kissinger – »nicht, solange ich auf diesem Stuhl sitze.« Man solle Saigon weiter mit Waffen versorgen und es dem Norden und dem Süden überlassen, eine Lösung zu finden. »Wir können nichts retten«, sagte er.
    »Nichts, außer Leben«, erwiderte Colby. Kissinger aber blieb hart. Er werde nicht über ein friedliches Ende des Krieges verhandeln.
    Am 9.April kam Colby erneut

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