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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Botschaft. Botschafter Martin nutzte ihn, um seine Frau und seine Bediensteten zusammenzuholen. Polgar rief bei sich zu Hause an. Sein Dienstmädchen berichtete ihm, er habe Besuch: einen stellvertretenden Ministerpräsidenten, einen Drei-Sterne-General, den Leiter des Fernmeldenachrichtendienstes des Landes, den Protokollchef, hohe Offiziere mit ihren Familien und viele weitere Vietnamesen, die für die CIA gearbeitet hatten.
    Drei Stunden, nachdem Präsident Ford den Befehl zur Evakuierung gegeben hatte, trafen die ersten Hubschrauber von ihren hundertzwanzig Kilometer vor der Küste gelegenen Standorten ein. Die Marineflieger bewiesen beim Ausfliegen von etwa tausend Amerikanern und annähernd sechstausend Vietnamesen viel Geschick und Wagemut. Ein berühmtes Foto zeigt einen der letzten Hubschrauber, die Saigon verließen, wie er prekär auf einem Dach hockt, während sich eine Kette von Menschen über eine Leiter in Sicherheit bringt. Viele Jahre lang hieß es fälschlich, das Foto sei an der Botschaft aufgenommen. Tatsächlich aber handelte es sich um eine konspirative Wohnung der CIA, und es waren Polgars Freunde, die da an Bord kletterten.
    Polgar verbrannte an diesem Abend alle Akten, Telegramme und Codebücher der CIA. Nicht lange nach Mitternacht verfasste er seine Abschiedsdepesche: »DIES IST DIE LETZTE MITTEILUNG AUS DEM SAIGONER BÜRO. (…) ES WAR EIN LANGER KAMPF UND WIR HABEN VERLOREN. (…) WER NICHT AUS DER GESCHICHTE LERNT, IST DAZU VERDAMMT, SIE ZU WIEDERHOLEN. HOFFEN WIR, DASS WIR NICHT NOCH EINMAL EIN VIETNAM ERLEBEN MÜSSEN UND DASS WIR UNSERE LEKTION GELERNT HABEN. SAIGON MELDET SICH AB.« Dann zerstörte er den Apparat, mit dem er die Botschaft gesendet hatte.
    Dreißig Jahre später erinnerte sich Polgar an die letzten Augenblicke des Krieges in Vietnam: »Als wir die schmale Metalltreppe zur Hubschrauberplattform auf dem Dach hinaufstiegen, wussten wir, dass wir Tausende von Menschen auf dem Versorgungsgelände der Botschaft zurückließen. Wir alle waren uns nur zu bewusst, Verfechter einer verlorenen Sache zu sein.«
    »Fünfzehn Jahre harter Arbeit, die nichts gebracht haben«
    Der lange Krieg der CIA in Laos endete zwei Wochen später in einem von hohen Kalkfelsen umgebenen Tal. Die Kommunisten schlossen den zentralen Stützpunkt der CIA in Long Tieng ein. Der Kamm, der das Tal überragte, war dicht besetzt mit nordvietnamesischen Soldaten. Zehntausende von Hmong – Kämpfern der CIA mit ihren Familien – hatten sich an der primitiven Landebahn versammelt, in der Hoffnung, ausgeflogen zu werden. Für diese Leute, die sie fünfzehn Jahre lang paramilitärisch eingesetzt hatte, besaß die CIA keinen Rettungsplan.
    Ein CIA-Beamter blieb in Long Tieng zurück: Jerry Daniels, ein früherer Fallschirmspringer bei der Waldbrandbekämpfung in Montana; seine Hmong-Freunde nannten ihn »Sky«. Er war dreiunddreißig Jahre alt und seit fast zehn Jahren im laotischen Hinterland stationiert. Er war General Vang Pao, dem militärischen und politischen Führer der Hmong und seit 1960 wichtigsten Aktivposten der CIA in Laos, als Führungsoffizier zugeordnet.
    Daniels zählte zu den sieben CIA-Beamten – zu denen auch Bill Lair und Ted Shackley gehörten –, die in Anerkennung ihrer Arbeit vom König von Laos den Orden der Million Elefanten und des Weißen Sonnenschirms verliehen bekommen hatten.
    Daniels bestürmte Dan Arnold, den Bürochef der CIA in Laos, Flugzeuge nach Long Tieng zu schicken. Es sei »unbedingt nötig« gewesen, »die Evakuierung unverzüglich durchzuführen«, berichtete Arnold in einer mündlichen Schilderung der Geschehnisse. Aber es seien keine Flugzeuge verfügbar gewesen. »Natürlich musste die Genehmigung für eine Luftbrücke in Washington eingeholt werden, und das geschah auch mit höchster Dringlichkeit«, erzählte Arnold. »Von der CIA ging der Antrag ins Weiße Haus. (…) Washington wurde wiederholt ersucht, so rasch wie möglich für zusätzliche Lufttransportkapazitäten zu sorgen, weil wir daran so außerordentlich knapp waren. Das Problem entstand durch Verzögerungen auf höchster politischer Ebene.«
    Am 12.Mai 1975 trieb die CIA die letzten zwei C-46-Maschinen in Thailand auf. Die Flugzeuge, die etwa die Größe einer DC-3 hatten, gehörten der Fluglinie Continental Air Services, einem Privatunternehmen, das Flüge für die CIA tätigte. Im Laufe der Jahre waren Hunderte Maschinen dieser Größe mit Frachtladungen auf dem Behelfsflugplatz von Long Tieng

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