CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Vereinigten Staaten zum Komplizen bei einem Mord zu machen, um das vielleicht zu erreichen. Da ging es um ein Menschenleben, und es ging um den Ruf unseres Landes. Und die Sache so anzugehen, fand ich nicht richtig.«
Turner begriff rasch die Grundregeln des in der Spionage vor sich gehenden Tauziehens zwischen Mensch und Technik. Er begünstigte die Maschinen gegenüber den Menschen und wendete viel Zeit und Energie an den Versuch, das weltweite Netz der amerikanischen Spionagesatelliten zu verbessern. Er bemühte sich, die Nachrichtendienste zu einem Bund zu vereinigen, und schuf zu diesem Zweck einen Koordinationsstab und einen einheitlichen Haushalt. Diejenigen, die sich ernsthaft engagierten, waren entsetzt über das Durcheinander. »Ich war zuständig für die personenabhängige Informationsbeschaffung«, erinnerte sich John Holdridge, der Bushs stellvertretender Missionschef in Peking war, ehe er Mitarbeiter in der nachrichtendienstlichen Organisation wurde. »Ich sah mir diese verrückten Ideen an, die mir da vorgetragen wurden, und fragte mich, wer zum Teufel auf so etwas verfiel. Sie wirkten so entsetzlich praxisfern und undurchführbar.«
Auch die Analysten bekamen keine guten Noten. Präsident Carter zeigte sich verwundert darüber, dass das tägliche Nachrichtenbulletin der CIA nur wiederholte, was er schon in den Zeitungen gelesen hatte. Er und Turner fragten sich, warum die Einschätzungen der Agency so oberflächlich und irrelevant schienen. Gleich der Anfang mit dem neuen Präsidenten war für die CIA holprig.
»Carter hatte die seit langer Zeit geltenden Regeln geändert«
Carters neues Team für die nationale Sicherheit umfasste fünf Hauptpersonen mit vier verschiedenen Anliegen. Präsident und Vizepräsident träumten von einer neuen amerikanischen Außenpolitik, die auf den Menschenrechtsprinzipien gründete. Außenminister Cyrus Vance maß der Abrüstung überragende Bedeutung bei. Verteidigungsminister Harold Brown versuchte, für ein paar Milliarden Dollar weniger, als vom Pentagon gewünscht, eine neue Generation militärischer und nachrichtendienstlicher Instrumente zu entwickeln. Unter diesen Eulen und Tauben spielte der Sicherheitsberater des Präsidenten, Zbigniew Brzezinski, die Rolle des Falken. Sein Denken war von zehn Jahrhunderten Leid geprägt, das Moskau Warschau zugefügt hatte. Er wollte den Vereinigten Staaten dabei helfen, die Herzen und Köpfe in Osteuropa für sich zu gewinnen. Für diesen Zweck spannte er die Außenpolitik des Präsidenten ein; er versuchte, die Sowjets an ihrer schwächsten Stelle zu treffen.
Präsident Ford und der Führer der Sowjetunion, Leonid Breschnew, hatten 1975 in Helsinki eine Vereinbarung unterzeichnet, die »den freien Verkehr von Menschen und Ideen« propagierte. Ford und Kissinger hatten das als schöne Floskel betrachtet. Anderen aber war es todernst damit – einer Generation von Oppositionellen in Russland und Osteuropa, die genug hatte vom bösartigen Alltag des sowjetischen Staats.
Mit Billigung Carters wurde von Brzezinski eine Reihe von verdeckten Aktionen in Gang gesetzt, die sich gegen Moskau, Warschau und Prag richteten. Durch sie wurde die CIA ermächtigt, in Polen und in der Tschechoslowakei Bücher herauszubringen und den Druck und die Verbreitung von Illustrierten und Zeitschriften finanziell zu unterstützen, in der Sowjetunion die Verbreitung von Schriften von Dissidenten zu fördern, den Ukrainern und anderen ethnischen Minderheiten in der Sowjetunion bei ihrer politischen Arbeit unter die Arme zu greifen sowie freiheitlich gesinnte Leute hinter dem Eisernen Vorhang mit Faxgeräten und Kassetten zu versorgen. Man wollte die staatliche Kontrolle des Informationsflusses untergraben, die grundlegend für die Unterdrückung in der kommunistischen Welt war.
Der politische Krieg, den Jimmy Carter führte, habe eine neue Front im Kalten Krieg eröffnet, meinte Bob Gates von der CIA, der damals in dem von Brzezinski geleiteten Nationalen Sicherheitsrat als Analyst für den Bereich Sowjetunion arbeitete: »Durch seine Menschenrechtspolitik war er der erste Präsident seit Truman, der geradewegs in Zweifel zog, ob die sowjetische Regierung aus Sicht des eigenen Volkes Legitimität besaß. Und die Sowjets erkannten sofort, was für eine fundamentale Herausforderung das war: Nach ihrer Überzeugung war er bestrebt, ihr System zu zerstören.«
Carter verfolgte bescheidenere Ziele: Er wollte das sowjetische System verändern, nicht
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