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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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amerikanische Volk zu belügen, gerecht zu werden. Für den Chef eines Geheimdienstes, dessen Akteure ihren Erfolg auf Täuschung gründeten, war das ein Dilemma. Ständige subversive Handlungen zerstörten rasch den Rest von Vertrauen in den Geheimdienst, den Turner noch hatte.
    Im Jahr 1978 stieß der amerikanische Botschafter in Jugoslawien, Lawrence Eagleburger, der später in der ersten Regierung Bush Außenminister wurde, auf eine Anweisung der Geheimdienstzentrale an alle Bürochefs rund um die Welt. Hinter Turners Rücken hatte jemand von ganz oben in der Organisation die Direktive erteilt, wichtige Operationen im Ausland vor den jeweiligen Botschaftern geheim zu halten. Das verstieß diametral gegen präsidiale Anordnungen, die seit siebzehn Jahren in Kraft waren.
    »Ich fragte meinen Bürochef, ob das zutraf«, berichtete Eagleburger. »Er sagte, jawohl, es stimme. Ich sagte: ›Schön, ich möchte, dass Sie Admiral Turner eine Nachricht zukommen lassen.‹« Sie war kurz und bündig: »Solange diese Anweisung nicht widerrufen ist, haben Sie in Jugoslawien nichts mehr zu suchen. Damit meine ich, dass Sie keinen Zutritt zum Büro mehr haben und keinerlei Aktivität in Belgrad oder in Jugoslawien mehr entfalten dürfen: Sie müssen schlicht und einfach dichtmachen.«
    Turner war Anhänger der Christian Science und trank statt Kaffee oder Tee heißes Wasser mit Zitrone. Die Altgedienten tranken ihr Wasser lieber mit Whisky. Verbal wie auch in ihren Handlungen bewiesen sie Turner ihre Geringschätzung. Jahre später schrieb Turner, seine Feinde innerhalb des Geheimdienstes hätten versucht, ihn durch Desinformationskampagnen zu diskreditieren – »worauf sie sich ja von Grund auf verstehen«. Dazu zählt eine Behauptung, die ein Vierteljahrhundert überdauert hat – dass Turner die alleinige Verantwortung trage für das Ausweiden des Geheimdienstes in den siebziger Jahren. Die ersten tief greifenden Einschnitte hatte Nixon angeordnet. Eintausend Geheimagenten waren von James Schlesinger entlassen worden. Unter Präsident Ford hatte George Bush eine Empfehlung seines eigenen Abteilungsleiters für verdeckte Aktionen in den Wind geschlagen, weitere zweitausend Agenten gehen zu lassen. Turner nahm Personalkürzungen vor, die sich insgesamt auf genau 825 Mann beliefen, wobei er mit den untersten fünf Prozent auf der Leistungsskala anfing. Er hatte die Unterstützung des Präsidenten. »Wir waren uns im Klaren darüber, dass einige der unqualifizierten und inkompetenten Mitarbeiter, die er entließ, tiefer Groll erfüllte, aber ich war voll und ganz einverstanden«, schrieb Jimmy Carter in einem Brief an den Verfasser.
    Die Altgedienten wehrten sich mit Macht, als Turner John McMahon zum Leiter des Geheimdienstes berief. McMahon war keiner von ihnen. Er hatte als Wasserträger von Allen Dulles angefangen und leitete mittlerweile die Abteilung für Wissenschaft und Technik in der Organisation, in der die Apparate und die elektronischen Programme für die Spionage entwickelt wurden. Er erklärte Turner: »Nein, ich bin dafür der falsche Mann. Die haben eine ganz eigene Kultur. Sie arbeiten am besten miteinander, und man muss ihre Art zu denken verstehen. Das letzte Mal hatte ich mit ihnen Anfang der fünfziger Jahre drüben in Deutschland zu tun. Und die Zeiten haben sich geändert.«
    Nachdem er sich ein halbes Jahr lang gesträubt hatte, wurde McMahon im Januar 1978 Leiter des Geheimdienstes – bereits der dritte innerhalb von achtzehn Monaten. Drei Wochen nach seiner Amtsübernahme sollte er auf der ersten Sitzung des Kontrollausschusses des Repräsentantenhauses für den Nachrichtendienst erscheinen. Der Geheimdienst stand kopf. Laut McMahon »platzten sie fast vor Wut – schnappten regelrecht über«. »Ich wusste aber, dass die Kongressabgeordneten in Bezug auf die CIA oder die geheimen Operationen ahnungslos waren. Ich ging dorthin, um ihnen Unterricht zu geben.« Er füllte eine Einkaufstüte mit Spionageausrüstung und Apparaten – Minikameras und Abhörwanzen und so weiter – voll und fuhr zum Parlament. »›Ich möchte Ihnen erzählen, wie das ist, wenn man in Moskau operiert‹, sagte ich. In seinem ganzen Leben war McMahon noch nie in Moskau gewesen. »›Sehen Sie, hier sind einige Ausrüstungsstücke, die wir benutzen.‹ Ich fing an, die Sachen herumzureichen. Sie schauten sich all diese technischen Spielereien an und waren hingerissen.« Von den Geräten verzaubert, bewilligte der Ausschuss

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